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10. Februar 2012
Bewertungsportale im Internet: Eine Chance für Makler?

Bewertungsportale im Internet: Eine Chance für Makler?

Nichts geht über die persönliche Empfehlung, wenn es um Neugeschäft geht. Darüber sind sich die meisten Makler einig. Im Zeitalter von Social Media und Internet steigt die Bereitschaft von Menschen, ihre Meinung auch online über verschiedene Kanäle zu verbreiten. Einer dieser Kanäle sind Online-Bewertungsplattformen.

Von Toni Kuhn, AssCompact

Die traditionelle Mund-zu-Mund-Propaganda wird durch das Internet immer mehr zur „post-zu-post“-Propaganda. Auf Bewertungs- und Empfehlungsseiten können Nutzer ihre Meinung zu Unternehmen, Produkten und Dienstleistungen „posten“ sowie diese bewerten und weiterempfehlen. Gleichzeitig können sich potenzielle Kunden dort ein Bild machen, indem sie lesen, was andere sagen. Rund 50 Mio. Nutzer haben im Oktober 2011 laut IVW in deutschen Branchen- und Bewertungsportalen Suchanfragen gestellt. Auch Versicherungsmakler und Finanzdienstleister sind dort in wachsender Zahl vertreten.

 

Ob sich ein Makler auf Bewertungsportalen präsentiert oder nicht – es empfiehlt sich, deren Funktionsweise zu kennen und gewisse Regeln zu beachten. Da in manchen Portalen auch Kunden, die ein Unternehmen bewerten möchten, dieses anlegen können, weiß manch einer vielleicht gar nicht, dass er im Netz bewertet wurde. Und die Nutzung von Online-Bewertungsportalen steigt. Bereits im Oktober 2010 hat dies eine Marktstudie des Beratungsinstituts YouGov zum Thema „Mode oder Trend? Social Media im Finanzdienstleistungsmarkt“ herausgefunden. Demnach nutzte zum Befragungszeitraum bereits jeder Zehnte Meinungsplattformen als Informationsquelle in den Bereichen Bankprodukte, Geldanlage und Versicherungen. Die Vertrauenswürdigkeit von Verbrauchermeinungsplattformen liegt laut der Studie nur knapp hinter der von Vergleichsseiten im Internet und Empfehlungen eines Versicherungsvermittlers. Gerade häufige Internetnutzer nehmen Beiträge in Bewertungsportalen positiv wahr, sind allerdings auch kritischer gegenüber der Authentizität der Beiträge. Generell wird laut der Studie Online-Plattformen aber häufiger vertraut als misstraut.

Die größten Portale

Die Zahl der Bewertungsportale ist groß. Für gewisse Berufsgruppen gibt es eigene, so zum Beispiel WhoFinance für Finanz- und Versicherungsdienstleistungen. Es ist das derzeit größte unabhängige Bewertungsportal für die Branche. Aktuell hat es 2.500 registrierte Berater. Rund 100.000 Suchanfragen werden pro Monat über die Webseite gestellt. Im ersten Schritt ist eine Anmeldung kostenlos. Berater können ein Profil erstellen und sich von bereits bestehenden Kunden bewerten lassen. Kosten werden nur bei Vermittlung eines Beratungsgesprächs fällig. Allein darauf beruhen auch die Einnahmen von WhoFinance. Geschäftsführer Mustafa Behan erklärt: „WhoFinance verdient an der Vermittlung von Kontaktanfragen, sobald es zwischen Kunden und Berater zu einem Beratungsgespräch kommt. Unabhängig vom Ergebnis des Beratungsgesprächs.“ Somit verkauft WhoFinance auch keine Leads. Kunden haben einen akuten Beratungswunsch und suchen sich den Berater selbst. Darin sieht Behan auch den Erfolg des Online-Portals: „Abschlussquoten sind darum üblicherweise deutlich höher als beim Kauf von anonymen Adressen.“ Um Bewertungen vor der Veröffentlichung auf Seriosität und Echtheit zu prüfen, hat WhoFinance ein spezielles Qualitätsverfahren entwickelt, das sowohl Beleidigungen als auch vermeintlich gefälschte Bewertungen aussiebt. Wie es im Detail funktioniert, gibt das Unternehmen jedoch nicht preis.

