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23. November 2020
Informationspflichten und Haftungsrisiken in der bAV

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Informationspflichten und Haftungsrisiken in der bAV

BAG nimmt Arbeitgeber nicht in die Pflicht

Das BAG stellte zunächst fest, dass die betriebliche Altersversorgung mittlerweile ein so komplexes Gebiet darstelle, dass den Arbeitgeber keine allgemeine Pflicht treffen könne, seine Mitarbeiter umfassend und zutreffend zu beraten. Mit einer solchen Beratungspflicht wären insbesondere kleine und mittlere Unternehmen regelmäßig heillos überfordert. Allerdings macht das BAG zwei wichtige Ausnahmen:

  • Wenn der Arbeitgeber den Mitarbeiter zu einem bestimmten Vertragsschluss drängt oder der Vertragsschluss im Einzelfall im Interesse des Arbeitgebers liegt, muss informiert und aufgeklärt werden. Das kommt beispielsweise in Betracht, wenn der Arbeitgeber im Rahmen eines Aufhebungsvertrages Altersversorgungsansprüche mitregeln will.
  • Des Weiteren kann sich nach Auffassung des BAG eine Informationspflicht des Arbeitgebers auch aus einem Informationsgefälle ergeben. Ein solches Informationsgefälle könne vorliegen, wenn der Arbeitgeber weitergehende Informationen hat als der Mitarbeiter oder der Arbeitgeber sie sich anders als der Mitarbeiter ohne Schwierigkeiten beschaffen kann. Wenn also insbesondere Großunternehmen entsprechende Spezialisten in der Personalabteilung haben, kann allein dies schon zu Informations- und Aufklärungspflichten führen. Für kleine und mittlere Arbeitgeber ist das aber keine Holschuld: Wo die Spezialkenntnisse in der Personalabteilung nicht vorhanden sind, muss der Arbeitgeber sie sich nicht einkaufen.

Allerdings stellt das BAG klar: Auch wenn den Arbeitgeber nach vorstehenden Grundsätzen keine Informationspflicht trifft, bedeutet das nicht, dass er falsche, unklare oder unvollständige Auskünfte geben kann. Ganz im Gegenteil: Der Arbeitgeber haftet, wenn er freiwillig Auskunft erteilt, für die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Vollständigkeit. Angesichts dieser grundsätzlichen Weichenstellung hätte es nahegelegen, der Klage stattzugeben. Denn über die bevorstehenden sozialversicherungsrechtlichen Änderungen hatte der Arbeitgeber nicht aufgeklärt. Das BAG half dem Arbeitgeber aber mit einem doppelten Kunstgriff: Zum einen müsse der Arbeitgeber sich die lückenhafte Information durch den Sparkassenvertreter nicht zurechnen lassen, weil dieser in den Informationsveranstaltungen nicht die Interessen des Arbeitgebers vertreten hätte, sondern die der Sparkassenorganisation. Überdies sei nur über die arbeitsrechtlichen und die steuerrechtlichen Aspekte informiert worden und insofern seien alle Auskünfte korrekt und vollständig gewesen. Zum Sozialversicherungsrecht hingegen sei überhaupt keine Auskunft erteilt worden.

Folgen für die Arbeitgeber

Was folgt aus dem Urteil für die Praxis? Der Arbeitgeber sollte, wenn er externe Berater (meist von Produktanbietern) in die Mitarbeiterberatung einbezieht, die Mitarbeiter ausdrücklich und belegbar (Schriftform!) darauf hinweisen, dass der externe Berater nicht den Arbeitgeber vertritt.

Schwieriger ist der Umgang mit dem Gebot, dass auch freiwillig erteilte Auskünfte richtig, eindeutig und vollständig sein müssen. Eigentlich kann man zur Vermeidung von Haftungsrisiken jedem Arbeitgeber nur raten, seine Mitarbeiter überhaupt nicht zu informieren. Das geht natürlich an den Bedürfnissen der Praxis vorbei. Richtigerweise muss es ausreichen, dass der Arbeitgeber, wenn er freiwillig Auskünfte erteilt, unmissverständlich klarstellt, dass sich die Mitarbeiter nicht auf die Auskunft verlassen dürfen, sondern sich bei den zuständigen Stellen informieren sollen. So wird es beispielsweise ausreichen, wenn der Arbeitgeber ein Infoblatt mit folgendem Hinweis versieht:

„Bitte beachten Sie, dass die betriebliche Altersversorgung und insbesondere die Entgeltumwandlung eine so komplexe Angelegenheit sind, dass wir dazu nur erste Hinweise geben können, die naturgemäß nicht erschöpfend sind und für deren Richtigkeit wir auch keine Gewähr übernehmen können. Ausführlichere und verlässliche Informationen erhalten Sie insbesondere von den Sozialversicherungsträgern und der Finanzverwaltung, gegebenenfalls auch von Ihrem Steuerberater. Über die Details des angebotenen Altersversorgungsprodukts berät Sie gerne der Anbieter des Produkts, die XY Versicherungs AG.“

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 11/2020, Seite 116 f., und in unserem ePaper.

Lesen Sie auch: BAG: Schadensersatz für freiwillig geleistete Informationen

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