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28. November 2022
Hoesch & Partner: Geschäftsführer im Interview
Hoesch & Partner: Geschäftsführer im Interview

Hoesch & Partner: Geschäftsführer im Interview

Das Berufsbild des Maklers blickt auf eine mehrere tausend Jahre alte Geschichte zurück. Über die Höhen und Tiefen des Berufsstandes sowie über die entscheidenden Wegmarken hin zum Sachwalter der Kundschaft hat sich AssCompact mit Michael Reeg unterhalten.

Interview mit Michael Reeg, Geschäftsführer der Hoesch & Partner GmbH, AssCompact-Maklerbeiratsvorsitzender
Herr Reeg, wir wollen heute ja ein bisschen in der Geschichte kramen und uns dann in die Gegenwart und Zukunft bewegen. Also, was bedeutet die Begrifflichkeit „makeln“ und welches Tätigkeits­spektrum ist typisch für einen Makler?

Makeln ist niederdeutschen Ursprungs und bedeutet so viel wie „Geschäfte machen“. Übertragen auf die Kaufmannssprache ist Makler die gebräuchliche Bezeichnung für eine Person, die Handels- und Geldgeschäfte unter den Vertragsparteien vermittelt. Heutzutage steht die vermittelnde Tätigkeit im Fokus: Der Versicherungsmakler zeigt seinen Kundinnen und Kunden auf, was in der jeweiligen Lebens­situation notwendig ist und wo er oder sie die beste Lösung bekommt.

Wir wissen, dass Ihnen die Geschichte der Maklerschaft sehr wichtig ist. Auch um darzustellen, wie sich Berufsstand und Image im Zeitverlauf geändert haben. Werfen wir also bitte einen Blick auf die Berufsgeschichte des Maklers. Auf wie viele Jahre können wir zurückblicken?

Der Berufsstand des Maklers blickt auf eine mehrere Tausend Jahre alte Geschichte. Ich darf da auf Inhalte des Buchs „Makellos: Die Berufsgeschichte der Makler“ zurückgreifen. Die ersten Überlieferungen reichen rund viertausend Jahre zurück und stammen aus den Hochkulturen zwischen Mittelmeer und Zweistromland. Etwa um 2000 v. Chr. schließen sich zum Beispiel Karawanenteilnehmer in Babylonien zusammen, um Verluste aus Raubüberfällen gemeinsam zu tragen.

Das geht aus heutiger Sicht ziemlich weit zurück. Welche weiteren Meilensteine nahm die Entwicklung des Berufsstandes „Makler“?

Den größten Innovationsschub hin zu bis heute geltenden Standards gibt es in Regionen mit regem Seehandel, insbesondere in Oberitalien. Ab dem 14. Jahrhundert treiben Makler in Genua oder Florenz Kapitalgeber auf, die entsprechende Summen bereitstellen, um im Falle eines Schiffsunglücks den Kauf­leuten und Reedern den erlittenen Verlust zu ersetzen. Erreicht das Schiff seinen Zielhafen, erhalten die Kapitalgeber ihre Einlage verzinst zurück. Der Makler erhält für den Abschluss eines sogenannten Seedarlehensvertrags eine Provision. Auch das ist übrigens in dem Buch nachzulesen, das heute nicht mehr im Verkauf ist, aber dessen Inhalte unter anderem von HDI zusammengestellt wurden.

Wann erlangte der Berufsstand in Deutschland Bedeutung?

Hamburg mit dem Anschluss an die mittelalterlichen Kaufmanns- und Städtebünde der Hanse ist die Wegbereiterin für den Berufsstand des Maklers. Aus Hamburg stammen die ältesten Belege für Maklerordnungen im deutschsprachigen Raum. Bereits 1288 wird zum ersten Mal die Tätigkeit eines Maklers namens Nanno erwähnt. Parallel dazu beeinflussen Fortschritte in der Wahrscheinlichkeitsrechnung und der Statistik den Markteintritt neuer Versicherungen, etwa der Leibrente – eine Frühform der Lebensversicherung.

Damit nähern wir uns mehr und mehr der heutigen Zeit. Aber noch mal zum Stichwort Maklerordnung: Welche Rolle spielten denn Standesrichtlinien bei der Entwicklung des Berufsbildes?

Die Entstehung von Maklerordnungen ist eine direkte Reaktion auf die stetig wachsenden Aufgaben des Maklers – die erste Version wird etwa um 1625 in Hamburg aufgesetzt. So wird in der Folge der Berufsstand des Maklers – also dessen Leumund, Unbescholtenheit und Unabhängigkeit von privaten Interessen – geschützt. Damit einhergehend leisten Makler den Eid auf die Berufsehre und erhalten Insignien wie den Mäklerstock. Als Zäsur für den Berufsstand hierzulande gilt dann das Jahr 1874, als das Handels­gesetzbuch eingeführt wurde.

Warum?

