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9. April 2020
Betriebsschließungen: Weitere Reaktionen zum Kompromiss
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Betriebsschließungen: Weitere Reaktionen zum Kompromiss

Weitere Versicherer schließen sich der Kompromiss-Lösung zur Betriebsschließungsversicherung an oder verbinden diese mit anderen Maßnahmen. Die Maklergenossenschaft VEMA nennt die Lösung fair. Rechtsanwälte sind skeptisch.

Die mittlerweile sogenannte „bayerische Lösung“ zur Betriebsschließungsversicherung findet Kritik und Zustimmung. Letzteres etwa beim VEMA-Vorstandsvorsitzenden Hermann Hübner. Gegenüber AssCompact erklärt er: „Der Lösungsvorschlag, der mit der DEHOGA Bayern verhandelt wurde ist, ganz nüchtern und emotionslos betrachtet, fair. Die DEHOGA hat die Lücke, die es zu schließen gilt mit 30% der üblichen Kosten vorgelegt – darüber, wie das Ergebnis aussähe, wenn vom Verband ein höherer Satz genannt worden wäre, kann man nur spekulieren. Die Versicherer verzichten auf Prüfungen und übernehmen die Hälfte. Das ist ein klassischer Kompromiss. Und es ist ein wichtiges Zeichen, dass den Versicherern nicht egal ist, was aus ihren Kunden wird und das sie helfen wollen – auch, wenn sie es vielleicht gar nicht müssten.“

Mit Blick auf die unklaren Punkte hinsichtlich des Versicherungsschutzes meint er: „Die Argumente stehen für beide Seiten gut – nur wird ein Kunde kaum ohne langwierigen Rechtsstreit zum angestrebten Erfolg gelangen können. Letztlich muss es jeder Versicherungsnehmer als Unternehmer für sich entscheiden ob er – soweit der Versicherer ein Vergleichsangebot hat – dieses akzeptiert oder den Rechtsweg einschlägt. Sein Versicherungsmakler wird ihn sicherlich dazu transparent beraten.“

Grundsätzlich wünsche er sich, dass alle Versicherer zumindest ein Vergleichsangebot vorlegen, wenn sie nicht eine vollständige Regulierung vornehmen. In dem Zusammenhang dankt Hübner den Versicherern, die sich bereit erklärt haben, die Schäden voll zu übernehmen bzw. im Einzelfall sehr wohlwollend zu prüfen.

HDI bietet zusätzliche Lösung für Hotels

Mehrere Versicherer haben sich in den vergangenen Tagen bereits zu der erarbeiteten Kompromisslösung bekannt (AssCompact berichtete). Auch die HDI hat nun mitgeteilt, dass sie der Initiative der bayerischen Staatsregierung beigetreten ist.

Gleichermaßen hat die HDI frühzeitig erklärt, dass für ihre Kunden der Versicherungsschutz der Betriebsschließungsversicherung auch hinsichtlich des Corona-Virus greift.

Mit dem Beitritt zur Kompromiss-Lösung erhalten nun aber auch HDI versicherte Hotelbetriebe eine Entschädigung, die nicht aufgrund behördlicher Anordnung schließen mussten. In diesen Fällen übernimmt die HDI Versicherung 15% der vereinbarten Tagesentschädigung für die Dauer der versicherten Schließungszeit.

R+V beteiligt sich an der Initiative

Auch die R+V Versicherung hat mitgeteilt, dass sie sich dem Kompromiss anschließt.

Die Betriebsschließungsversicherung der R+V decke Schäden durch das Coronavirus nicht ab. Die R+V habe in ihren Bedingungen zur Betriebsschließungsversicherung explizit alle versicherten meldepflichtigen Krankheiten und Erreger abschließend aufgeführt. Coronaviren seien hier nicht genannt, so der Versicherer.

„Trotzdem stehen wir unseren Kunden in dieser existenzbedrohenden Situation bei. Betroffene Unternehmen, die diese Versicherung bei uns abgeschlossen haben, erhalten von uns jetzt schnell und unbürokratisch Hilfe“, erläutert der Vorstandsvorsitzende Dr. Norbert Rollinger.

Verschärfung der Situation der versicherten Betriebe

Schon im Vorfeld des Kompromisses haben sich Anwälte zu Wort gemeldet und kritisiert, dass Versicherer ihren Verpflichtungen nicht nachkämen. Die bayerische Lösung verschärfe die Situation der versicherten Betriebe, meint nun die Kanzlei Wilhelm Rechtsanwälte. Die Kunden säßen in der Zwickmühle: Entweder sie nehmen die „freiwillige“ Leistung in Höhe von 15% der ursprünglich vereinbarten Tagespauschalen an oder sie müssten klagen.

Die Kanzlei beziffert ihre Mandantenzahl auf mehrere hundert versicherte Betriebe und diese werden weit überwiegend vor Gericht ziehen müssen, um ihr Recht durchzusetzen, so die Einschätzung. Denn das Angebot der Versicherer werde den Schließungsschaden in den meisten Fällen nur teilweise kompensieren.

Eine Gegenrechnung mit staatlichen Maßnahmen sei zudem falsch, diese dürften keine Versicherungsleistung ersetzen. Gleichermaßen wirft die Kanzlei die Frage auf, ob der schnelle Beitritt weiterer Versicherer zur Kompromiss-Lösung nicht auch kartellrechtliche Fragen aufwerfe. (bh)

 

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