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27. August 2023
Immobilienkrise setzt auch PropTechs zu
Immobilienkrise setzt auch PropTechs zu

Immobilienkrise setzt auch PropTechs zu

Die Krisenlage am Immobilienmarkt hinterlässt zunehmend Spuren bei den PropTechs, auch wenn eine Pleitewelle bislang ausgeblieben ist. Trotz Rekordinvestments sind schon jetzt über 55% mehr PropTechs in wirtschaftlicher Schieflage als 2022, wie der Halbjahresbericht 2023 von blackprint zeigt.

Die auf Digitalisierung im Bau- und Immobiliensektor spezialisierte blackprintpartners GmbH hat ihren PropTech Report für das erste Halbjahr 2023 veröffentlicht. Im Rahmen des Berichts analysiert blackprint anhand messbarer Indikatoren die Entwicklungen des deutschen PropTech-Start-up- und -Wagniskapital-Sektors. Wie die Untersuchung zeigt, waren zum Stichtag 30.06.2023 insgesamt 803 wirtschaftsaktive Start-ups mit Hauptsitz in Deutschland im PropTech-Segment tätig. Das sind 2,4% mehr Unternehmen als Ende 2022.

70 Neugründungen allein im ersten Halbjahr

Trotz der schwierigen Marktlage wird weiter gegründet: In den ersten sechs Monaten dieses Jahres waren 70 Neugründungen von Start-ups zu verzeichnen. Das entspricht einer Neugründungsquote von 8,7%. Damit ist schon jetzt fast das Gesamtjahresniveau 2022 mit 73 PropTechs erreicht.

55% mehr PropTechs in Schwierigkeiten als 2022

Doch wie aus dem Report auch hervorgeht, sind die wirtschaftlichen Folgen der Immobilienkrise im PropTech-Sektor deutlich ablesbar, auch wenn es bislang noch nicht zur befürchteten Pleitewelle gekommen ist. Im Vergleich zum Gesamtjahr 2022 sind laut blackprint bereits im ersten Halbjahr 2023 über 55% mehr PropTechs durch Insolvenz oder Liquidation in wirtschaftlicher Schieflage.

Dieses Jahr voraussichtlich die meisten Marktabgänge seit 2016

Auch was Marktabgänge bzw. handelsregisterliche Löschungen betrifft, ist bereits jetzt das Gesamtvolumen von 2021 erreicht. Voraussichtlich wird das Jahr 2023 die meisten Marktabgänge von PropTechs seit Analysebeginn 2016 aufweisen. Insgesamt befinden sich zum Stichtag 30. Juni 72 PropTech-Start-ups in wirtschaftlicher Schieflage. 28 davon seit Jahresbeginn 2023 bzw. 41 in den vergangnen zwölf Monaten wirtschaftlich angeschlagen. Von den seit 2013 gegründeten und als Start-ups definierten PropTechs sind seitdem insgesamt 35 Start-ups durch Löschung vom Markt verschwunden, davon sieben im ersten Halbjahr 2023. Im Vergleich dazu waren es 2022 insgesamt 13 PropTech-Unternehmen.

Energieeffizienz zunehmend im Fokus

Weiterhin sind etwa ein Drittel aller deutschen PropTech-Start-ups im Immobilienlebenszyklus der Planungs- und Errichtungsphase zuzuordnen. Die meisten PropTechs hierzulande sind mit knapp 19% wie bereits im Vorjahr im Bereich Bauen und Sanieren tätig. Laut blackprint sind als Fokustendenzen deutlich die Bereiche Energieeffizienz und smarte Gebäudeeffizien erkennbar. Die zunehmende Kundennachfrage nach effizienzsteigernden und nachhaltigen Lösungen in der Bau- und Immobilienbranche werde an der Anzahl digitaler Lösungsanbieter, die ihr Geschäftsmodell darauf auslegen, deutlich, wie es im Bericht dazu heißt.

Mehr Wagniskapital und höhere internationale Attraktivität

2022 verbuchte der deutsche PropTech-Sektor ein Rekordjahr in Sachen Wagniskapital: Über 767 Mio. Euro wurden insgesamt in Start-ups mit Immobilienlebenszyklus- bzw. -Nutzungsklassen-Bezug investiert. Auch im ersten Halbjahr 2023 wurde viel investiert: So betrug das Investitionsvolumen zum Stichtag Ende Juni 644 Mio. Euro und damit knapp 84% des Gesamtvolumens des Vorjahrs. „Im ersten Halbjahr 2023 wurde mehr in PropTechs investiert als in der ersten Rekordjahreshälfte 2022. Zum ersten Mal überhaupt gab es in einem Halbjahr mehr als ein Investment im dreistelligen Millionenbereich“, erklärt Lukas Linn, blackprint Experte für den PropTech- und Venture-Capital-Bereic. Zudem hat der Anteil ausländischer Investmentgesellschaften außerhalb der DACH-Region zugenommen, die in deutsche PropTechs investieren.

Branchenverband: hohes Investitionsvolumen „trügerisch“

Das hohe Investitionsvolumen wertet der PropTech-Verband gpti grundsätzlich als ein positives Signal. „Die Zahl verbirgt leider, und das spiegeln uns unsere Mitglieder, dass die Investitionen hauptsächlich in Geschäftsmodelle geflossen sind, die dem Investor eine Rendite in Aussicht stellen. Wagniskapital im ursprünglichen Sinne des Wortes, ist allerdings sehr sehr knapp“, erklärt Geschäftsführer Christian Chaléat. Das berge die Gefahr, dass jetzt das Geld für dringend benötigte technische Innovationen und Anwendungen fehle. So würden die Mitglieder des Verbandes eine deutlich abgekühlte Investorenstimmung wahrnehmen. „Eine beachtliche Zahl an Mitgliedern berichtet uns, dass sie VC-Runden deswegen verschieben, weil sie von der aktuellen Marktsituation wirtschaftlich profitieren. Andere strecken vorhandenes Kapital und nutzen die Zeit, um ihr Produkt weiter zu entwickeln“, so Chaléat.

Zum Halbjahresreport von blackprint geht es hier. (tk)

Bild: © MP Studio – stock.adobe.com