Interview mit Michael H. Heinz, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute e. V.
Herr Heinz, Sie haben kürzlich das Bundesverdienstkreuz erhalten. Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?
Ich bin zutiefst geehrt und bewegt über diese hohe Auszeichnung. Diese Ehrung erfüllt mich mit großer Dankbarkeit und Demut. Sie ist nicht nur eine Anerkennung meiner Arbeit, sondern vielmehr auch eine Würdigung all jener, die mich auf meinem Weg begleitet und unterstützt haben. Der Verdienstorden ist für mich ein Ansporn, weiterhin mit voller Kraft für die Werte einzutreten, die uns alle verbinden.
In der Branche sorgte zuletzt die Diskussion um einen freiwilligen Provisionsdeckel bei der Vermittlung von Versicherungsanlageprodukten zugunsten einer Erhöhung der laufenden Provision für Schlagzeilen. Was daran sehen Sie positiv?
Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) freut sich, dass der Bundesverbandes Deutscher Versicherungsmakler (BDVM) seinen Vorstoß zur Begrenzung der Abschlussprovision bei einer zusätzlich höheren laufenden Vergütung nun eingeordnet hat. Dass dies keine Forderung nach einem gesetzlichen Deckel beinhaltet, begrüßen wir. Auch wir präferieren grundsätzlich eine stärkere Verlagerung der Courtagen von Abschluss- hin zu Betreuungscourtagen.
Der BVK teilt zudem weiterhin die Sorge des BDVM, dass die Branche insgesamt noch zu wenig gegen einzelne Vergütungsexzesse vorgeht und daher auch vor dem Hintergrund der RIS auf Bewährung ist. Die BaFin hat jedoch im Rahmen der Wohlverhaltensaufsicht bei kapitalbildenden Lebensversicherungsprodukten bereits ein adäquates Mittel, um Fehlanreizen im Vertrieb entgegenzuwirken.
Daher plädiert der BVK weiter dafür, die wenigen Ausreißer zu sanktionieren und nicht alle Versicherungsvermittler gleichermaßen. Eine Deckelung von Abschlussprovisionen von Lebensversicherungen auf 25 Promille der Bruttobeitragssumme sehen wir ordnungspolitisch weiterhin kritisch.
Wie positioniert sich denn der BVK generell zu einem freiwilligen Branchenstandard?
Eine „freiwillige Selbstverpflichtung“ innerhalb der Branche bei Abschlussprovisionen ist ein schwieriges Thema. Wir sehen den Vorschlag des BDVM skeptisch. Wir glauben nicht, dass ein freiwilliger Branchenstandard in der Form, für die sich der BDVM aktuell starkmacht, umsetzbar ist. Die Interessen innerhalb der Verbändelandschaft sind zu unterschiedlich, um einen solchen Standard zu etablieren.
Können Sie das näher erläutern? Was sind die Knackpunkte?
Eine Schwierigkeit ist die Vielzahl an kleinen Verbänden, die teilweise nur wenigen Mitgliedern dienen und oft eigene Interessen verfolgen. Diese Kleinstverbände würden sich schwerlich auf einen gemeinsamen Standard einigen können. Zudem sehen wir auch, dass große Finanzdienstleister und Endkundenvertriebe einfach andere Interessen verfolgen. Diese verschiedenen Akteure unter einen Hut zu bringen, ist meiner Auffassung nach nahezu unmöglich, das schaffen wir hierzulande eher nicht.
Was schlägt stattdessen der BVK vor, um dieses Problem zu lösen?
Wir setzen uns dafür ein, dass die politischen Entscheidungsträger die Vielfalt der Vermittlerlandschaft besser verstehen und berücksichtigen. Einer der großen Vorteile des BVK ist, dass wir alle Vermittlertypen unter einem Dach vereinen – dazu gehören Versicherungsmakler, Mehrfachagenten und Vertreter. Diese Struktur ermöglicht es uns, die unterschiedlichen Interessen aller Vermittlertypen zu berücksichtigen und gegenüber den politischen Entscheidungsträgern gezielt anzusprechen. Im Übrigen sind wir auch der größte Maklerverband, was uns zusätzliche Stärke und Einfluss verleiht.
Wie setzt der BVK diese Stärke und diesen Einfluss konkret ein?
