Von MarKo Petersohn, Inhaber des Wissensdienstleisters As im Ärmel
Allerdings muss ich Sie warnen, denn das folgende Wissen kann die Nebenwirkung haben, dass Sie etwas desillusionierter von Hollywood sind. Das warf mir zumindest eine Studentin im vergangenen Semester vor. Wegen mir könne sie nun Filme nicht mehr entspannt schauen, sondern müsse ständig darauf achten was sie bei mir gelernt hat. Was ich für etwas übertrieben halte. Aber dazu kommen wir später. Auch dazu, was das alles mit Ihnen zu tun hat.
Der Monomythos
Was die wenigsten wissen, ist, dass ich mir neben meiner Arbeit bei „As im Ärmel“ seit 2015 den Luxus gönne, „Medien- und Kommunikationswissenschaft“ an einer Kölner Hochschule zu lehren. Jedes Semester halte ich ein Seminar mit dem Ziel, den Studierenden zu vermitteln, dass Medien und Inhalte stets bestimmten Mustern folgen. Wenn man diese kennt und erkennt, dann kann man sie relativ einfach im Marketing nutzbar machen.
Eines dieser Muster ist der Monomythos. Ihn formulierte Joseph Campbell in seinem Buch „Der Heros in tausend Gestalten“. Darin erklärt er, dass er weltweit Tausende Religionen, Mythen, Sagen und Geschichten analysierte und entdeckte, dass sich alle in gewisser Weise ähneln. Grob gesagt folgen alle dem folgenden Plot: Ein Held lebt in seiner gewohnten Welt und vernimmt den Ruf des Abenteuers. Er verlässt sein Zuhause und trifft auf seinem Weg allerlei Gefahren, aber auch Unterstützung durch einen Mentor, welcher ihm Fähigkeiten und Wissen für die Bewältigung seines Abenteuers mitgibt. Nach einer Reihe schwieriger Prüfungen, die oft in dem Erlebnis von Tod und Wiedergeburt gipfeln, kehrt der Held mit neuen Kräften, geheilt oder gewandelt in die Gesellschaft zurück.
Ich wette mit Ihnen um eine Flasche Champagner
Zugegebenermaßen klingt dies sehr abstrakt. Aber wenn Sie einmal den letzten Film, den Sie gesehen haben, vor Ihrem inneren Auge ablaufen lassen, werden Sie feststellen, dass er nach diesem Muster, das man auch „Heldenreise“ nennt, funktioniert. Falls nicht, dann schreiben Sie mir bitte eine E-Mail. Ich schaue mir den Film an und wenn sich darin tatsächlich keine Heldenreise wiederfindet, erhalten Sie von mir eine Flasche Champagner.
Diese Wette meine ich ernst, denn bisher ist mir kein Film bekannt, der nicht nach diesem Muster funktioniert. Und das ist kein Zufall. Denn es gibt im Filmgeschäft Story-Consultants, die Drehbücher daraufhin anpassen, dass diese beim Publikum entsprechend funktionieren. Denn Erfolg ist im Filmgeschäft kein Zufall, sondern folgt einem ganz klaren Muster. Um dies zu beweisen, erhalten meine Studenten jedes Semester die Aufgabe, die Heldenreise an einem Film ihrer Wahl zu testen. Und jedes Mal sind sie überrascht, wie sehr die Filme nach dem Erfolgsmuster funktionieren. Dieses Jahr gipfelte dies im eingangs genannten Vorwurf, dass man Filme nie wieder „normal“ sehen könne. Was stark übertrieben ist, denn ich selbst beschäftige mich seit über einem Jahrzehnt mit dem Thema, unterrichte nicht nur Studenten darin, sondern gebe auch Workshops dazu und sitze trotzdem nicht im Kino und suche in den Filmen krampfhaft nach dem Monomythos, sondern lasse mich von ihm amüsieren.
