Das Oberlandesgericht (OLG) Dresden hat in einem Urteil vom 26.04.2024 entschieden, dass Versicherungsmakler ohne besondere Umstände nicht verpflichtet sind, ihrem Kunden zum Abschluss einer Risikolebensversicherung zu raten. Auf dieses Urteil weist Rechtsanwalt Tobias Strübing von der Kanzlei Wirth-Rechtsanwälte hin.
Der Fall betraf eine Klägerin, die ihren Versicherungsmakler verklagt hatte, weil ihr verstorbener Ehemann keine ausreichende Absicherung im Todesfall hatte. Sie forderte von diesem nun Schadenersatz in Höhe von 500.000 Euro.
Streit über den Beratungsvorgang
Der Rechtsstreit begann mit einem gemeinsamen Beratungsgespräch zwischen dem Beklagten, der Klägerin und ihrem inzwischen verstorbenen Ehemann. In diesem Gespräch ging es unter anderem um Unfall- und Rentenabsicherung sowie um eine Risikolebensversicherung für den verstorbenen Ehemann. Hinsichtlich der Risikolebensversicherung herrschte zwischen den Parteien Uneinigkeit über den Inhalt des Gesprächs. Der Beklagte behauptete, er habe die Versicherung empfohlen, was jedoch sofort abgelehnt worden sei. Dagegen führte die Klägerin an, es habe ein starkes Interesse am Abschluss der Versicherung bestanden. Unabhängig davon wurde das Gespräch vom verklagten Versicherungsmakler entgegen § 61 Abs. 1 VVG nicht dokumentiert.
Während das Landgericht der Klage größtenteils stattgab, stellte das OLG Dresden klar, dass die Absicherung von Todesfallrisiken im Privatkundengeschäft auf den subjektiven Vorstellungen des Versicherungsnehmers beruht und es keine Pflicht des Maklers gibt, standardmäßig auf eine Risikolebensversicherung hinzuweisen. Eine solche Pflicht besteht nur in Ausnahmefällen, etwa bei besonderer Gefährdung, was hier nicht vorlag. Obwohl der verstorbene Ehemann Hauptverdiener war, bestand kein Darlehen, und die Klägerin, selbst Akademikerin, hätte im Todesfall ihres Mannes mittelfristig wieder arbeiten können. Ein klar geäußerter Absicherungswunsch war ebenfalls nicht feststellbar.
Keine „uferlose“ Haftung des Versicherungsmaklers
Das Gericht betonte, dass das Fehlen einer Beratungsdokumentation zwar Beweiserleichterungen für den Versicherungsnehmer ermöglichen kann, aber keine automatische Beweislastumkehr bewirkt. Diese greift nur bei streitigen und dokumentationspflichtigen Punkten, was hier nicht der Fall war. Das OLG Dresden warnte zudem, dass eine allgemeine Beweislastumkehr zu einer „uferlosen“ Haftung des Maklers führen könnte. Da die Klägerin nicht nachweisen konnte, dass der Makler fehlerhaft oder unzureichend beraten hatte, wies das OLG die Klage ab.
Beratungsdokumentation dringend geraten
„Mit diesem Urteil stellt das OLG Dresden zwar Grenzen der Beratungspflicht von Versicherungsmaklern klar und betont die Verantwortung der Kunden, auch selbst über ihre Absicherungsbedürfnisse zu entscheiden. Es zeigt aber auch, wie schnell Haftung entstehen kann und welche Bedeutung die gesetzlich verpflichtende Beratungsdokumentation hat. Versicherungsmaklern und Versicherungsmaklerinnen können wir trotz des positiven Urteils weiterhin nur raten, auch die Motive zu dokumentieren, weswegen ein bestimmter vom Vermittler empfohlener Versicherungsschutz abgelehnt wurde“, so Rechtsanwalt Tobias Strübing. (bh)
OLG Dresden, Urteil vom 26.04.2024 – Az. 3 U 79/23
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