Drei Jahre nach einer umfassenden Reform des Wohnungseigentumsgesetzes u. a. zur Erleichterung von Modernisierungen hat der Bundesgerichtshof (BGH) nun in einem aktuellen Urteil klargestellt, dass Einzeleigentümer in der Regel bauliche Veränderungen zur Schaffung einer barrierefreien Umgebung durchsetzen können – und das selbst dann, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft dagegen ist. Einzige Voraussetzung: Die Einzeleigentümer tragen die Kosten für die Umbaumaßnahme selbst.
Das war geschehen
Der Fall vor dem BGH betraf Eigentümer zweier Wohneinheiten in einem Münchner Wohnkomplex, die zwar selbst körperlich nicht behindert waren, aber proaktiv einen Aufzug auf eigene Kosten einbauen lassen wollten. Doch die Eigentümerversammlung gestattete den Einzeleigentümern nicht die Errichtung eines Außenaufzuges am Treppenhaus des Hinterhauses als barrierefreien Zugang und lehnte den Antrag ab.
Das allerdings ließen sich die beiden Einzeleigentümer nicht gefallen und zogen vor Gericht. Sie stützen dazu ihre Argumentation auf eine gesetzliche Regelung, die Baumaßnahmen zur Barrierefreiheit bevorzugt behandelt. Diese Regelung erstreckt sich etwa auch auf den Einbau von Ladestationen, Maßnahmen zum Einbruchschutz und den Anschluss an Breitbandnetze, welche der Gesetzgeber als Ausdruck gesellschaftlichen Interesses an Inklusion, der Energiewende und der Digitalisierung verabschiedet hatte.
So lautete das BGH-Urteil
Das zuständige Amtsgericht hatte die Klage der Einzeleigentümer noch abgewiesen, doch sowohl das Landgericht als auch der BGH haben den Einzeleigentümern recht gegeben. Demnach stelle „die erstrebte Errichtung eines Personenaufzuges eine angemessene bauliche Veränderung dar, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderung dient.“ Solche Maßnahmen hätten laut BGH-Richter generell Vorrang, wobei die Eigentümergemeinschaft nur in Ausnahmefällen, wie bei einer grundlegenden Umgestaltung der Anlage, Einspruch erheben kann. Und das, so der BGH, treffe bei einem Aufzug nicht zu. Denn Eingriffe in die Bausubstanz, übliche Nutzungseinschränkungen des Gemeinschaftseigentums und optische Veränderungen stellten keine Unangemessenheit im Sinne des Gesetzes dar.
Auch konnten die Richter durch die angestrebte Umbaumaßnahme keine Benachteiligung eines Wohnungseigentümers feststellen. Verschattungs- und Lärmbeeinträchtigungen etwa durch den konkreten Standort der Aufzugsanlage seien nämlich bis zu einem gewissen Grad noch bei der Entscheidung über Art und Weise der Durchführung steuerbar, so das Gericht. (as)
BGH, Urteil vom 09.02.2024 – Az. V ZR 244/22
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