Wir sind in der Lage, effektiv auf politischer Ebene zu agieren und die Interessen unserer Mitglieder zu vertreten. Unsere langjährige Erfahrung und die enge Zusammenarbeit mit politischen Entscheidungsträgern helfen uns dabei. Mit der Eröffnung eines Büros in Brüssel – übrigens als einziger deutscher Vermittlerverband – haben wir unsere Interessenvertretung nochmals deutlich geschärft. Diese Repräsentanz ermöglicht uns den direkten Zugang zu europäischen politischen Entscheidungsprozessen, sodass wir die Anliegen der Vermittler auf EU-Ebene sehr effektiv einbringen können. So haben wir im Rahmen der EU-Kleinanlegerstrategie intensive Lobbyarbeit geleistet, um auf die negativen Folgen eines Provisionsverbotes hinzuweisen und um die politischen Entscheidungsträger davon zu überzeugen, die bestehende Provisionsstruktur beizubehalten. Dies hat dazu beigetragen, dass Vermittler weiterhin eine faire Vergütung für ihre Arbeit erhalten. Wir wissen genau, was wo wann im politischen Betrieb passiert.
Abschlussprovisionen sind gerade für Makler-Start-ups entscheidend, nun stehen sie zur Diskussion. Wie will denn der BVK mehr Menschen für den Beruf des Versicherungsmaklers begeistern?
Ich habe auch meine starken Zweifel, ob eine Beschneidung unserer Vergütungen für Berufsinteressenten attraktiv wäre. Schließlich will man ja als junger Mensch nicht ewig mit geringen Erträgen nach Hause kommen, sondern sich seinen Wohlstand erarbeiten. Unser langfristiger Ansatz, um mehr Nachwuchs für den Beruf zu begeistern, besteht aus mehreren Bausteinen: erstens eine Stärkung des Berufsbildes. Zweitens, die gesellschaftliche Wahrnehmung durch professionelle Öffentlichkeitsarbeit zu verbessern. Drittens durch die Qualifizierung der Vermittler durch Weiterbildung. Viertens einem klaren Bekenntnis zum ehrbaren Kaufmann. Und fünftens durch eine kontinuierliche Nachwuchsförderung über die BVK-Junioren. Allerdings brauchen wir hierbei einen langen Atem und auch die Unterstützung der Versicherer.
Berufsbild und ein starkes Unternehmertum sind eng miteinander verknüpft. Wie steht es um die Kultur des Unternehmertums hierzulande im Allgemeinen und im Besonderen in der Vermittlerbranche?
Allgemein haben es Unternehmer aufgrund bürokratischer Hemmnisse nicht einfach in Deutschland. Daher fordern wir schon lange, Bürokratisierung und Überregulierung zurückzufahren.
Wir haben viele gut ausgebildete Vermittler in Deutschland, insbesondere auch beim Nachwuchs. Wir sehen auch im Rahmen unserer Kommission für Betriebswirtschaft und unternehmerische Entwicklung, die mein Präsidiumskollege Andreas Vollmer leitet, eine zunehmende Professionalisierung im Bereich Unternehmertum. Dies zeigen unter anderem unsere BVK-Strukturanalyse und die Ergebnisse des Betriebsvergleichs. Auch im Rahmen unseres Engagements beim Award UnternehmerAss beobachten wir eine zunehmende Spezialisierung und Professionalisierung der Betriebe. Dies freut uns sehr und ist ein Erfolg unserer langjährigen Arbeit.
Der BVK sieht sich als größter Verband für Makler. Zuletzt hat er neue Dienstleistungen für die Maklerschaft angekündigt? Warum erst jetzt?
Schon seit Jahren bieten wir viele dieser Leistungen an, zum Beispiel Prüfung von Courtagezusagen und Rechtsberatung und vieles mehr. Wir reagieren mit den zusätzlichen Dienstleistungen auf die Konsolidierungswelle im sich ändernden Maklermarkt. Da ist in den letzten Jahren einiges in Bewegung geraten. Das erweiterte Dienstleistungsspektrum ist unter anderem ein konkretes Ergebnis des gegründeten Maklerbeirats.
Zudem steht es nun durch eine Satzungsänderung auch Pools und Verbünden offen, dem BVK beizutreten. Und mit dem Maklerverbund CHARTA ist dem BVK bereits zum 01.08.2024 der erste Verbund beigetreten. Wir sind zuversichtlich, dass weitere folgen werden und damit die Zahl der Makler im BVK deutlich wachsen wird.
Worauf fokussiert sich das neue Leistungsspektrum und inwiefern kann es zur Stärkung des Berufsbildes/Unternehmertums beitragen?
Ein Schwerpunkt liegt auf rechtlichen Aspekten, die beim Kauf O oder Verkauf eines Maklerbestands auftreten können. Angefangen bei Ausgangsfragen, die bei der Existenzgründung eines Vermittlerbetriebes auftreten können, also von gesellschaftsrechtlichen Fragen bei der Gründung eines Unternehmens, über Detailfragen zum Arbeitsrecht im Rahmen einer solchen Unternehmensveränderung bis hin zu erbrechtlichen Angelegenheiten und der Überprüfung von Übernahmeverträgen bietet der BVK – wie gewohnt – eine individuelle und persönliche Beratung ohne Zusatzkosten für seine Mitglieder an.
