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30. Mai 2023
Herdplatte an- statt ausgeschaltet: Liegt grobe Fahrlässigkeit vor?
Herdplatte an-, statt ausgeschaltet: Liegt grobe Fahrlässigkeit vor?

Herdplatte an- statt ausgeschaltet: Liegt grobe Fahrlässigkeit vor?

Eine Wohngebäudeversicherung hat nach einem Wohnhausbrand ihre Leistung um 25% gekürzt. Die Besitzerin hatte versehentlich eine Herdplatte eingeschaltet, statt die „richtige“ auszuschalten. Die Versicherung wertete das als grobe Fahrlässigkeit und wurde von der Hauseigentümerin verklagt.

Beim Oberlandesgericht Bremen lag ein Fall vor, bei dem es um einen Wohnhausbrand ging, der dadurch entstanden ist, dass die Eigentümerin vor dem Verlassen des Hauses versehentlich eine elektronische Herdplatte angeschaltet hatte. Eigentlich hatte sie eine bereits angeschaltete Herdplatte wieder ausschalten wollen. Die Versicherung wertete dies als grobe Fahrlässigkeit – und kürzte der Versicherungsnehmerin die Leistung um 25%.

Damit wollte diese sich nicht zufriedengeben und zog gegen die Versicherung vor Gericht, um die übrigen knapp 9.000 Euro noch zu erhalten.

Berufung nach Urteil vom Landgericht

Zunächst hatte das Landgericht Bremen der Klage stattgegeben, da der Versicherungsnehmerin keine grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen sei, sondern lediglich reguläre Fahrlässigkeit. Die Beklagte legte gegen dieses Urteil anschließend Berufung ein und der Fall ging vor das Oberlandesgericht (OLG) Bremen. Dieses hatte dann wiederum zugunsten der Versicherung entschieden. Gemäß § 81 Abs. 2 VVG (Versicherungsvertragsgesetz) habe diese die Leistung gegenüber der Versicherungsnehmerin kürzen dürfen aufgrund von grob fahrlässigem Verhalten.

Die Klägerin hätte sich durch einen Blickkontakt vergewissern müssen, dass der Herd auch tatsächlich ausgeschaltet war – angesichts der besonderen Gefährlichkeit eines in Betrieb befindlichen Elektroherdes. Dies sei insbesondere deshalb zu beachten, da die Klägerin das Haus verlassen wollte. Auch ein Augenblicksversagen könne in diesem Fall nicht für die Klägerin sprechen, sagte das OLG. Denn es seien keine Umstände erkennbar, die das momentane Versagen der Klägerin in einem anderen Licht erscheinen lassen. Auch eine besondere Eile oder eine Ablenkung durch eine außergewöhnliche (Not-)Situation sei nicht ersichtlich gewesen.

Bedienung des Herdes keine Routinehandlung

Weiterhin sei die Bedienung des Herdes keine routinemäßige Dauertätigkeit, sondern erfordere ständige Konzentration. Die Grundsätze zu Routinehandlungen, die typischerweise unbewusst ausgeübt werden, könnten also nicht angewendet werden. Auch sei die Klägerin nicht durch äußere Umstände abgelenkt gewesen. (mki)

OLG Bremen – Az. 3 U 37/21

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