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24. Februar 2025
BUBE im Einsatz: Mit KI Betrugsfälle erkennen und verhindern
BUBE im Einsatz: Mit KI Betrugsfälle erkennen und verhindern

BUBE im Einsatz: Mit KI Betrugsfälle erkennen und verhindern

Im Kampf gegen Versicherungsbetrug gilt es unter anderem, manipulierte Bilder als solche zu erkennen. Bei der Nürnberger Versicherung kommt hierfür das eigens entwickelte System BUBE zum Einsatz, das verschiedene KI-Methoden bei der Bildanalyse verwendet.

Ein Artikel von Wolfgang Färber, Teamlead Schaden-/ Leistungsregulierung in der IT der Nürnberger Versicherung

Die Betrugsabwehr in der Versicherungsbranche steht oft im Konflikt mit dem Bestreben, den Versicherten schnellstmöglich ihre Leistungen zu gewähren. Während eine vollständig automatisierte Zahlung technisch kein Problem darstellt, ist es ebenso wichtig, ungerechtfertigte oder betrügerische Ansprüche abzuwehren. Hier gilt es, ein Gleichgewicht zu finden, um die Mehrheit der ehrlichen Schadenfälle zügig und kundenfreundlich zu regulieren.

Was ist BUBE?

Die Nürnberger Versicherung hat ein innovatives System namens BUBE (Bildforensik Und BetrugsErkennung) entwickelt, das mithilfe von KI und Bildforensik betrügerische Schadenfälle aufdecken soll. BUBE analysiert eingereichte Schadenfotos auf Manipulationen und hilft so, betrügerische Ansprüche zu identifizieren und abzuwehren.

Warum ist BUBE besonders?

Bereits zwischen 2011 und 2014 unternahm die Nürnberger erste Versuche, Manipulationen an Bildern maschinell zu entdecken. Ab 2018 startete ein Pilotprojekt mit dem Lehrstuhl für IT-Sicherheitsinfrastrukturen an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU). Damit wurde der Grundstein für die heutige Version von BUBE gelegt. Seit 2020 ist BUBE produktiv im Einsatz und nutzt fortschrittliche KI-Technologien, um Bildmanipulationen zu erkennen. Die kontinuierliche Zusammenarbeit mit der FAU und die Integration neuester Verfahren machen BUBE zu einem leistungsstarken Werkzeug in der Betrugsbekämpfung.

Wie funktioniert BUBE?

BUBE verwendet verschiedene KI-Methoden, um Bilder zu analysieren:

  • Error Level Analysis (ELA): Dieses Verfahren untersucht das Rauschen im Bild und deckt inkonsistente Stellen auf, die auf Manipulationen hinweisen könnten. ELA stammt aus der Zeit, als Bilder hauptsächlich mit Programmen wie Photoshop verändert wurden, ist aber weiterhin relevant.
  • Neuronale Netze: Speziell trainierte Modelle identifizieren KI-generierte Bilder, unabhängig davon, welches Tool zur Erstellung verwendet wurde. Diese Modelle sind neuronale Netze, sogenannte SVMs (Support Vector Machine).
  • Vektorisierung und Vergleich: Auch für diese Aufgabe verwendet BUBE neuronale Netze, diesmal ResNet (Residual Network). Ein ResNet50 wird verwendet, um Bilder in einen Zahlenvektor umzuwandeln und darüber die Ähnlichkeit zwischen Bildern zu bestimmen. Dies hilft, Mehrfacheinreichungen zu erkennen, auch wenn die Bilder verändert wurden, z. B. leichter Perspektivwechsel oder Umwandlung farbig/Grautöne. Die Vektoren selber verstoßen nicht gegen die Datenschutzbestimmungen oder das Recht am Bild und können also – anders als die Bilder selbst – marktweit verglichen werden.
  • Fuzzylogik: Diese Methode bewertet die Ergebnisse und ermöglicht eine differenzierte Einschätzung von verdächtigen Werten, z. B. auch Zeit- und Ortsangaben aus den Bild-Metadaten (Exif-Daten). Fuzzylogik hilft, überlappende Verdachtsbereiche zu definieren und Ergebniswerte mit unterschied­licher Gewichtung zu interpretieren.
Nutzen für die Versicherungsbranche

BUBE entlastet die menschlichen Sachbearbeiter, indem es auffälliges Fotomaterial automatisch herausfiltert und unauffälliges durchwinkt. Dies beschleunigt die Schadenregulierung und erhöht die Fairness gegenüber der Versichertengemeinschaft. Zudem ermöglicht BUBE einen datenschutzkonformen, versicherungsübergreifenden Bildvergleich, der die Entdeckung von Doppeleinreichungen marktweit erleichtert.

