Frau Lindemann, im Rahmen des neuen Tarifpakets hat die chemische und pharmazeutische Industrie und die IG BCE eine arbeitgeberfinanzierte Pflegezusatzversicherung vereinbart. Warum bieten Sie Beschäftigten diese Möglichkeit der Vorsorge?
Wir sehen, dass unsere Gesellschaft mit dem durch den demografischen Wandel wachsenden Pflegebedarf vor großen Herausforderungen steht. Nehmen wir die Entwicklung in unserer Branche: Der Anteil der Beschäftigten über 55 ist in den letzten zwei Jahrzehnten deutlich gestiegen. Aktuell sind etwa 20% der Belegschaften 55 Jahre und älter. Wir gehen davon aus, dass dieser Anteil in fünf bis sechs Jahren auf 25% ansteigt und nach 2025 dann wieder sinkt. Da das Risiko, pflegebedürftig zu werden, im Alter zunimmt, steigt mit dieser Entwicklung natürlich auch die Bedeutung des Themas Pflege.
Es ist sicher, dass die gesetzlichen Sozialversicherungen das nicht alles werden stemmen können; auch dort dürfen die Kosten ja nicht ins Uferlose steigen. In der Vergangenheit ist bei uns hier in Deutschland sehr viel über die Pflege in der Familie zu Hause gelaufen, das wird so nicht mehr überall funktionieren. Die Lebensentwürfe und die gesellschaftlichen Strukturen haben sich verändert. Außerdem brauchen wir die Menschen im arbeitsfähigen Alter auch als Fachkräfte in den Unternehmen. Last, but not least: Die neue tarifliche Pflegezusatzversicherung ist ein weiteres Argument, sich für eine Karriere in der Chemie zu entscheiden. Im Grunde schlagen wir mit dieser Tarifinnovation zwei Fliegen mit einer Klappe: Wir können die Attraktivität unserer Branche steigern und wir packen eine drängende sozialpolitische Aufgabe gemeinsam an.
Welche Leistungen erhalten die Beschäftigten im Pflegefall?
Mit unserem Tarifvertrag erhält der Versicherte im Pflegefall bei ambulanter Pflege 300 Euro monatlich, bei stationärer Pflege 1.000 Euro monatlich. Das deckt natürlich nicht alle Kosten, aber wir schützen das persönliche Vermögen der Pflegebedürftigen und auch das der Kinder deutlich besser als ohne diese Absicherung. Wenn das Vermögen pflegebedürftiger Eltern nicht ausreicht, können ja auch die Kinder zur Zahlung verpflichtet werden. Unser Versicherungsschutz gilt für alle Tarifbeschäftigten ab 1. Juli 2021 – ohne jede Gesundheitsprüfung und zu einem einheitlichen Tarif von 33,65 Euro pro Mitarbeiter und Monat, die der Arbeitgeber übernimmt.
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