 

Das Portal „KennstDuEinen.de“ legt ebenfalls einen Schwerpunkt auf die Finanzbranche: Unter der großen Kategorie „Recht&Geld“ werden Finanzberater und Versicherungsmakler bewertet. Mittlerweile hat das Unternehmen sein Serviceangebot über die Webseite WinLocal.de erweitert. Neben dem Eintrag auf der Bewertungsplattform KennstDuEinen.de, unterstützt WinLocal Makler dabei, Bewertungen aktiv einzuholen. Dies bietet das Unternehmen sowohl on- als auch offline, zum Beispiel über Postkartenaktionen, an. Weiterhin hat WinLocal das Ziel, Einträge mit Hilfe von Google AdWords, Google Places und organisch auf Seite 1 der Suchmaschine zu platzieren. Registrierte Nutzer können im Statistik-Bereich sehen, wie viele Kontakte sie über KennstDuEinen.de erhalten haben. Die Registrierung für diesen Rundumservice kostet allerdings 189 Euro zzgl. MwSt. pro Monat. Durchschnittlich liefert ein Eintrag laut Statistiken von WinLocal 5,6 Kontakte pro Berater pro Monat.

 

Qype zählt zu den größten branchenübergreifenden Bewertungsportalen. Unter der Kategorie Dienstleistungen finden sich auch Makler und Finanzdienstleister. Derzeit sind 300.000 inhabergeführte Unternehmen bei Qype registriert. 22 Millionen Suchanfragen werden pro Monat gestellt, 2,2 Millionen Empfehlungen wurden bisher abgegeben. Almir Hajdarpasic, Head of Sales, bezeichnet Qype als „Community-Portal“: „Das beinhaltet, dass auch Kunden ein Unternehmen, das sie bewerten möchten, anlegen können, wenn es noch nicht vertreten ist.“ Wenn sich ein Unternehmen registriert, wird dies telefonisch verifiziert. Bewertungen werden nach Überprüfung freigeschaltet. Je mehr Bewertungen ein Eintrag hat, desto weiter oben in der Liste erscheint er. Auch Bewertungen von Viel-Nutzern werden in der Regel stärker gewichtet. Die Registrierung und das Anlegen eines Profils sind kostenlos. Eine Premiummitgliedschaft, die eine bessere Positionierung sowie zusätzliche Services beinhaltet, kostet rund 60 Euro. Jeder Nutzer muss einem Verhaltenskodex zustimmen: „Gerüchte, Inhalte durch Hörensagen oder unbestätigte Aussagen anderer Personen sind unzulässig“ heißt es in den Geschäftsbedingungen. Qype finanziert sich durch Werbebanner sowie durch die Premiumeinträge der Mitglieder. Weiterhin werden Einnahmen über „Live-Bookings“ generiert, mit denen Unternehmen über Qype die Möglichkeit bieten, direkt zu buchen.

 

Ein weiteres Onlineportal, das zu den meist genutzten Deutschlands zählt, ist Stadtbranchenbuch. Über das Branchenportal können auch Bewertungen abgegeben werden. Grundlage für die Daten dort sind die Einträge der Deutschen Telekom, die sich auf rund 4 Millionen belaufen. Jedes Unternehmen kann die Daten kostenfrei mit Zusatzinformationen anreichern. Dies haben bereits 375.000 Firmen getan. Aus der Versicherungsbranche sind 88.000 Firmen registriert, wovon wiederum rund 9.000 den Eintrag ergänzt haben. Vorstandsvorsitzender Andreas Stahl erklärt: „Einträge mit Zusatzinformationen werden im Stadtbranchenbuch höher gerankt, da diese für den User hilfreicher sind, als ,nackte‘ Telefonbucheinträge.“ Eine Registrierung ist nicht nötig. Derzeit beinhaltet das Stadtbranchenbuch rund 270.000 Bewertungen, die wie in den anderen Portalen von der Redaktion geprüft wurden, bevor sie ins Netz gehen. Auch hier zählt Sachlichkeit. Im Versicherungsbereich ist Stadtbranchenbuch in Suchmaschinen sehr gut gelistet. Bei der Suche nach „Versicherung Ort“ erscheint das Stadtbranchenbuch in den größten 50 deutschen Städten 40-mal in den Top 10.

