Frau Dalhoff, unabhängige Vermittler beschäftigen rund neun Vollzeitkräfte und zwei Teilzeitkräfte im Innendienst (Durchschnittswert der AssCompact Befragungen seit 2014). Welche Gesetze bzw. Verordnungen muss ein Vermittler mit dieser durchschnittlichen Betriebsgröße beachten?
Unabhängig von der Betriebsgröße ist jedes Unternehmen verpflichtet, die Betreuung der Mitarbeiter durch einen Betriebsarzt und eine Fachkraft für Arbeitssicherheit zu gewährleisten. Diese können auch als externe Dienstleister beauftragt werden. Die Grundlage dafür bildet die sogenannte Gefährdungsbeurteilung. Hier muss jeder Arbeitgeber die potenziellen Gefahren einer Arbeitsstelle untersuchen und dokumentieren. Zudem muss er seine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen entsprechend unterweisen. Die zentralen Vorschriften, in denen die Pflichten der Arbeitgeber zusammengefasst sind, sind die BGV A1 „Grundsätze der Prävention“ und die DGUV Vorschrift 2 „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“. In der DGUV Vorschrift 2 sind Art und Umfang der betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Betreuung geregelt.
Bei Betrieben mit bis zu zehn Mitarbeitern genügt die sogenannte Grundbetreuung, die aus der Erstellung und Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung sowie einer anlassbezogenen Betreuung besteht. Solche Anlässe können zum Beispiel die Einführung neuer Arbeitsverfahren oder Änderungen an den Arbeitsmitteln sein. Bei mehr als zehn Mitarbeitern kommt noch eine betriebsspezifische Betreuung hinzu. Für Unternehmen mit bis zu 50 Beschäftigten ist eine Alternative zur Regelbetreuung möglich: das Unternehmermodell. Nur Unternehmer, die aktiv in das Betriebsgeschehen eingebunden sind, können daran teilnehmen. Das Unternehmermodell besteht aus Motivations- und Informationsmaßnahmen sowie Fortbildungsmaßnahmen für den Unternehmer und einer bedarfsorientierten Betreuung durch den Betriebsarzt und die Fachkraft für Arbeitssicherheit.
Wie kann eine Unterweisung der Mitarbeiter zum Thema Arbeitssicherheit ablaufen bzw. wie oft ist diese vorzunehmen?
Die Unterweisung muss mindestens einmal jährlich erfolgen oder – davon unabhängig – wenn sich wesentliche Veränderungen im Unternehmen ergeben haben.
Nehmen sich kleine und mittelständische Büros für solche Themen zu wenig Zeit?
Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin hat 2011 eine repräsentative Befragung von Geschäftsführern und Geschäftsführerinnen in Klein- und Kleinstunternehmen zum Kenntnisstand im Bereich Arbeits- und Gesundheitsschutz veröffentlicht. Laut dieser Umfrage wussten über 80% der Befragten, dass unabhängig vom Gefahrenpotenzial einer Arbeit, eine Unterweisung der Beschäftigten zu erfolgen hat. Dagegen war mehr als der Hälfte der Befragten nicht bekannt, dass die Pflicht zur Gefährdungsbeurteilung unabhängig von der Zahl der Beschäftigten ist.
Viele Mitarbeiter im Vermittlerbüro sind im Innendienst tätig. Kann es hier überhaupt zu arbeitsbedingten Gesundheitsbeeinträchtigten kommen?
Auch bei der klassischen Büroarbeit sind Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz ein Thema. Das sind zum Beispiel Stress, der zur gesundheitlichen Belastung der Beschäftigten wird, oder ganz klassisch die Rückenprobleme durch langes Sitzen am Schreibtisch. Im Rahmen der aktuellen Kampagne „Denk an mich. Dein Rücken“ bietet die VBG hier zahlreiche Praxishilfen, Seminare, E-Learning-Angebote und andere Medien an. Nicht nur für Büromitarbeiter, sondern zum Beispiel auch für Angestellte im Fahrdienst. Denn auch die Wegeunfälle sind ein Thema. Unfälle auf Dienstfahrten oder der Weg zur Arbeit und zurück stehen unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
In der Regel sind es Vermittler, die ihre Kunden zur Berufsunfähigkeit beraten. Welches Gefährdungspotenzial sehen Sie eigentlich für die Vermittler gerade im Außendienst selbst?
Eine Säule der Beitragsberechnung ist der Gefahrtarif, in dem die sogenannten Gefahrklassen festgelegt sind. Die Gefahrklassen spiegeln dabei das Gefährdungsrisiko einer Gefahrengemeinschaft wider. Gefahrengemeinschaften bestehen aus Unternehmen gleicher oder ähnlicher Art, mit gleichen oder ähnlichen Risiken. So werden die unterschiedlichen Risiken in den verschiedenen Branchen bei der Beitragsberechnung gewichtet und berücksichtigt. Die Vermittler gehören zur Gefahrklasse 08 Makelndes und vermittelndes Unternehmen. Der Faktor für die Beitragsberechnung liegt derzeit bei 1,21. Zum Vergleich: Unternehmen der Immobilienwirtschaft haben einen Faktor von 1,30 und die Hausbesorgungen haben einen Faktor von 3,42.
Was muss der Inhaber eines Vermittlerbüros also beachten bzw. umsetzen, um für sich und seine Mitarbeiter intakte Rahmenbedingungen zu schaffen?
Er muss zunächst mal seine gesetzlichen Pflichten hinsichtlich der Gefährdungsbeurteilung und der zu treffenden arbeitsmedizinischen und sicherheitstechnischen Vorgaben erfüllen. Wenn er darüber hinaus noch die Beratungs- und Präventionsangebote der VBG nutzt und seine Beschäftigten und sich selbst für die Themen Arbeits- und Gesundheitsschutz sensibilisiert, ist er auf einem guten Weg. Und weil Selbstständige und Unternehmer bei der VBG nicht pflichtversichert sind, bieten wir ihnen eine freiwillige Versicherung an, damit auch sie bei Eintritt eines Arbeitsunfalls oder bei einer Berufskrankheit gut abgesichert sind.
Die VBG bietet den Unternehmen derzeit Maßnahmen zur Prävention von gesundheitsschädlichen Rückenbelastungen an. Was wird hier genau angeboten? Wer kann diese in Anspruch nehmen? Sind weitere Maßnahmen geplant?
Im Rahmen der Kampagne „Denk an mich. Dein Rücken“ bietet die VBG zahlreiche Medien zum freien Download an. Dazu zählen Info-Karten mit einfachen Übungen für zwischendurch, Fragebögen, mit denen man das eigene Wissen testen kann, aber auch umfangreiche Praxishilfen, Checklisten und Leitfäden, zum Beispiel für die Einrichtung ergonomischer Arbeitsplätze. Bei der VBG versicherte Unternehmen können die persönliche Beratung durch unsere Präventionsexperten nutzen, zusätzlich unterstützt die VBG Unternehmen bei der Organisation und Durchführung von Gesundheitstagen in den Unternehmen mit einem Koordinationsparcours.
Der PRAXIS-CHECK für Betriebe von Maklern und Vermittlern ist abrufbar unter www.vbg.de.
Das Interview lesen Sie auch in AssCompact 09/2014

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