Wissen Sie müssen, nicht Luke, sondern Yoda Sie sind
Allgemein besteht die klassische Heldenreise aus zwölf Phasen, auf die ich hier jedoch nicht eingehen werde, da dies den Rahmen sprengen würde. Ich kann Ihnen nur empfehlen, sich einmal damit zu befassen, denn die Heldenreise ist nicht nur ein nützliches Werkzeug im Filmgeschäft, sondern auch in Psychologie, Persönlichkeitsentwicklung und im Marketing. Sie funktioniert überall da, wo Storytelling genutzt wird. Wieso? Ganz einfach, weil sie sich auch in der Biografie jedes Menschen wiederfindet.
Jeder durchlebt Heldenreisen.
Wir alle durchleben immer wieder Heldenreisen. Nehmen Sie zum Beispiel Ihre Schulzeit. Sie kommen aus der gewohnten Welt und treten ein unbekanntes Abenteuer an. Sie treffen auf Mentoren, durchleben eine Vielzahl wortwörtlicher Prüfungen, und nachdem Sie den Endgegner, die Abschlussprüfung, bestanden haben, kehren Sie mit dem gewonnenen Wissen in die Gesellschaft zurück, nur um in das nächste Abenteuer aufzubrechen.
Können Sie schon erkennen, warum die Heldenreise im Content-Marketing so elementar ist? Bekanntlich handelt es sich hierbei um eine Kommunikationsstrategie, bei der man nicht mit der Holzhammermethode wirbt und sagt: „Kauf bei mir, ich bin das beste Unternehmen und habe das beste Produkt.“ Vielmehr kreiert man Inhalte für die eigene Zielgruppe, die Mehrwert besitzen und mit denen man von den eigenen Qualitäten überzeugt. Wenn wir nun das Content-Marketing auf die Heldenreise anwenden, dann wird relativ schnell klar, welche Rolle Sie darin spielen. Sie sind nicht Harry Potter. Sie sind Dumbledore. Sie sind nicht Neo. Sie sind Morpheus. Sie sind nicht Luke. Sie sind Yoda. Wenn ich von der Heldenreise rede, dann nicht von Ihrer, sondern von der Ihrer Zielgruppe. Und darin sind Sie nicht der Held, sondern der Mentor. Eine Figur, die Sie in jedem Film finden. Sie kennt die gewohnte Welt des Helden und hilft ihm, in der neuen Welt zu bestehen. Der Mentor ist jemand, der mehr weiß als der Held und ihm Wissen, Fähigkeiten oder Gegenstände gibt, die er für sein Abenteuer benötigt.
Wenn Sie dies in Ihrem Mindset verankern, dann wissen Sie, was die richtigen Inhalte für Ihr Marketing sind. Und hierbei spreche ich nicht nur von sozialen Netzwerken, die man gern in Verbindung mit Content-Marketing bringt, sondern ganz allgemein. Es ist egal, ob Sie auf Facebook oder Instagram posten, Inhalte auf der Website veröffentlichen oder einen Flyer gestalten.
Der richtige Inhalt für Ihr Content-Marketing
Sie müssen sich Ihrer Rolle bewusst werden. Und im Vergleich zu anderen Branchen haben Sie als Versicherungsvermittler den unschätzbaren Vorteil, dass Sie von Natur aus eine elementare Rolle in der Heldenreise bzw. im Leben Ihrer Zielgruppe spielen. Sie kennen die Risiken, die das Abenteuer „Leben“ bereithält, und Sie wissen, wie man sich schützen kann. Eine bessere Grundlage kann es im Content-Marketing nicht geben. Nutzen Sie diesen Vorteil.
Widerstehen Sie der Versuchung, der Clown im Newsfeed ihrer Zielgruppe zu sein. Unterlassen Sie belangloses Entertainment. Davon gibt es in den Medien sowieso genug. Seien Sie im Newsfeed Ihrer Zielgruppe der wiederkehrende Charakter, der Schutz bietet und für Sicherheit steht. Schärfen Sie das Bewusstsein für Risiken und Probleme. Und zeigen Sie Lösungen auf. Denn das ist die Aufgabe eines Mentors, im Film und im wahren Leben, und die Aufgabe eines Vermittlers, online wie offline.
Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 08/2019, Seite 100 und in unserem ePaper.
Bild: © jamesteohart – stock.adobe.com
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