Kritische Bewertungen ins Positive wandeln

Doch was passiert, wenn ein Makler negativ bewertet wird? Generell gilt im Internet wie sonst auch das Recht der Meinungsfreiheit, von dem allerdings beleidigende Äußerungen ausgeschlossen sind. Die Vertreter der Portale plädieren für eine offensive Herangehensweise an negatives Feedback. Stahl gibt dazu folgenden Rat: „Wenn ein Unternehmen eine schlechte Bewertung bekommt, sollte auch richtig reagiert werden. Dies kann in Form eines Kommentars geschehen. Das Unternehmen sollte sich dem Problem des Nutzers annehmen und nötigenfalls Besserung geloben. Die Nutzer erkennen dann, dass Kritik verstanden und ernst genommen wird. Dies kann sehr vorteilhaft für die Reputation sein.“ Qype berät Premiummitglieder in kritischen Bewertungsfällen auch telefonisch. Hajdarpasic sieht die Chance, eine negative Bewertung durch reflektierte Reaktionen des Unternehmens ins Positive umzumünzen. Von solchen Fällen berichtet auch René Strauss, Vertriebsleiter bei WinLocal: „In 76% der Fälle, in denen eine kritische Bewertung abgegeben wurde und der Versicherungsmakler mit dem unzufriedenen Kunden Kontakt aufgenommen hat, hat der Kunde uns anschließend gebeten, die kritische Bewertung auf positiv zu ändern.“ Whofinance bietet seinen Nutzern die Möglichkeit, Einspruch gegen freigeschaltete Bewertungen einzulegen, allerdings müssen sie diese belegen können.

 

Auch die Befragten der Studie von YouGov gaben an, dass es sinnvoll ist, auf Plattformen selbst aktiv zu werden: Fast die Hälfte hält es für angebracht, dass Anbieter Kommentare und Anfragen direkt beantworten. Lediglich 15% halten dies für verfehlt. Und was sagen die Makler? Detlef Lüder, Finanzcoach und Versicherungsmakler aus Nürnberg, ist bei WhoFinance registriert und wurde bereits 230-mal bewertet. Den Vorteil sieht er nicht nur im Neugeschäft, sondern auch im inhaltlichen Feedback. „Neue Haushalte kommen ohne meine Aquisetätigkeit auf mich zu, mit unterschiedlichsten Aufgaben und Themen“, so Lüder. Eine Gefahr sieht er dennoch in falschen bzw. schlechten Bewertungen. Die beste Möglichkeit damit umzugehen, sei für den Makler, „ neue, positive Bewertungen zu erarbeiten, die dann darüber stehen.“

Lieber aktiv werden, als sich zurückzuziehen

Die Pflege des Eintrags auf Onlineportalen erfordert zusätzliche Ressourcen, die manch einer lieber in die eigene Webseite steckt. Bewertungsportale werden meist über Suchmaschinen schneller gefunden. Strauss sieht dies nicht als Alternative: „Was nützt eine gute Webseite, wenn Sie bei Google im hinteren Index zu finden ist, wo niemand mehr sucht?“. WhoFinance-Geschäftsführer Behan nennt noch weitere Vorteile: „Positive Bewertungen auf dem führenden Bewertungsportal für Finanzberatung sind glaubwürdiger als hauseigene Statistiken von Anbietern. Die Präsenz auf WhoFinance zeigt die Bereitschaft, sich wirklich transparent bewerten zu lassen.“ Stahl betont, dass nur ein gepflegter Auftritt auf dem Portal nachhaltig Neukunden bringt: „Ein Unternehmen mit vielen positiven Bewertungen und vollständigem Profil wird in der Regel mehr Nutzer auf seine Webseite ziehen können als Unternehmen, über die nur der Name und Ort bekannt ist.“ Hajdarpasic sieht gerade für Versicherungs- und Finanzdienstleister einen Vorteil in Bewertungsportalen: „Der Kunde kommt zu Wort. Gerade bei Versicherungsmaklern, unter denen immer noch schwarze Schafe zu finden sind, spricht es für die Seriosität eines Beraters, wenn er sich von seinen Kunden öffentlich bewerten lässt.“ Fakt ist, dass durch Bewertungsportale eine radikalere Markttransparenz entsteht: Wer was und wo über einen sagt und wie schnell sich dies herumspricht, wird online immer schwerer zu kontrollieren sein. Im Grunde ist es aber wie mit der Mund-zu-Mund-Pro-paganda auch: Oft ist es besser, aktiv zu werden, als sich zurückzuziehen. Dass Transparenz auch Potenzial bietet, scheinen jedenfalls auch größere Unternehmen der Branche für sich zu entdecken: Die BCA AG arbeitet seit Kurzem mit WhoFinance zusammen, indem sie ihren Vertriebspartnern empfiehlt, sich dort zu registrieren. Der Pool will dann auf Grundlage der jeweiligen Bewertungen die Maklerbüros dahin- gehend beraten, wie sie etwas verbessern können.

 

Zum ergänzenden Interview mit Stefan Schicker