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Steuern & Recht
21. Juni 2024
Aushändigung eines Sparbuchs genügt für wirksame Schenkung

Aushändigung eines Sparbuchs genügt für wirksame Schenkung

Reicht es für eine wirksame Schenkung eines oder mehrerer Sparbücher aus, diese einfach einer Person auszuhändigen? Oder bedarf es hierfür unter Einbezug der Bank einer Vereinbarung? Diese Fragen hatte das Landgericht Koblenz zu beantworten.

In einem besonderen Fall ging es vor dem Landgericht Koblenz (LG) um die wirksame Schenkung von zwei Sparbüchern. Eine Frau hatte zwei Sparbücher in ihrem Besitz, die zu Sparkonten ihres mittlerweile verstorbenen Bruders bei einer Bank gehören. Entsprechende Abtretungserklärungen betreffend das auf den Sparkonten vorhandene Guthaben in Höhe von knapp über 92.000 Euro lagen bei der Bank nicht vor. Eine Schenkung wurde auch nicht notariell beurkundet.

Ein Testamentsvollstrecker, der für den Nachlass des verstorbenen Bruders beauftragt wurde, forderte von der Frau die Herausgabe der beiden Sparbücher an ihn. Er vertrat die Auffassung, dass die Sparforderungen mangels Abtretung dem Nachlass zuzuordnen seien. Eine Schenkung sei seiner Meinung nach schon deshalb auszuschließen, weil die Frau unstrittig keine Schenkungssteuer gezahlt habe. Er verklagte die Schwester des Verstorbenen.

Diese behauptete, der Erblasser habe ihr die beiden Sparbücher im Mai 2019 übergeben und die Einlagenforderung durch Abtretung auf sie übertragen. Bei Übergabe der Sparbücher habe der Bruder ihr gegenüber erklärt, sie könne über das vorhandene Guthaben verfügen. Insofern habe es sich um eine Schenkung gehandelt.

Ihrer Argumentation folgte dann auch das LG. Das Gericht wies die Klage ab, weil die Sparbücher und die sich daraus ergebenden Sparguthaben durch Schenkung in das Eigentum der Beklagten übergegangen seien.

Vollzug der Schenkung benötigt konkludente Abtretungsvereinbarung

Wie das Gericht erklärt, müsse, wer das Guthaben aus einem Sparbuch an einen Dritten übertragen möchte, eine Abtretung der Forderung gegen die Bank mit dem Dritten vereinbaren. Der Vollzug einer Schenkung erfordere bei einem Sparbuch mithin grundsätzlich eine Abtretungsvereinbarung zwischen dem Schenker und der beschenkten Person.

Eine solche Abtretungsvereinbarung könne sowohl ausdrücklich als auch konkludent getroffen werden. Wer ein auf seinen Namen ausgestelltes Sparbuch an einen anderen mit dem Willen „Das darfst Du behalten“ übergebe, verbinde damit die Vorstellung, dass damit alles geregelt sei. Die Rechtsprechung nehme daher in bestimmten Fällen an, dass mit der Übergabe eines Sparbuches eine konkludente (stillschweigende) Abtretungsvereinbarung zugunsten des Beschenkten in Betracht komme, so dass die Schenkung mit der Übergabe des Sparbuchs vollzogen sei.

Einzelfall gilt jeweils zu prüfen

Die Richter gaben aber auch an, dass es auf den Einzelfall ankäme, auch wenn die Übergabe eines Sparbuchs in der allgemeinen Rechtsprechung als ein wesentlicher Anhaltspunkt für die Abtretung der Forderung gelte.

In dem genannten Fall kam es auch darauf an, dass Bruder und Schwester ein sehr inniges Verhältnis gepflegt hatten und er sie mit der Schenkung der Sparbücher finanziell fürs Alter absichern wollte. Das war umso glaubhafter, da sie ihre Interessen oftmals zugunsten des Bruders hintenan gestellt hatte.

Das Gericht ging auch noch auf die fehlende Bezahlung der Schenkungssteuer ein. Die fehlende Anzeige einer entsprechenden Schenkung gegenüber dem Finanzamt könne vielerlei Gründe haben, so das Gericht. Sie lasse jedoch keine belastbaren Rückschlüsse darauf zu, dass die Beklagte eine Schenkung nur erfunden habe. Die steuerrechtlichen Folgen möge sie zu tragen haben, diese ständen jedoch der Schenkung als solcher nicht entgegen.

Was in der Praxis beachtet werden sollten

Der Fachanwalt für Erbrecht, Mathias Nittel, ordnet das Urteil für Verbraucher ein. „Diese Entscheidung verdeutlicht, dass die Schenkung von Sparbüchern auch ohne notarielle Beurkundung und formelle Abtretungserklärungen wirksam sein kann, wenn eine konkludente Abtretungsvereinbarung vorliegt. Verbraucher sollten sich jedoch darüber im Klaren sein, dass die genauen Umstände und Beweise entscheidend sind.“

Nittel rät Personen in ähnlicher Lage, sich rechtzeitig rechtlich beraten zu lassen und alle relevanten Unterlagen sorgfältig aufzubewahren. Insbesondere sollten bei Schenkungen von bedeutenden Vermögenswerten klare Absprachen getroffen und, wenn möglich, schriftlich festgehalten bzw. die Schenkung notariell beurkundet werden.

LG Koblenz, Urteil vom 14.03.2024 – Az. 3 O 457/23)

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