Ein Gastbeitrag von Matthias Schmidt, CEO der Kompass Group Deutschland AG
Auf sozialen Netzwerken und in Anzeigen sehen wir heute zahlreiche Dienstleister, die mittels Automatisierung und KI Potenziale heben wollen. Auf den ersten Blick klingt es auch sehr verlockend, mit Hilfsmitteln wie etwa ChatGPT bestehende Datenquellen zu analysieren und daraus Muster abzuleiten. Vermittler müssen dabei aber an den Datenschutz denken: KI-Assistenten wie Gemini oder ChatGPT mit Kundendaten zu füttern, ist ein absolutes No-Go. Auch Vertragsdaten haben dort nichts verloren. Trotzdem kann es sich lohnen, die digitalen Assistenten für uns arbeiten zu lassen. Manchmal genügt aber auch der gesunde Menschenverstand.
Aktuelle Ereignisse mit bestehenden Datenschätzen kombinieren
Voraussetzung für den Erfolg mit ChatGPT und Co. ist in jedem Fall die Anonymisierung von Inhalten, die wir mit diesen Tools teilen. Rechtsanwälte und Datenschützer raten darüber hinaus dazu, Inhalte zu abstrahieren. Das bedeutet, dass wir Daten von KI unabhängig von Zusammenhängen analysieren lassen. Die KI übernimmt also nur abstrakte Aufgaben, die Schlussfolgerung leistet menschliche Intelligenz. So ist selbst der Einsatz von ChatGPT und Co. möglich.
Viele Vermittler sitzen bereits heute auf wahren Datenschätzen mit großem Potenzial. Beispiele sind Vertrags- oder auch Kundendaten, die mit Markttrends oder aktuellen Medienberichten in Zusammenhang gebracht Mehrwerte stiften und Anregungen geben können.
Beispiel Kfz-Versicherung
Der Klassiker ist wahrscheinlich die Kfz-Versicherung für Fahranfänger – wer auch die Geburtstage von Haushaltsangehörigen seiner Kunden kennt, kann dem Nachwuchs schnell ein passendes Angebot machen, den bestehenden Versicherungsschutz der gesamten Familie optimieren und aktuelle Lebensumstände oder Zukunftspläne abfragen. Ob Berater den 18. Geburtstag der Kinder von Kunden nun zum Anlass für ein automatisiertes Anschreiben nutzen oder ob sie zum Telefon greifen, hängt von der individuellen Vorliebe und auch den Kunden ab. Entscheidend ist, dass datengestützte Ansätze dabei helfen, derartige Anlässe nicht mehr zu vergessen und diese konsequent im Vertrieb zu nutzen. Je nach Umfang der erhobenen Daten kann in solchen Fällen eine neue Zustimmung im Rahmen der DSGVO nötig werden – mit den richtigen Argumenten und der Perspektive auf besseren Service ist das in den meisten Fällen aber kaum mehr als eine Formsache.
Auch auf vollgelaufene Keller oder andere Naturereignisse können Vermittler reagieren, sofern entsprechende Daten vorliegen. Vermittler, die in einer bestimmten Region tätig sind und ihre Kunden persönlich kennen, haben hier Vorteile – sie haben die entsprechenden Daten meist im Kopf und benötigen keine Datenbank.
Prozesse mit Blick auf die Ruhestandsplanung prüfen
Die Voraussetzung für eine Datenbank zu schaffen, kann sich aber trotzdem auch für alte Hasen lohnen, die den persönlichen Kontakt zu Kundinnen und Kunden schätzen. Spätestens dann, wenn es um die Ruhestandsplanung geht, sollten Vermittler ihr Unternehmen so aufstellen, dass es auch ohne den “allwissenden” Chef funktioniert. Dazu gehört in erster Linie, Prozesse so zu gestalten, dass sie auch von potenziellen Käufern nachvollzogen werden können. Das geschieht in der einfachsten Form durch eine entsprechende Dokumentation und ist perfekt, wenn Prozesse digital und automatisiert sind.
Software-Lösungen rüsten nach und nach auf
Wer damit beginnt, Daten im Sinne der DSGVO zu erheben und zu speichern, der steigert den Wert des eigenen Unternehmens und sorgt darüber hinaus dafür, dass die Kunden auch nach dem Ruhestand des Vermittlers noch in gewohnter Weise persönlich betreut werden können. Statt auf automatisierte Tools zu setzen, wie sie einige Anbieter aktuell bewerben, gelingt die Arbeit mit Daten auch auf andere Weise. Wer Markttrends oder andere Entwicklungen in einer Region aufmerksam verfolgt und sich der eigenen Datenschätze bewusst ist, findet auch ohne automatisierte Prozesse Ansätze für Vertrieb oder eine strategische Neuausrichtung. Auch eine Teilautomatisierung macht Sinn. Etwa, indem Berater auf bestimmte Anlässe und Ereignisse hingewiesen werden und danach selbst entscheiden, welche Maßnahmen sie ergreifen. Ein kostenloses Werkzeug, um vollgelaufene Keller in einer Region ebenso im Blick zu haben wie Marderbisse, ist etwa Google Alerts.
Einige Software-Lösungen, wie etwa das CRM-Tool von Salesforce, haben bereits heute Möglichkeiten zur Datenvisualisierung eingebaut. Auf diese Weise gelingt es, markante Häufungen oder Trends schneller zu erkennen. Wer noch keine entsprechende Software nutzt, darf sich auf die kommenden Monate und Jahre freuen – viele Anbieter arbeiten gerade daran, sich künftig mit KI-Lösungen schmücken zu können. Der Vorteil, wenn KI in professionelle Software integriert ist, liegt auf der Hand: Über die DSGVO brauchen sich Vermittler dann keine großen Gedanken mehr zu machen.
Daten für die Zukunft
Bis dahin genügt es vor allem für kleinere Unternehmen, sich auf datengetriebenes Arbeiten vorzubereiten. Dazu sollten Berater zunächst einmal das Einverständnis der Kunden einholen und im Rahmen der persönlichen Daten auch Wünsche, Ziele oder Hobbys abfragen. So entstehen potenzielle Kontaktpunkte und die Chance, Kunden genau dann ein Produkt anzubieten, wenn sie es wirklich brauchen. Erst wenn diese Voraussetzung geschaffen ist, können Vermittler im nächsten Schritt über den Einsatz von KI und Automatisierung nachdenken. Der Einstieg in den datengetriebenen Versicherungsvertrieb ist aber leichter als gedacht.
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