Von Christian Drave, LL.M., Rechtsanwalt und Partner bei NORDEN Rechtsanwälte
1. Risikolandschaft Industrie 4.0 – Streifzug durch unbekanntes Terrain?
Produktivitätssteigerungen bis zu 30% bis 2025 halten Experten für möglich (Quelle: BDI). 64% der Maschinenbauer hierzulande gehen davon aus, dass KI-basierte Produkte einen relevanten Einfluss auf ihr aktuelles Geschäftsmodell haben werden (Quelle: VDMA). Der Weg scheint klar: Wachstumschancen und Wettbewerbsvorteile durch Industrie 4.0. Doch wie steht es mit den Risiken dieser Entwicklung? Was können Versicherungen dabei leisten und was nicht? Und was sollten Unternehmen und Versicherungsmakler beachten?
Was ist Industrie 4.0?
Der Begriff steht für die vierte industrielle Revolution: Maschinen und Produkte sind über intelligente Informations- und Kommunikationstechnologie direkt miteinander vernetzt und arbeiten autonom, also ohne menschliches Zutun – im Internet der Dinge (IoT). Eine voll vernetzte, digitalisierte Produktion ermöglicht die „Smart Factory“. In Echtzeit erhält das Produktionssystem des Herstellers Daten aus dem System seiner Zulieferer. Maschinen konfigurieren und disponieren autonom und ordern Teile direkt beim Zulieferer. Die Teile selbst kommunizieren ihren Weg durch Produktion und Lieferkette. „Smart Products“ überwachen über ihren Lebenszyklus hinweg den eigenen Zustand und senden Nutzungsdaten direkt an den Produzenten.
Neue Risiken …
Erfahrungen zeigen, dass eine automatisierte, digitalisierte Produktion Frequenzschäden und Schäden durch den „Faktor Mensch“ reduzieren kann. Doch die vollständige Vernetzung schafft neue Risiken, vor allem systemische. „Wenn alles vernetzt ist, kann auch alles gehackt werden“, stellte EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen in ihrer Rede zur Lage der Europäischen Union daher kürzlich heraus.
… und alter Versicherungsschutz?
Wie aber kann mit den Risiken einer Industrie 4.0 umgegangen werden und welche Rolle spielen Versicherungen dabei? Teilweise erfassen „klassische“ Policen Cyberrisiken in gewissem Umfang – häufig bezeichnet mit dem Schlagwort „silent cyber“. Doch abgesehen davon, dass die Versicherungswirtschaft mit Deckungsausschlüssen O reagiert hat, reicht es auch nicht aus, bestehende Sach- oder Haftpflichtversicherungen um bestimmte Cyberrisiken zu erweitern. Denn die Bedingungen passen schlichtweg nicht zu den neuen Risiken und adressieren den Absicherungsbedarf nicht.
Seite 1 Industrie 4.0: Neue Risiken und Versicherungsschutz
Seite 2 2. Das Denken in überkommenen Sparten und Versicherungsprodukten greift zu kurz – Fragestellungen zum Versicherungsschutz
Seite 3 3. Neue Wege für die digitale Welt schaffen und die analoge Welt nicht vergessen
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