Mit der Einführung des Handelsgesetzbuches, also des HGB, im Deutschen Reich wurde das Monopol der vereidigten Makler beendet. Mit dieser Deregulierung drängen gebundene Agenten und Vertreter der Ver­sicherungsunternehmen auf den Markt. Bereits 1892 tauchen laut genanntem Buch in der Statistik 4.300 hauptberufliche und 31.000 nebenberufliche Agenturen und Makler auf. Um eine weitere Aufweichung des Berufsbildes zu verhindern, gründen 1918 Hamburger Makler-Unternehmen den ersten Berufsverband namens Verein Hamburger Versicherungsmakler. Hauptaufgabe des Vereins ist der Schutz des Ansehens der Makler. 1989 benennt sich der Verein in den heute bekannten Bundesverband Deutscher Versicherungsmakler (BDVM) um.

Versicherungsvermittler haben kein wirklich gutes Image in der Bevölkerung. Woher rührt dieses negative Bild, obwohl Versicherungsmakler, wie Sie dargestellt haben, historisch gesehen eine wichtige Funktion besaßen?

Der Markteintritt der Strukturvertriebe aus den USA in Europa zu Beginn der 1960er-Jahre – der auf einer weiteren Deregulierungswelle basierte – hat die gesamte Branche hierzulande in Verruf gebracht. Diese Finanzvertriebe setzen auf Masse statt Klasse und unterwanderten damit fest etablierte Wertesets der hiesigen Makler. Zweck dieser Vertriebe ist vor allem die Förderung des Absatzvolumens unter Einbindung einer wachsenden Zahl produktiver Untervermittler. Kritiker monierten zu dieser Zeit zu Recht, dass das Ausbildungsniveau vieler „Berater“ dieser Finanzvertriebe nicht gut genug und die „Beratung“ überwiegend provisionsgetrieben ist. Begriffe wie „Drückerkolonne“ und „Klinkenputzer“ machten schnell die Runde in der Bevölkerung. Dieses schlechte Image färbt auch auf das Ansehen der unabhängigen Versicherungsmakler ab, ohne dass die unterschiedlichen Vertriebsformen unterschieden werden.

Die Vertriebsformen sind durch die Regulierung und auch im DIHK-Register noch einmal klarer geworden. Was ist denn aus Ihrer Sicht weiter erklärungsbedürftig?

In unserer Branche sind Vermittlertypen tätig, klar, aber nach außen hin ist es eben nicht immer so. Wir wissen, dass Versicherungsvertreter – auch Ausschließlichkeitsvertreter – ausschließlich an einen Versicherer bzw. eine Versicherungsgruppe gebunden sind. Sie können ihren Kunden nur Produkte dieses einen Versicherers anbieten, egal, ob sie – im Marktvergleich – besonders geeignet für den Versicherungsnehmer sind oder eher nicht. Obgleich Versicherungsvertreter häufig als selbstständige Handelsvertreter tätig sind, gehören sie zum Vertrieb des Versicherers und sind an dessen Weisungen und Strategien gebunden. Ganz ähnlich verhält es sich bei den Mehrfachagenten oder beim Versicherungsverkauf über die Bank – Stichwort: Bancassurance.

Und die große Stärke des Maklers ist?

Keine der zuvor genannten Vertriebsformen handelt im Auftrag des Kunden. Ausschließlich der Ver­sicherungsmakler hat bei seiner Suche nach der optimalen Versicherungslösung stets allein im Dienst und zum Vorteil der Kundinnen und Kunden zu handeln – daher gilt er als treuhänderischer Sachwalter der Kundschaft. Die große Stärke des Maklers ist also seine Unabhängigkeit von den Produktgebern. Es ist die Aufgabe des Maklers, mit seinem spezifischen Know-how die Kundschaft auf Augenhöhe mit dem Versicherer zu bringen.

Wohin steuert nun gegenwärtig das Berufsbild des Maklers?

Erfreulich ist, dass seit der Jahrtausendwende mittels europäischer und nationaler Regulierung wieder eine Rückbesinnung auf die „alten“ Tugenden des Ver­sicherungsmaklers stattfindet. Im Sinne des Verbraucherschutzes zeichnet sich die Maklertätigkeit nämlich vor allem durch geballte Sach- und Beratungskompetenz aus. Und das hat dann auch dem Image des Maklerberufs schon heute geholfen, wieder auf die Beine zu kommen.

Und wie erklären Sie einem fünfjährigen Kind den Beruf des Maklers?

Aus eigener Praxis gegenüber meiner Tochter etwa so: Der Makler sorgt dafür, dass der Papa deiner besten Freundin bei einer schweren Krankheit möglichst rasch gesund wird und, wenn nicht, er in der Lage ist, weiterhin die Klassenfahrt deiner Freundin zu bezahlen und auch im hohen Alter genug Geld zum Leben zu haben.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 11/2022, S. 86 f., und in unserem ePaper.

Bild: © Paul Träger

 
Ein Interview mit
Michael Reeg