Ein weiterer wichtiger Bereich ist die Beratung zur Orientierung im komplexen System der Pools und Verbünde. Immer mehr Vermittler suchen nach Alternativen zur Ausschließlichkeitsvertretung oder möchten sich als Makler einem Pool oder Verbund anschließen, um den steigenden Anforderungen und administrativen Aufgaben gerecht zu werden. Hierbei unterstützt der BVK seine Mitglieder bei Fragen zu Vertragsbedingungen und hilft anhand von bestimmten Kriterien wie Status im Innenverhältnis, Bestandsverwertung beim Ausstieg, Vorhandensein eines kostenlosen oder kostenpflichtigen Maklerverwaltungsprogramms und vielen weiteren Aspekten, eine Orientierung im Labyrinth der Pools und Verbünde zu geben. Diese Beratung findet immer unter Berücksichtigung der individuellen Wünsche des Mitglieds statt. Diese neuen Beratungsangebote werden ergänzt durch Workshops, Online-Kurse und Fachartikel, die gezielt auf die Bedürfnisse von Maklern zugeschnitten sind.
Auch die Courtagezusagen seitens der Anbieter sind ein Streitpunkt für Makler. Bietet der BVK auch hierzu Beratung an?
Selbstverständlich. Und ein besonderes Highlight ist die Möglichkeit, bei rechtlichen Streitigkeiten im Zusammenhang mit Courtagezusagen den Rechtsschutz des BVK zur Prozesskostenübernahme in Anspruch zu nehmen. Diese Kombination aus individueller Beratung und rechtlicher Unterstützung ist einzigartig und steht den Mitgliedern im Rahmen ihrer Mitgliedschaft zur Verfügung, ohne dass zusätzliche Kosten entstehen. Darüber hinaus bietet der BVK weiterhin bewährte, rechtsberatende Dienstleistungen für seine Mitglieder an. Dazu gehören die Prüfung von Vereinbarungen, Hilfe bei der Ausgestaltung von Maklerverträgen, Beratung bei Haftungsfragen und eine kostenlose Beratung zum Absicherungsbedarf über den Verbandsmakler im BVK-Rahmenvertrag zur Vermögensschadenhaftpflichtversicherung. Der BVK bleibt damit auch in Zeiten des Wandels nah am Markt und setzt sein Engagement dafür ein, seine Mitglieder bestmöglich zu unterstützen – sei es beim Einstieg, Umstieg oder Ausstieg aus der Maklerbranche.
Spannend wird die Reform der Altersvorsorge der dritten Schicht. Wie es scheint, sollen Garantien wegfallen und ein Altersvorsorgedepot kommen. Sieht nicht gut aus für die Interessen der Versicherungswirtschaft, oder?
Leider waren wir in der Fokusgruppe Altersvorsorge nicht direkt vertreten. Wir haben daher auf anderem Wege unsere Expertise eingebracht. Trotzdem war die Ausrichtung der Fokusgruppe damit schon stark vorgeprägt mit vielen Verbraucherschützern und vermeintlichen Experten, die noch nie einen Kunden direkt beraten haben.
Nun bleibt es abzuwarten, ob die Regierung sich auf Basis der Ergebnisse auf eine Reform verständigen kann. Obwohl wir grundsätzliche Reformen insbesondere bei Riester fordern, haben wir beim aktuellen Zustand der Koalition erhebliche Zweifel, ob ein Konsens der Ampel bei diesem Thema möglich sein wird. Unsere fachliche Kritik haben wir zudem wiederholt vorgebracht.
Für die Versicherungsbranche saß der GDV am Verhandlungstisch, und damit die größte Interessenvertretung hierzulande. Hat sich die Branche zu sehr überrumpeln lassen?
Dass dies für die Versicherungswirtschaft nicht optimal gelaufen ist, haben wir bereits kundgetan. Der GDV war der einzige Vertreter aus der Versicherungswirtschaft in der Fokusgruppe. Die Fondsbranche konnte hier offenbar punkten. Allerdings ist dies angesichts von derzeit eher marktwirtschaftlichen Ideen nicht verwunderlich, was sich unter anderem auch an der Idee zur Aktienrente zeigt.
Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 09/2024 und in unserem ePaper.
Bild: © Michael H. Heinz, BVK bzw. © ARAMYAN – stock.adobe.com
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