Integration in den Leistungsprozess

BUBE arbeitet wie ein technischer Sachbearbeiter und analysiert eingehende Bilder sofort nach ihrem Eingang. Die Ergebnisse fließen in die Schadenbearbeitung ein und helfen, verdächtige Fälle frühzeitig zu identifizieren. Wichtig ist, dass BUBE das Bildmaterial im Originalformat erhält, um seine Arbeit effizient erledigen zu können. Die Korrespondenz, aus der die Bilder stammen, wird parallel in das Archiv und das Schadensystem weitergeleitet, wo sie eine maschinelle Schadenanlage auslöst oder einen Arbeitsvorrat für die Sachbearbeitung bildet. Zu diesem Zeitpunkt kann BUBE dann bereits seine Erkenntnisse zusteuern.

Technische Details und Komponenten

BUBE nutzt mehrere technische Komponenten, um seine Aufgaben zu erfüllen:

  • Bildklassifikation: Bilder werden nach ihrem Inhalt klassifiziert, z. B. in szenische Bilder oder fotografierte Dokumente. Szenische Bilder werden in Zahlenvektoren umgewandelt und der Vektor-Bestand wird nach ähnlichen Bildern durchsucht. Ergebnis-verfälschende Bilder wie Logos oder leere PDF-Seiten werden herausgefiltert und nicht verglichen.
  • Manipulationserkennung: Das Rauschmuster im Bild wird untersucht, um veränderte Stellen zu identifizieren. Absichtlich gezeichnete Formen wie eingekreiste Schadenstellen werden dabei nicht berücksichtigt.
  • Generative KI-Detektoren: BUBE verwendet Detektoren, um vollständig generierte Bilder und teilgenerierte Bilder (Inpainting) zu erkennen. Diese Detektoren sind in Serie geschaltet und haben generalisierende Fähigkeiten.
  • Doppelkompression: BUBE identifiziert Bilder, die von mehreren Programme gespeichert wurden, was ein Indiz für Manipulationsversuche sein kann.
  • Exif-Daten: Wenn Bilder Exif-Daten enthalten, werden diese ausgelesen und in Beziehung zu den gemeldeten Schadendaten gesetzt. Zeitstempel und GPS-Koordinaten können Hinweise auf Betrug geben.
  • Bewegungsablauf: BUBE stellt eine Zeitachse sowie eine Karte mit den Orten zur Verfügung, an denen die Bilder fotografiert wurden, und zeigt den Bewegungsablauf an.
  • Rechnungsprüfung: Rechnungen mit EPC-QR-Codes werden auf Übereinstimmung mit dem Rechnungstext geprüft. Abweichungen deuten auf gefälschte Rechnungen hin.
Fazit und Ausblick

Mit BUBE hat die Nürnberger Versicherung ein Werkzeug zur Betrugsbekämpfung entwickelt, das nicht nur intern, sondern auch marktweit eingesetzt werden kann. Durch die kontinuierliche Weiterentwicklung und die potenzielle Zusammenarbeit mit anderen Versicherern wird BUBE auch in Zukunft eine zentrale Rolle in der Schadenregulierung und Betrugsabwehr spielen.

Ein Proof of Concept (PoC) auf der Plattform des Hinweis- und Informationssystems (HIS) beim Gesamt-­verband der Versicherer (GDV) soll die technische Machbarkeit und den Nutzen eines übergreifenden Bildvergleichs untersuchen. Ziel ist, bis zum dritten Quartal 2025 einen produktiven Betrieb zu etablieren.

Die Nürnberger verfolgt eine zweigleisige Strategie, wobei sie von ihrer IT-Tochter CodeCamp:N unterstützt wird: Zum einen wurde der Verschlüsselungsalgorithmus im Januar 2025 als Open SDK unter der Apache-2.0-Lizenz veröffentlicht, um die Teilnahme am Bildvergleich zu erleichtern (https://github.com/codecampn). Zum anderen werden verschiedene Kooperations­modelle geprüft, um die BUBE-Suite als SaaS-Lösung oder in einer „BUBE light“-Version anzubieten.

Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 02/2025 und in unserem ePaper.

 
Ein Artikel von
Wolfgang Färber