Im EU-Parlament in Brüssel ist Ausschusswoche. So tagte am Mittwoch auch der Wirtschaftsausschuss ECON, der unter anderem über die EU-Kleinanlegerstrategie bzw. über verbundene Änderungsanträge abstimmte. Demnach erteilte das Gremium einem Provisionsverbot mehrheitlich eine Absage. Gemäß ursprünglichem Entwurf der EU-Kommission hätten die deutschen Versicherungsmakler für die Vermittlung von Versicherungsanlageprodukten keine Provision mehr erhalten dürften. Denn dieses sollte Versicherungsvermittlern verboten werden, die als unabhängig agieren.
BVK sieht Existenz der Versicherungsvermittler gesichert
Der ECON-Beschluss sorgte für Erleichterung aufseiten der deutschen Interessenvertreter. Michael H. Heinz, Präsident des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute (BVK), äußerte sich wie folgt: „ „Darüber sind wir sehr froh, denn es drohte der Entzug der Existenzgrundlage für Versicherungsvermittler in Deutschland. Der ECON-Ausschuss sprach sich vielmehr dafür aus, die Koexistenz verschiedener Vergütungssysteme bei der Anlageberatung aufrecht zu erhalten. Damit haben weiterhin die Kunden in Deutschland die Möglichkeit, hochwertige Beratungsleistungen der Vermittler in Anspruch zu nehmen, ohne zwingend Honorare bezahlen zu müssen.“
Der BVK führt weiter aus, dass laut Beschlüssen im beratungsfreien Vertrieb weiterhin Provisionen gezahlt werden dürfen. Ein partielles Provisionsverbot soll jedoch für den Fall gelten, wenn die Beratung auf unabhängiger Basis angeboten wird. Dies gilt aber nur für die Dienstleistung und soll nicht den Maklerstatus betreffen. Damit nahm der ECON-Ausschuss den Gedanken des BVK auf, Provisionsverbote nicht auf den Status, sondern auf die unabhängige Dienstleistung zu beziehen.
Der ECON-Ausschuss sah außerdem keine Interessenkonflikte zwischen dem Exklusivvertrieb und Kunden, wenn nur eine eingeschränkte Angebotspalette eines Unternehmens vermittelt wird. Auch dies befürwortet der BVK.
AfW dankt Verbänden und Abgeordneten für gemeinsames Wirken
Der AfW-Verband findet ebenfalls viel Positives an den Neuigkeiten aus Brüssel. Der AfW begrüßt es, dass sich die beiden deutschen Abgeordneten Markus Ferber und Ralf Seekatz im Sinne der deutschen Makler eingesetzt haben und Texterweiterungen bewirken konnten.
„Mit einer endgültigen Verabschiedung dieses Absatzes wären die deutschen und österreichischen Versicherungsmakler auf einem guten Weg, dass sie auch weiterhin als unabhängig tätige Vermittler Provisionen für die Vermittlung von Versicherungsanlageprodukte erhalten dürfen,“ analysiert AfW-Vorstand Frank Rottenbacher die Ergänzung. „Die jetzt erfolgte Klarstellung im ECON-Ausschuss ist natürlich kein Einzelerfolg eines einzelnen Verbandes. Vielmehr ist es das Resultat überzeugender Argumente und der Arbeit sehr vieler Akteure, so auch unserer europäischen Partnerverbände im gemeinsamen Dachverband FECIF. Als AfW haben wir durch unzählige Gespräche und das von uns eingeholte Gutachten von Prof. Schwintowski unseren Teil dazu beigetragen“, betont Rottenbacher die Kooperation der Verbände.
GDV reiht sich bei den Befürwortern ein
Auch die deutsche Versicherungswirtschaft begrüßt die Ergebnisse der Abstimmungen: „Die Entscheidungen des Wirtschafts- und Währungsausschusses zeigen in die richtige Richtung“, sagt GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. „Sie tragen dazu bei, dass Privatanleger die Kapitalmärkte besser einschätzen und nutzen können. Wir unterstützen insbesondere den Vorschlag des Ausschusses, dass es im Vertrieb von Finanzanlageprodukten weiterhin unterschiedliche Vergütungssysteme geben soll.“
BVI verweist auf Votum für praxisgerechtes Benchmarkingtool
Das Provisionsverbot war bei Weitem nicht das einzige Thema auf der Agenda zur EU-Kleinanlegerstrategie. So hebt der deutsche Fondsverband BVI nicht nur die Absage an ein Provisionsverbot hervor, sondern auch das Votum für ein praxisgerechteres Benchmarkingtool gemäß dem Kompromissvorschlag der Berichterstatterin.
Dazu erklärt BVI-Hauptgeschäftsführer Thomas Richter: „Der ECON hat die richtige Entscheidung getroffen. Denn die Kommission würde mit einem Provisionsverbot ihre Ziele nicht erreichen und den Kleinanlegern schaden. Dieser Beschluss ermöglicht es Anlegern, zwischen verschiedenen Beratungsmodellen frei zu wählen. Zudem ist es gut, dass der ECON beim geplanten Benchmarking für den Vertrieb die einseitige Fixierung auf die Kosten ablehnt. Denn diese ginge zu Lasten von Produktqualität und Innovation. Für Sparer sind die erwartete Rendite und die Qualität eines Produktes genauso wichtig wie die Gebühren.“
Endgültige Entscheidung zieht sich noch hin
In trockenen Tüchern ist allerdings noch nichts. Die Entscheidung über seine endgültige Position wird das EU-Parlament erst im April fällen. So ist es bis zu einer endgültigen Verabschiedung der EU-Kleinanlegerstrategie noch ein weiter Weg. Darin sind sich auch die Verbände einig. Parallel zur Parlamentsentscheidung erarbeitet der EU-Rat noch seine Position. Nach der EU-Wahl im Juni wird feststehen, ob die bisherigen Berichterstatter erneut ins EU-Parlament gewählt werden und ob sie erneut mit der Retail Investment Strategy beauftragt werden. Frühestens im Herbst wird es dann in das Trilog-Verfahren gehen, durch das die EU-Kommission, das EU-Parlament und der EU-Rat eine gemeinsame Position finden werden.
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