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Steuern & Recht
3. Dezember 2013
BGH bestätigt illegalen Versicherungsvertrieb von Tchibo

BGH bestätigt illegalen Versicherungsvertrieb von Tchibo

Die Frage, ob Tchibo nur als Tippgeber oder als Versicherungsvermittler gilt, hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 29.11.2013 nun letztinstanzlich geklärt: Die Versicherungsangebote auf der Internetseite des Kaffeerösters waren mehr als nur ein Tipp. Folglich war der Versicherungsvertrieb der Tchibo Direct GmbH illegal.

Tchibo vermittelte über ein Internetportal sowohl klassische Versicherungen als auch Finanzprodukte, ohne in ein Vermittlerregister eingetragen zu sein oder eine Gewerbeerlaubnis zu besitzen. Als Kritik laut wurde, bezeichnete sich Tchibo nur als Tippgeber und wäre damit von der Genehmigungspflicht befreit.

Daraufhin klagte der Wettbewerbsverein Wirtschaft im Wettbewerb e.V. (WiW), unterstützt vom Brancheninformationsdienst versicherungstip des markt intern-Verlages und dem Bundesverband Finanzdienstleistungen (AfW). Nach über dreieinhalbjährigem Weg durch die Instanzen wurde letztlich das Urteil des OLG Hamburg (Az. 5 U 79/10) bestätigt, meldeten WiW, AfW und der versicherungstip. Der Bundesgerichtshof habe eine Grundsatzfrage des Versicherungsrechts im Sinne der Verbraucher entschieden. Tchibo hatte sich schon zuvor – im Januar 2011 – aus dem Vertrieb von Versicherungen zurückgezogen, um sich nach eigenen Angaben auf die Bereiche „Non Food, Kaffee und neue Wachstumsfelder … wie zum Beispiel das neue Energieangebot“ zu konzentrieren.

Entscheidend war im Rechtsstreit die Frage, ob der Kaffeeröster nur als sogenannter Tippgeber zu betrachten und damit von einer Genehmigungspflicht befreit war oder ob eine Versicherungsvermittlung stattfand. Der Bundesgerichtshof bestätigte jetzt die Auffassung des OLG Hamburg, der zufolge die Tchibo-Aktivitäten für einen reinen Tippgeber zu weit gingen, da nicht nur Kontaktdetails weitergegeben, sondern dem Kunden die Möglichkeit zu einem Online-Abschluss für konkrete Produkte offeriert wurden, schreibt markt intern.

„Der Gesetzgeber hat eindeutig bestimmt, dass die Vermittlung von Versicherungen an klare Vorgaben geknüpft ist: eine Qualifikation des Vermittlers, eine Dokumentation des obligatorischen Beratungsgesprächs, Informationspflichten, den Abschluss einer Versicherung gegen Vermögensschäden des Kunden und an eine Registrierung“, so Norman Wirth, geschäftsführender Vorstand des AfW. Auch der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) begrüßt das BGH-Urteil. „Wir sehen uns in unserer Kernforderung bestätigt, dass Versicherungsvermittlung in die Hände von qualifizierten und ehrbaren Versicherungskaufleuten gehört“, kommentiert BVK-Präsident Michael H. Heinz. Der BVK kritisiert, dass Unternehmen wie beispielsweise Tchibo sich unzulässigerweise auf die Position eines Tippgebers für Versicherungen zurückgezogen haben, während Versicherungsvermittler eine umfangreiche Prozedur der Registrierung und Sachkundeprüfung durchlaufen und eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung abschließen müssen, um überhaupt Versicherungen vermitteln zu dürfen.

Das Urteil ist nicht nur ein positives Signal an die Makler, sondern laut WiW-Geschäftsführerin Viola Huber profitieren auch die Endverbraucher: „Da Unternehmen, die Versicherungen vermitteln, nun keine Möglichkeit mehr haben, sich mit Hinweis auf eine ‚Tippgebereigenschaft’ vor einer Police für Vermögensschäden wie auch einem Sachkundenachweis zu drücken.“

(BGH, Urteil vom 29.11.2013, Az.: I ZR 7/13. Die schriftliche Urteilsbegründung liegt noch nicht vor.)