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24. März 2025
KI in der Assekuranz: Von der Pilotierung zur Skalierung
KI in der Assekuranz: Von der Pilotierung zur Skalierung

KI in der Assekuranz: Von der Pilotierung zur Skalierung

Auch in der Versicherungsbranche bietet künstliche Intelligenz große Chancen, doch die flächendeckende Umsetzung bleibt herausfordernd. Wo Versicherer die größten Hürden sehen und auf welche Lösungsansätze sie setzen, zeigen Umfragen von Deloitte in Kooperation mit dem InsurTech Hub München.

Ein Artikel von Simon Mikulski, Director I AI & Data mit Fokus auf Versicherungen und digitale Lösungen bei der Deloitte Consulting GmbH, und Christian Schieberle, Senior Manager I AI & Data mit Fokus auf datengetriebene Lösungen bei der Deloitte Consulting GmbH

Die Versicherungsbranche steht an einem entscheidenden Wendepunkt. Die Integration von künstlicher Intelligenz (KI) verspricht erhebliche Wertschöpfungspotenziale, doch der Weg von der Pilotierung zur umfassenden Skalierung ist mit Herausforderungen gespickt. Deloitte hat in Zusammenarbeit mit dem InsurTech Hub München (ITHM) die aktuellen Entwicklungen, Herausforderungen und Lösungsan­sätze für Versicherungsunternehmen auf ihrem Weg zur KI-Transformation mittels Umfragen unter den großen Marktteilnehmern in Deutschland genauer beleuchtet.

Herausforderungen der KI-Integration

Während erste Pilotprojekte vielversprechend sind, zeigt die Studie, dass der Weg zur umfassenden Implementierung von KI mit erheblichen Hürden verbunden ist.

Fehlende KI-Kompetenz

Eine der größten Herausforderungen ist der Mangel an Talenten. Zwei Drittel der Versicherer bewerten ihre KI-Kompetenzen im Bereich „ungenügend“ bis „ausreichend“, es besteht ein erheblicher Bedarf an Weiterentwicklung.

Luft nach oben bei Investitionen

Ein weiteres Problem ist die Diskrepanz zwischen den Investitionen der Versicherungsbranche in KI im Vergleich zu anderen Sektoren. Während die Telekommunikations- und Medienbranche im Jahr 2024 doppelt so viel in KI-Software investierte, waren die Investitionen im Bankwesen sogar dreimal so hoch wie die der Versicherungsbranche.

Einbindung in vorhandene Systeme

Die Integration neuer Technologien in bestehende Systeme stellt ebenfalls eine Herausforderung dar. Nur 32% der befragten Versicherer nutzen derzeit Cloud-Dienste für den produktiven Einsatz von KI in ihrem Tagesgeschäft, was die Skalierbarkeit von KI-Initiativen einschränkt. Zudem wird von Schwierigkeiten bei der Skalierung von KI-Lösungen berichtet: Nur bis zu 30% der selbst entwickelten Lösungen erreichen die Produktionsphase.

Diese Herausforderungen verdeutlichen die Notwendigkeit einer strategischen Neuausrichtung. Versicherer müssen ihre KI-Strategien an ihren Geschäftsmodellen und dem Reifegrad der KI-Integration ausrichten. Die Kombination aus internen Fähigkeiten und externen Partnerschaften kann helfen, das volle Potenzial von KI auszuschöpfen. Die kommenden Jahre werden zeigen, welche Unternehmen in der Lage sind, diese Potenziale zu realisieren und sich als Vorreiter in einem sich schnell entwickelnden Markt zu positionieren.

Chancen durch KI-Investitionen

Die Einführung von KI in der Versicherungsbranche bietet aber auch erhebliche Chancen, die weit über die bloße Effizienzsteigerung hinausgehen. KI wird industrieübergreifend klar als Katalysator für langfristiges Wachstum gesehen, aber viele Versicherer scheuen sich, in wachstumsorientierte Initiativen zu investieren. Doch gerade ein ausgewogenes Konzept, das den Schwerpunkt auf die Wertschöpfung und die Verbesserung der Kundenorientierung legt, ist entscheidend, um das volle Potenzial von KI auszuschöpfen.

Ein Beispiel für den Mehrwert von KI in diesem Kontext ist die Verbesserung bestehender Produkte, um Umsätze und Erträge zu steigern. Die Studienergebnisse zeigen, dass die Optimierung und Rationalisierung von Geschäftsprozessen das primäre Ziel für 94% der Versicherer ist, gefolgt von der Erhöhung der Kundenzufriedenheit (59%) und der Steigerung des Umsatzes (41%).

