Die Versicherungswirtschaft schultert Jahr für Jahr Milliardensummen, damit Institutionen ihrem Bildungsauftrag entsprechend Kunst und Kulturgüter für ein breites Publikum erlebbar machen können. Doch lohnt der Nutzen der Gesellschaft die eingegangenen Risiken? Wo liegen etwaige Grenzen? Wie verteilen sich diese Risiken und lassen sie sich abfedern, abwälzen oder gar vermeiden? Diesen und anderen Fragen widmeten sich mehr als 150 Fachleute aus Deutschland, Österreich und der Schweiz auf dem 4. Kölner Kunstversicherungsgespräch der Zilkens Fine Art Insurancebroker GmbH zur Eröffnung der Art Cologne. Zwei Experten-Panel standen ihnen Rede und Antwort und zogen unter der Moderation von Kunstjournalist Stefan Kobel Lehren für die Zukunft.
Pro Jahr wird Kunst im Wert von mehr als 250 Mrd. Euro bewegt
Weltweit verbuchte der Kunstmarkt 2014 einen Umsatz in Höhe von mehr als 51 Mrd. Euro, dem gut 36 Mio. Transaktionen zugrunde liegen. Jede einzelne Transaktion bedingt i. d. R. mindestens einen Transport. Hinzu kommt, dass sich in den vergangenen Jahren die Umsatzschwerpunkte von den USA Richtung neuer Märkte in Arabien, China und Indien verschoben haben – und mit ihnen die Ausstellungsorte. Das impliziert längere und bis dahin unbekannte Transportrouten. Zum Leihverkehr gibt es keine offiziellen Daten. Gastgeber Dr. Stephan Zilkens kommt unter Berücksichtigung von 20.000 im ICOM-Verband gelisteten Museen à drei Ausstellungen pro Jahr mit je 120 Exponaten auf mehr als 15 Mio. An- und Abtransporte im Wert von durchschnittlich 20.000 Euro bereits auf ein jährliches Bewegungsvolumen von 150 Mrd. Euro weltweit.
Transport die größte Gefahr für die Kunstgegenstände
Ein Ende des Tournee-Trends ist vorerst nicht in Sicht. Dazu ist viel zu viel Kapital im Markt. Das flüchtet angesichts des anhaltend niedrigen Zinsniveaus in Sachwerte wie Immobilien oder Kunst. Vor dem Hintergrund der genannten regionalen Verschiebungen im Kunstmarkt stellt die steigende Nachfrage alle Beteiligte vor neue Herausforderungen. Angefangen bei den Kunstgegenständen selbst, deren größte Gefahr nach Ansicht der Fachleute im Transport lauert. Für Eric Wolzenburg, Leiter der Kunstversicherung der Allianz Deutschland hat der Leihverkehr auch Grenzen: „Hier muss der Schutzanspruch höher wiegen dürfen, als das Vermarktungs- und Bildungsinteresse.“
Für Spediteure kommt erschwerend eine alte, aber offenbar nach wie vor praktizierte Regel hinzu, wonach Kunst zuhause niedrig und unterwegs teuer versichert wird. Mit den Werten wächst sich die mögliche Haftung für sie allmählich zu einem existenzbedrohenden Problem aus. Zwar ist die gesetzliche Haftung der Spediteure in Deutschland auf 8,33 Sonderziehungsrechte pro Kilo Ladung begrenzt, was aktuell rund zehn Euro entspricht. Doch die Begrenzung greift nur, wenn keine grobe Fahrlässigkeit oder gar Vorsatz im Spiel war.
Kostendruck trotz Explosion der Werte
Die Kunstversicherer müssen ihre Prozesse ebenfalls immer detaillierter dokumentieren. Um im Wettbewerb zu bestehen, halten sie zudem teure Experten vor. Die Prämien stehen gleichwohl unter Druck des internationalen Kapitals. Die steigenden Preise für Kunstwerke sind also nur die eine Seite der Medaille. Die andere glänzt eher durch Abwesenheit von Geld und Zahlungsbereitschaft. So waren sich die Vertreter der Versicherer mit denen der Spediteure darin einig, dass es bei Ausschreibungen letztlich weniger um Qualität denn um den günstigsten Preis geht. (sg)
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