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29. Mai 2024
Luft nach oben bei der privaten Haftpflicht

Luft nach oben bei der privaten Haftpflicht

Das Analysehaus Franke und Bornberg hat ein neues Rating zur privaten Haftpflichtversicherung veröffentlicht. Fazit: Ein positiver Trend zu mehr Qualität ist zwar erkennbar, aber: da geht mehr. Weniger als ein Fünftel der Tarife erhalten die Bestnote. Gute Nachrichten gibt es beim Thema Nachhaltigkeit.

Seit 2015 analysiert Franke und Bornberg die Versicherungsbedingungen von privaten Haftpflichtversicherungen (PHV). Jetzt hat das Analysehaus erneut eine aktuelle Auswertung veröffentlicht. Fast 48 Millionen Menschen stehen in Deutschland unter dem Schutz einer solchen Versicherung, wodurch Transparenz für eine informierte Kaufentscheidung unverzichtbar sei, so Franke und Bornberg.

Laut Geschäftsführer Michael Franke hätten die Versicherer ihre Tarifwerke spürbar modernisiert, weswegen schlechte Leistungen vorwiegend bei veralteten Tarifgenerationen zu finden seien. Allerdings setzen Versicherer in der Regel auf ein mehrstufiges Tarifsystem. Die preisgünstige Basisvariante decke meist nur das Pflichtprogramm ab, Topvarianten dagegen würden zahlreiche weitere Features bieten. Wichtig ist hierbei grundsätzlich der Bedarf des Versicherten, denn auch positiv bewertete Tarife decken nicht alle gleich gut ab, weswegen Versicherungsschutz „von der Stange bei der PHV selten eine gute Idee“ sei, so Franke.

Die besten PHV-Tarife 2024

Für das PHV-Rating haben die Tarifexperten von Franke und Bornberg 316 Tarife und Tarifvarianten von 96 Haftpflichtversicherern untersucht. Das Rating unterscheidet zwischen Produkten für Singles und Familien. Von 308 Single-Tarifen erhalten 52 (17%) die Höchstnote „hervorragend“ FFF+. Von 316 PHV-Tarifen für Familien können sich aktuell 45 (14%) für FFF+ qualifizieren. Im Vergleich zum PHV-Rating 2023 wächst der Anteil der Bestnote geringfügig um 3 (Single) bzw. 2 (Familie) Prozentpunkte. Einige Tarife mit der Note FFF scheitern an der Bestnote FFF+, weil sie Mindeststandards verfehlen. Das betrifft häufig fehlenden Schadenersatzrechtsschutz im Rahmen der Forderungsausfalldeckung sowie unzureichende Regelungen für Schäden an gemieteten oder geliehenen Sachen.

Am unteren Ende der Bewertungsskala gibt es im Vergleich zu 2023 kaum Fortschritte. Die Noten F+, F und F- (ausreichend, mangelhaft und ungenügend) erhalten in der Kategorie Familie 51 Tarife (16%). In der Kategorie Single sind es 44 Tarife (14%). In dieser Gruppe zeigen sich häufig Schwächen beim Schutz für deliktunfähige Mitversicherte, selbstständige Tätigkeiten, Schäden an Sachen von Arbeitskollegen oder Arbeitgebern, Verlust von beruflichen Schlüsseln sowie beim Schadenersatzrechtsschutz.

Preislich liegen die Top-Tarife für Familien bei rund 70 Euro im Jahr und gehen bis ca. 150 Euro. Bei Single-Tarifen reicht die Spanne von rund 50 Euro bis 120 Euro jährlich. Das Preisniveau bleibt damit gegenüber dem Vorjahr konstant.

Best-Leistungsgarantie: Nicht immer das Gelbe vom Ei

Seit einiger Zeit beobachtet Franke und Bornberg einen Anstieg von Tarifen mit einer sogenannten Best-Leistungsgarantie. Dieses Versprechen sei der Ratingagentur jedoch nicht immer so wertvoll, wie es auf den ersten Blick scheinen mag, so Christian Monke, Leiter Ratings Gesundheit und Private Risiken. „Viele Versicherer bieten ein nach Leistung gestaffeltes Tarifwerk. Bei der besten Variante ist das Feature ‚Best-Leistungsgarantie‘ meist enthalten oder kann als Zusatzleistung hinzugewählt werden. Das klingt nach einem automatischen Anspruch auf Leistung aus dem besten Tarif am Markt. Aber ganz so schön ist die Welt dann doch nicht.“

Denn im Schadenfall müsse der Versicherte erst einmal wissen, dass es einen besseren Tarif gebe und dies nachweisen. Zudem formulierten manche Versicherer Ausnahmen von der Regel, zum Beispiel bei Auslandsschäden, Cyberschäden sowie bei Schäden, die über die gesetzliche Haftung hinausgehen. Oft erlösche die Garantie auch, falls der Versicherer die fragliche Leistung in einem anderen Tarif oder Zusatzbaustein selbst anbiete.

Wie PHV-Tarife nachhaltiger werden

Bei der Nachhaltigkeit tue sich laut Franke und Bornberg etwas. In der Privathaftplicht gehe es dabei in der Regel um „nachhaltigen Schadenersatz“. So übernehmen Versicherer, manchmal anteilig, Mehrkosten für eine nachhaltige Beschaffung oder Reparatur. Das betreffe etwa energieeffizientere Geräte, Produkte mit Umweltsiegel und Reparatur statt Ersatz.

Schlanke Schadenregulierung und effiziente Prozesse machen PHV-Tarife ebenfalls ein Stück nachhaltiger.

Fazit und Ausblick

Für Franke und Bornberg kann die PHV „mehr als jemals zuvor“. Trotzdem lohne sich ein kritischer Blick, denn jeder siebte Tarif sei nur ausreichend oder noch schlechter. Die Best-Leistungsgarantie garantiere nicht in jedem Fall Bestleistungen. Nachhaltigkeit halte langsam, aber sicher Einzug in die PHV-Bedingungen. Je stärker das Feature nachgefragt wird, umso schneller werde sich der Wandel vollziehen. (mki)

Bild: © virtua73 – stock.adobe.com