Big Player setzen auf Weiterbildung

Führende Versicherer investieren in gezielte Weiterbildungsinitiativen wie Datenakademien und KI-Leadership-Trainingsprogramme, um Kompetenzen auf allen Ebenen aufzubauen. Die Kombination von fachlichen und technischen Fähigkeiten ist entscheidend für die erfolgreiche Skalierung von KI und die Förderung eines nachhaltigen Wandels im Versicherungswesen. Strategische Partnerschaften mit Start-ups, Technologiefirmen und Beratungsunternehmen ermöglichen es Versicherern, KI-Initiativen schnell zu skalieren und wettbewerbsfähig zu bleiben.

Strategien zur Überwindung von Hürden

Um die Herausforderungen der KI-Integration zu meistern, setzen Versicherungsunternehmen zunehmend auf Outsourcing und strategische Partnerschaften. Diese Ansätze ermöglichen es, externe Expertise zu nutzen und gleichzeitig die Kontrolle über kritische Geschäftsprozesse zu behalten. Die Kombination aus internem Fachwissen und externen Partnerschaften schafft eine flexible und skalierbare KI-Infrastruktur, die den Anforderungen des eigenen Geschäftsmodells gerecht wird.

„Center of Excellence“-Modell

Ein weiterer Schlüssel zum Erfolg ist die Realisierung eines KI-Betriebsmodells, das auf die spezifischen Geschäftsziele und den KI-Reifegrad eines Unternehmens abgestimmt ist. Die Studie zeigt, dass 35% der Versicherer ein „Center of Excellence“-Modell verfolgen, was bedeutet: Die Expertenteams verbleiben größtenteils in ihrer jeweiligen Fachabteilung, werden aber von einem zentralen Team befähigt, das KI-Initiativen übergreifend koordiniert, standardisiert sowie weitere Services für die Fachabteilungen anbietet. Andere Modelle wie „Consulting“ und „Factory“ sind ebenfalls verbreitet und bieten spezifische Vorteile je nach organisatorischen Bedürfnissen und gewünschtem Grad der Zentralisierung.

Ein effektives KI-Betriebsmodell muss flexibel genug sein, um sowohl zentrale Governance als auch abteilungsspezifische Flexibilität zuzulassen. Der Ansatz muss ermöglichen, zentrale Datenverwaltungs- und Qualitätsstandards zu sichern, während gleichzeitig die spezifischen Anforderungen der einzelnen Fachbereiche berücksichtigt werden.

Change Management

Zudem spielt Change Management eine entscheidende Rolle bei der erfolgreichen Integration von KI in die Organisation: Es müssen sowohl technische/analytische Fähigkeiten als auch fachliche/kommunikative Fähigkeiten in interdisziplinären Teams zusammenkommen. Das bedeutet konkret, dass IT und Fachbereiche noch enger zusammenarbeiten müssen und datengetriebene Teams entstehen. Nur 35% der Versicherer verfügen aktuell über einen gut definierten Change-Management-Plan. Hier liegen noch viele ungenutzte Potenziale zur Förderung des kulturellen Wandels sowie zum Überwinden organisatorischer Widerstände. Konkret geht es dabei um die Schaffung einer Kultur des kontinuierlichen Lernens und der Anpassungsfähigkeit, um die Mitarbeitenden auf die Veränderungen, auch der potenziellen Veränderung ihrer zukünftigen Arbeitsplätze, vorzubereiten.

Fazit

Die erfolgreiche Skalierung von KI in der Versicherungsbranche erfordert einen ganzheitlichen Ansatz, der sowohl technologische als auch organisatorische Aspekte berücksichtigt. Je nach Geschäftsmodell und Reifegrad der KI-Integration unterscheiden sich die konkreten KI-Strategie. In jedem Fall zeigt sich jedoch, dass die Kombination aus dem Aufbau interner Kompetenzen und dem Schließen externer Partnerschaften helfen kann, das volle Potenzial von KI auszuschöpfen.

Mit der umfassenden Integration von KI hat die Versicherungsbranche die Möglichkeit, nicht nur die eigene Effizienz zu steigern, sondern auch neue Geschäfts­felder zu erschließen und die Kundenzentrierung zu stärken. So haben Unternehmen die Chance, sich als Vorreiter in einem Markt zu positionieren, der sich schnell weiterentwickelt.

Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 03/2025 und in unserem ePaper.

 
Ein Artikel von
Christian Schieberle
Simon Mikulski