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1. Oktober 2024
bAV: Arbeitgeberzuschuss vor tarifvertraglichem Hintergrund
bAV: Arbeitgeberzuschuss vor tarifvertraglichem Hintergrund

bAV: Arbeitgeberzuschuss vor tarifvertraglichem Hintergrund

Laut Betriebsrentengesetz müssen Arbeitgeber mindestens 15% des Betrags der Entgeltumwandlung als Zuschuss leisten. Doch so mancher Tarifvertrag sagt darüber gar nichts aus. Was bedeutet das für die Beratungspraxis? bAV-Rechtsexperte Christian Guse klärt auf.

Ein Beitrag von Christian Guse, Inhaber der Anwaltskanzlei Guse

Kennen Sie das aus der bAV-Beratung? Ihr Kunde ist tarifvertragsgebunden. Zum Glück haben Sie sich vorher darüber informiert, was der Tarifvertrag ermöglicht und woran sich der Arbeitgeber mindestens halten muss. Außerdem wissen Sie, dass nach § 1a Abs. 1a Betriebsrentengesetz (BetrAVG) der Arbeitgeber mindestens 15% des Betrags der Entgeltumwandlung als Zuschuss zur Entgeltumwandlung leisten muss. Das steht so im Gesetz. Im Gesetz steht aber auch, dass in Tarifverträgen von der 15%-Regelung abgewichen werden kann (s. § 19 Abs. 1 BetrAVG). Das bedeutet, Tarifverträge können einen höheren Arbeitgeberzuschuss gewähren. Sie können aber auch gar keinen vorsehen. Was aber, wenn ein Tarifvertrag darüber nichts sagt?

Was sagt das Bundesarbeitsgericht?

Genau dazu hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) jetzt eine neue Entscheidung getroffen (BAG Urteil vom 20.08.2024, Az. 3 AZR 285/23). Anwendung fand der Tarifvertrag zur Altersversorgung zwischen dem Landesverband Niedersachsen und Bremen der Holz und Kunststoff verarbeitenden Industrie e. V. und der IG-Metall vom 09.12.2008. Der Tarifvertrag ermöglicht die Entgeltumwandlung und gewährt einen zusätzlichen Altersvorsorgegrundbetrag in Höhe des 25-Fachen des Facharbeiter-Ecklohnes.

Dazu sagt das BAG: In dieser Konstellation sind keine weiteren 15% Arbeitgeberzuschuss zu zahlen. Warum nicht? Die genauen Urteilsgründe liegen noch nicht vor, aber das BAG geht offensichtlich davon aus, dass sich in diesen Konstellationen die Tarifvertragsparteien darüber abschließende Gedanken gemacht haben, was der Arbeitgeber in die betriebliche Altersversorgung investieren soll. Und dieser Betrag war eben das 25-Fache des Facharbeiter-Ecklohnes und nicht noch zusätzliche 15% Arbeitgeberzuschuss. Dies gilt laut BAG auch für Tarifverträge, die bereits vor Einführung der 15% Arbeitgeberzuschusspflicht im Jahr 2018 abgeschlossen wurden.

Kann das Urteil auf vergleichbare Situationen übertragen werden?

Zunächst einmal kann das Urteil nur auf den oben schon erwähnten Tarifvertrag und die davon betroffenen Arbeitsverhältnisse angewandt werden. Mit einer vorschnellen Übertragung auf eventuell vergleichbare arbeitsrechtliche Situationen bzw. tarifvertragliche Regelungen ist Vorsicht geboten, denn geringfügig andere Sachverhalte kann das BAG auch anders entscheiden. Es scheint aber eine dahingehende Tendenz des BAG zu bestehen, dass immer dann, wenn ein Tarifvertrag neben der Entgeltumwandlung auch eine Arbeitgeberleistung bzw. einen Arbeitgeberzuschuss ermöglicht, viel dafürspricht, dass damit auch der gesetzliche Arbeitgeberzuschuss des § 1a Abs. 1a BetrAVG abgegolten sein soll. Ob sich dies so in der BAG-Rechtsprechung verfestigt, bleibt abzuwarten.

Was bedeutet das Urteil für Ihre Beratungspraxis?

Wie Ihnen so wird auch uns als Rechtsanwaltskanzlei für betriebliche Versorgung von tarifgebundenen Arbeitgebern die Frage gestellt, ob die 15% Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung der Beschäftigten zu zahlen sind. Als Kanzlei gehen wir dann wie folgt vor:

Wir schauen uns den einschlägigen Tarifvertrag an. Manche Tarifverträge nennen auch ausdrücklich einen Prozentbetrag, den der Arbeitgeber zur Entgeltumwandlung dazugeben muss. Enthält der Tarifvertrag aber keine Angabe zu irgendeiner Arbeitgeberleistung, dann klären wir darüber auf, dass eine endgültige Aussage nicht getroffen werden kann, wir würden aber zu einem 15%-igen Arbeitgeberzuschuss raten, weil der Arbeitgeber dann auf der „sicheren Seite“ ist.

Zuletzt stellen wir drei Fragen:

  • 1. Wie viele Beschäftigte hat der Betrieb? Bei klassischen sogenannten kleinen und mittleren Unternehmen sind es oft zwischen 15 und 150 Beschäftigte.
  • 2. Wie viele davon machen Entgeltumwandlung? Oft sind dies nur sehr wenige – selten mehr als 30% der Beschäftigten.
  • 3. Und in welcher durchschnittlichen Höhe wird die Entgeltumwandlung in Anspruch genommen? Selten wandelt eine Person mehr als 50 Euro um.
Was folgt daraus?

Die Frage des Arbeitgebers nach der 15% Zuschussverpflichtung des § 1a Abs. 1a BetrAVG dreht sich nominal oft um Beträge zwischen 37,50 Euro (bei 15 Beschäftigten, von denen fünf Beschäftigte Entgelt in Höhe von 50 Euro umwandeln) und 375,00 Euro (bei 150 Beschäftigten, von denen 50 Beschäftigte Entgelt in Höhe von 50 Euro umwandeln). Wenn wir als Kanzlei ihm das vor Augen führen, dann hat der Arbeitgeber in den allermeisten Fällen die sofortige Einsicht, dass es sich einfach nicht lohnt, hierfür in tarifvertraglichen bAV-Situationen ein Risiko einzugehen, die 15% Arbeitgeberzuschuss nicht zu zahlen. Sollte es dann in der Zukunft eine BAG-Entscheidung geben, die genau seinen Tarifvertrag oder genau seine tarifvertragliche Konstellation trifft, und sagt diese, er müsse den Zuschuss nicht zahlen, dann spielt ihm eine solche Entscheidung in die Karten, denn er kann zu seinen Beschäftigten sagen, dass er mehr gebe als er verpflichtet wäre. In Zeiten des Fachkräftemangels ein gutes Argument.

Über den Autor

Rechtsanwalt Christian Guse ist Inhaber der Rechtsanwaltskanzlei für betriebliche Versorgung. Die Datenbank der Kanzlei erfasst über 250 Tarifverträge für betriebliche Altersversorgung, deren Informationen als App zur Verfügung gestellt werden.

Bild: Foto oben: © hkama – stock.adobe.com; Porträtfoto: © Christian Guse

 
Ein Artikel von
Christian Guse