Interview mit Frank Leinemann, Vorstandsvorsitzender des Berufsbildungswerks der Bausparkassen e.V. (BWB)
Herr Leinemann, das Berufsbildungswerk der Bausparkassen gibt es jetzt seit 30 Jahren. Fast genauso lang sind Sie den Bausparkassen verbunden. Warum wurde es gegründet?
Anfang der 1990er-Jahre hatten die Bausparkassen durch Vertriebsaktivitäten in den neuen Bundesländern immer mal wieder mit negativen Schlagzeilen zu kämpfen. Bemängelt wurde, dass sich zu viele Seiteneinsteiger als Fachleute ausgaben, obwohl sie eigentlich keine waren. Die gute Arbeit, die in den Instituten geleistet wurde, rückte in den Hintergrund. Dem wollte man entgegensteuern.
Mit welchem Ziel?
Die Institute waren überzeugt: Wir brauchen ein „Gütesiegel“ für Bausparkassenvertreter, das der kritischen Haltung von Verbraucherschutzverbänden standhält und den zu erwartenden Zwängen einer EU-Regulierung gerecht wird.
Die Versicherungen hatten das gleiche Problem und bereits 1991 ein eigenes Berufsbildungswerk gegründet. Hätte man dort nicht Unterschlupf finden können?
Vermutlich ja. Und natürlich gab es eine Reihe von Berührungspunkten. Aber Bausparkassen sind nun einmal etwas Spezielles. Bausparkassen und Bausparer sind für einen jeweils begrenzten Zeitraum sowohl Darlehensnehmer wie Darlehensgeber. Sparen und Kredit werden auf einmalige Art miteinander verbunden. Deswegen entschied man sich für eine eigene Lösung.
Wie sah diese Lösung aus?
Beschlossen wurde die Idee zur Gründung Ende 1992. Dann ging es ans Werk. Es mussten gemeinsame Kriterien für die Qualifizierung des Außendiensts entwickelt werden. Wir brauchten ein Mindestanforderungsprofil und verbindliche Inhalte für die Prüfung. Eineinhalb Jahre später gab es dann das BWB. Sechs Monate danach fand die erste Prüfung zum „Bauspar- und Finanzierungsfachmann“ bzw. zur „Bauspar- und Finanzierungsfachfrau“ statt.
Wer neu dazukam, musste also die Prüfung ablegen?
Nicht nur die Neuen. Bei uns mussten sich auch die „alten Hasen“ der Prüfung stellen.
Und wie sieht Ihr Angebot heute aus, 30 Jahre später?
Wir haben aktuell zwei Online-Lern- und Testmodule: „BWB-Profi Bausparen und bausparnahe Finanzierungen“ und „BWB Immobiliardarlehensvermittlung“ für diejenigen, die sich der IHK-Sachkundeprüfung stellen müssen. Zusätzlich bieten wir ein zweitägiges Präsenzseminar „Qualitätsorientierte Beratung“ an.
Worin sehen Sie die Stärken des BWB?
Punkten können wir zweifellos mit unseren Fragepools. Unser Testsystem besteht aus mehreren Tests bzw. Testszenarien mit etwa 1.800 Fragen bei Bausparen und bausparnahen Finanzierungen und 1.000 Fragen bei der Immobiliardarlehensvermittlung – formuliert von unseren Fachautoren aus verschiedenen Bausparkassen, praxisorientiert und immer auf neuestem Stand.
Als sich die Bundesregierung seinerzeit mit der Umsetzung der EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie befasste, lieferte unser Standard die Benchmark für die Anforderungen. Darauf sind wir stolz. Unsere Basisqualifikation wird von den Bausparkassen um einen verkaufspraktischen Teil ergänzt. Auch das ist sicher ein Vorteil.
Ihr jüngstes Produkt ist eine Qualifizierung zum zertifizierten Modernisierungsberater …
Ja genau. Die Ausbildung zum zertifizierten Modernisierungsberater ist Anfang 2023 aus einer Kooperation mit dem Bundesverband Gebäudemodernisierung entstanden. Zielgruppen sind unter anderem Architekten, Bauingenieure, Energieberater, Handwerker, Hausverwalter sowie Bauspar- und Finanzierungsfachberater.
Wie wird man Modernisierungsberater?
Indem man sich an vier Tagen via Webinar mit bautechnischen und bauphysikalischen Wissensgrundlagen befasst. Der Modernisierungsberater soll dann ein Wohngebäude augenscheinlich in energetischer Hinsicht kompetent einschätzen und lohnende Energieeinsparmaßnahmen samt Fördertöpfen vorschlagen können.
Sie sagten, 1994 gab es die ersten Bauspar- und Finanzierungsfachmänner und -fachfrauen. Wie viele haben seitdem die Ausbildung durchlaufen?
Seit 1994 bis 2003 haben sich jedes Jahr rund 1.000 Damen und Herren erfolgreich qualifiziert. Also insgesamt 29.000. Die Marke von 30.000 dürften wir im Jubiläumsjahr knacken.
Was steht bei Ihnen in diesem Jahr auf der Agenda?
Das Lernen hat sich mit der Pandemie stark verändert. Vordringlich wollen wir unsere Lernplattform modernisieren und künftig KI-gestütztes adaptives Lernen ermöglichen. Eine Daueraufgabe bleibt die Aktualisierung unserer Fragepools und die Bedienung neuer Themen wie Gebäudeenergieeffizienz, Green Finance und Nachhaltigkeit.
Zur Person
Frank Leinemann war von 1998 bis 2021 Vorstand der SIGNAL IDUNA Bauspar AG und von 2003 bis 2021 Geschäftsführer der SIGNAL IDUNA Asset Management GmbH. Seit 2010 ist er Vorstand und seit dem Jahr 2022 auch Geschäftsführer des Berufsbildungswerks der Bausparkassen.
Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 03/2024 und in unserem ePaper.
Bild: © Frank Leinemann, BWB
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