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5. Februar 2021
Der harte Markt der Industrieversicherung ist nicht vorbei
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Der harte Markt der Industrieversicherung ist nicht vorbei

In welchem Ausmaß sich der Markt für Industrieversicherung im Jahr 2020 noch einmal verhärtet hat, davon waren selbst Brancheninsider überrascht. Womit 2021 zu rechnen ist, erklärt Thomas Olaynig, Geschäftsführer und Head of Placement & Specialties von Marsh Deutschland.

Herr Olaynig, der Industriever­sicherungsmarkt war 2020 so hart wie nie zuvor. Welche Entwicklungen erwarten Sie 2021?

Bereits 2019 zeichnete sich ab, dass der Markt weiter anziehen würde. Die Geschwindigkeit und das Ausmaß dieser Entwicklung überraschten jedoch selbst Brancheninsider. Aus Kundensicht kommt diese Phase zur Unzeit – Schieflage oder Boom, viele stehen jetzt vor großen Herausforderungen. Eine solide Prognose zur Entwicklung von Covid-19, zu Wachstum und Insolvenzen ist momentan schlicht nicht möglich, aber mit einem käuferfreundlicheren Markt ist 2021 noch nicht zu rechnen. Weiter beschäftigen wird uns sicherlich auch in diesem Jahr die dünne Personaldecke bei den Versicherern. In einem Markt, wie wir ihn derzeit erleben, der ganzjährig – aber besonders im Renewal – deutlich mehr Verhandlungsbedarf bedeutet, muss die Branche die personelle Ausstattung verbessern.

Welche Sparten werden davon am meisten betroffen sein?

Nahezu alle Sparten sind betroffen, Ausnahmen gibt es kaum. Unternehmen sehen sich unabhängig vom Schadenverlauf teilweise mit erheblichen Prämiensteigerungen und der Forderung nach deutlich höheren Selbstbehalten konfrontiert. Zusätzlich wird die Situation dadurch verschärft, dass etliche Versicherer die bisher zur Verfügung gestellten Kapazitäten nicht mehr bereitstellen und diese Kapazitätslücken anderweitig gefüllt werden müssen. Dieser Trend wird in Sach, aber auch Haftpflicht und den Financial Lines 2021 voraussichtlich weiter anhalten. Großschäden im Bereich der D&O-Versicherung tragen zudem dazu bei, dass der Sanierungsdruck in den Financial Lines weiter wächst.

Neben den Preisen geht es auch immer wieder um Ausschlüsse. Werden diese Themen 2021 weiter verhandelt?

Ja, schwierige Ausschlussverhandlungen zum Beispiel von Infektionskrankheiten, wie wir sie derzeit mit Covid-19 erleben, und Silent Cyber werden den Markt auf lange Sicht beschäftigen.

Wo können Ihrer Meinung nach die Versicherer ansetzen, um das angespannte Verhältnis Kunde/Makler und Versicherer zu entspannen?

Die Versicherer haben in der Regel einen nachvollziehbaren Sanierungsbedarf. Diesen müssen sie in Zukunft aber besser erklären und mit entsprechenden Argumenten für Kunden nachvollziehbar machen. Außerdem sollten sie klarer skizzieren, woran gearbeitet werden muss, gerade auch im Hinblick auf Risikomanagementmaßnahmen, die entsprechende Wirkung auf den Versicherungsschutz entfalten. Wichtiger denn je sind effizientes Arbeiten, Fairness und dass gehaltene Versprechen einen Wert haben.

Wie schätzen Sie die Lage für Industrieversicherungsmakler 2021 ein?

Die Rolle der Makler wird weiter an Bedeutung gewinnen – dieser Trend setzt sich nicht zuletzt aufgrund der herausfordernden Marktsituation fort. Wir erleben eine deutlich steigende Nachfrage nach Beratung hinsichtlich Risikomanagement, Branchenexpertise, digitalen Tools und das Interesse an alternativen Lösungen auf Kundenseite. Diesen Anforderungen gilt es gerecht zu werden, das könnte auch zu einer wei­teren Konsolidierung bei den Maklern führen. Hier wird sich in Zukunft die Spreu vom Weizen trennen.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 01/2021, Seite 72, und in unserem ePaper.

Bild: © Nataliya Hora – stock.adobe.com

 
Thomas Olaynig