Klimaneutrale Gebäude bis 2050: Um dieses Ziel zu erreichen, sollen Gebäude mit besonders schlechter Energieeffizienz saniert werden. Hierzu hat das EU-Parlament einem Entwurf von Maßnahmen zur Steigerung der Renovierungsquote und zur Reduzierung des Energieverbrauchs und der Treibhausgasemissionen von Gebäuden zugestimmt. Die vorgeschlagene Überarbeitung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden soll außerdem für einen besseren Austausch von Informationen über die Gesamtenergieeffizienz sorgen. Das Vorhaben hatte bereits vor der Abstimmung für Diskussionen gesorgt.
Bis 2030 mindestens Energieeffizienzklasse E
Die Energieeffizienzklasse soll auf einer Skala von „A“ bis „G“ angegeben werden, wobei G den 15% der Gebäude mit den schlechtesten Werten im Gebäudebestand eines Mitgliedstaats entspricht. Der Vorschlag des EU-Parlaments sieht vor, dass Wohngebäude bis zum Jahr 2030 mindestens Klasse E erreichen müssen, bis zum Jahr 2033 dann mindestens Klasse D.
Nichtwohngebäude und öffentliche Gebäude müssen diese Energieeffizienzklassen bis 2027 bzw. bis 2030 erreichen. Verbessert werden muss die Energieeffizienz etwa durch Dämmmaßnahmen oder bessere Heizungsanlagen, wenn Gebäude verkauft oder in größerem Maßstab renoviert werden oder wenn ein neuer Mietvertrag unterzeichnet wird.
Es soll Ausnahmen geben
Laut EU-Parlament sind Ausnahmeregelungen vorgesehen, etwa für denkmalgeschützte Gebäude, technische Gebäude, vorübergehend genutzte Gebäude sowie Kirchen und Gotteshäuser. Die Mitgliedstaaten könnten darüber hinaus Sozialwohnungen ausnehmen, bei denen Renovierungen zu Mieterhöhungen führen würden, die sich durch Energiekosteneinsparungen nicht ausgleichen lassen. Zudem sollen Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, die neuen Zielvorgaben für einen bestimmten Teil der Gebäude anzupassen – je nachdem, ob die Renovierungen wirtschaftlich und technisch durchführbar und qualifizierte Arbeitskräfte verfügbar seien.
BFW warnt vor Überforderung von Immobilienbesitzern
Das Vorhaben hatte bereits im Vorfeld für Diskussionen gesorgt. Von den Verbänden der Immobilienbranche hagelt es Kritik. Man fürchtet, dass Besitzer älterer Gebäude mit hohen Sanierungskosten überfordert werden. So heißt es vom BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen: „Die Gebäuderichtlinie lehnen wir klipp und klar ab. Hier herrscht absolute Realitätsverweigerung auf Seiten der EU, weil in wenigen Jahren die Hälfte der Gebäude europaweit saniert werden sollen. Sie überfordert Immobilienbesitzer durch die Zwangssanierungen vollkommen. Sie ignoriert auch die aktuelle Lage. Immobilienbesitzern würden Kosten aufgebürdet, die sie allein nicht stemmen können. Es ist zudem völlig illusorisch, zu glauben, es wäre personell und finanziell möglich, in dieser kurzen Zeit derart viele Gebäude zu sanieren.“
IVD: Rund 40% der 16 Millionen Eigenheime kaum saniert
Auch der Immobilienverband Deutschland IVD warnt vor hohen Kosten für viele Hauseigentümer und kritisiert die Realitätsferne von Brüssel. Es drohe ein umfangreicher Sanierungszwang. Laut IVD wären in Deutschland von der EU-Gebäuderichtlinie überproportional viele Ein- und Zweifamilienhäuser betroffen. Rund 40% der 16 Millionen Eigenheime seien kaum saniert und befänden sich jetzt noch in den Energieklassen G und H.
„Wir setzen uns für einen emissionsfreien Gebäudebestand ein, um die Klimaschutzziele zu erreichen“, erklärt IVD-Präsident Jürgen Michael Schick. „Die Politik muss aber bei der Festlegung von Sanierungspflichten ausreichend auf die Realitäten Rücksicht nehmen. Baumaterial und technische Anlagen sind knapp und teuer geworden, Personal nicht immer verfügbar. Nicht nur Geringverdiener, auch die meisten Menschen mit mittleren Einkünften haben nicht genug Erspartes für eine umfassende Sanierung ihres Wohneigentums innerhalb so kurzer Fristen“, so Schick weiter.
Haus & Grund: „Bezahlbarkeit des Wohnens gefährdet“
Vor den weitreichenden Folgen der Neufassung der EU-Gebäuderichtlinie warnt auch der Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland. „In den kommenden zehn Jahren müssen etwa ein Drittel aller Wohngebäude in Deutschland energetisch deutlich verbessert werden“, erklärte Verbandschef Kai Warnecke. Wohnen würde sich damit erheblich verteuern. Selbst bei vorsichtigen Schätzungen sei laut Haus & Grund bei älteren Gebäuden mit Sanierungskosten in sechsstelliger Höhe zu rechnen. Die Altersvorsorge von Millionen Bürgerinnen und Bürgern würde vernichtet, fürchtet Warnecke.
Wie geht es weiter?
Mit der Abstimmung im EU-Parlament ist das Vorhaben noch nicht beschlossen. Wie das Parlament mitteilt, handelt es nun mit dem Rat die endgültige Form der Vorschriften aus. Die Mitgliedstaaten sollen dann die erforderlichen Maßnahmen, um die gesteckten Ziele zu erreichen, in ihren „nationalen Renovierungsplänen“ festlegen.
IVD: Gegenvorschlag des EU-Rates aufgreifen
Der IVD spricht sich dafür aus, dass Kommission, Parlament und Rat zum Vorschlag des Europäischen Rates zurückzukehren. Dieser sieht vor, dass eine Sanierungspflicht für Wohnhäuser bis zehn Einheiten erst bei einem Eigentümerwechsel einsetzt. Der neue Eigentümer müsste dann innerhalb von fünf Jahren nach dem Kauf energetisch sanieren. „Ein vernünftiger Lösungsansatz, weil der neue Eigentümer weiß, worauf er sich beim Erwerb der Immobilie einlässt“, betont IVD-Präsident Schick. (tk)
Bild: © Jürgen Fälchle – stock.adobe.com
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