Werden Sie denn auch von Aufkäufern angesprochen?
Meinen Sie nicht, dass diese Frage zu indiskret ist, oder gehört es heutzutage schon zum guten Ton, von sich zu behaupten, man werde von Aufkäufern angesprochen? Ich weiß nur, dass diejenigen Makler, die dem Aufkäufer antworten, relativ zügig eine Verschwiegenheitserklärung unterzeichnen müssen. Ich darf Ihnen verraten, dass ich bisher keine Verschwiegenheitserklärung unterzeichnet habe.
Wie beobachten Sie denn den aktuellen Maklermarkt? Und was sind neben der Konsolidierung weitere Challenges?
Die weiteren Herausforderungen im Maklermarkt sehe ich in der Fokussierung auf bestimmte Zielkunden und in der Digitalisierung der Betriebe, also weg vom „Papiermakler“, hin zum „Digitalmakler“. Damit erreicht man eine Steigerung der Effizienz seines Betriebes und sichert durch beide strategischen Stoßrichtungen die Zukunftsfähigkeit seines Unternehmens. Leider ist die Branche im Bemühen um die Digitalisierung unseres Geschäftsmodells viel zu langsam. Ich bemühe mich auf verschiedenen Ebenen, den Maklermarkt an diesem Punkt weiterzuentwickeln. Nicht zuletzt aus Gründen des Fachkräftemangels werden wir in wenigen Jahren keine Mitarbeiter mehr damit beschäftigen können, digitale Akten händisch mit Daten zu bestücken. Das sollte heute schon vollautomatisch funktionieren.
Ein Datensatz, der – sei es beim Makler oder beim Versicherer – erfasst wird, muss vollautomatisch den am Geschäftsprozess beteiligten Stakeholdern via Schnittstelle übermittelt werden. Zwischen MVP-Herstellern und Vergleichern gelingt dieser Ansatz heute bereits. Warum Versicherer oftmals keine Nettodaten in den 430er-BiPRO-Normen mit übermitteln, bleibt für O mich ein ungelüftetes Geheimnis der deutschen Versicherungswirtschaft. Ob man dort glaubt, dass wir große Freude am Abschreiben von Policen und Nachträgen haben, kann nur gemutmaßt werden. Mit Datensatzpflege anstelle von Kundengesprächen den Berufsalltag im Maklerhaus zu verbringen, muss endlich der Vergangenheit angehören. Hier brauchen wir Tempo. Da sind wir uns im Markt weitestgehend einig, zum Beispiel im BiPRO-Beirat, den ich als stellvertretender Vorsitzender seit seiner Gründung im Jahr 2013 leiten darf. Die Verbände machen diesbezüglich zum Glück Druck auf Ebene von BiPRO und wo immer dieses Thema in der Branche von Maklern gestresst wird.
Die Provisionsvergütung bleibt ein großes Thema. Glauben Sie noch daran, dass die Courtage bzw. die Provision dauerhaft bestehen bleibt?
Selbstverständlich gehe ich davon aus, dass die Courtage bzw. die Provision die Leitvergütungen im Vermittlermarkt bleiben werden. Wirtschaftlich betrachtet haben sich diese Vergütungsformen eindeutig durchgesetzt. Ansonsten gäbe es, insbesondere im Maklermarkt, in dem die rechtlichen Voraussetzungen für die Honorarbezahlung bereits vor vielen Jahren geschaffen worden sind, höhere Marktanteile des Geschäfts, in dem die Maklerdienstleistung über Honorar vergütet würde. Die Marktverhältnisse sprechen hier eine klare Sprache.
Die Gefahr lauert in dieser Frage auf der politischen Ebene. Dogmatiker, die man dem eher linken Spektrum zuordnen darf, bringen die Bezahlung über Honorar immer wieder ins Gespräch und vermitteln der Öffentlichkeit den Eindruck, dass Interessenkonflikte und Missbrauchssituationen von Courtage und Provision damit vermieden werden können. Gleichzeitig wird verschwiegen, dass auch bei einer Honorarbezahlung Interessenkonflikte bestehen können und missbräuchliche Abrechnungen möglich sind. Unlauteres Verhalten dem Kunden gegenüber führt immer zu Reputationsverlusten und hat nichts mit der Form der Vergütung zu tun.
Ich wünsche mir, dass es der Branche, allen voran den Verbänden, gelingt, die Politik davon zu überzeugen, dass wir einen gut funktionierenden Markt haben, in dem man auf den großen Eingriff in der Vergütungsfrage verzichten sollte. Machen wir uns ehrlich: Käme es sowohl in Leben wie auch in Kranken und vor allem in Komposit zu einem Courtageverbot für Makler, dann bliebe kein Stein mehr auf dem anderen stehen und wir würden disruptive Veränderungen im Markt sehen.
Aktuell ist es die EU-Kleinanlegerstrategie, die die Branche umtreibt und die Diskussion, ob nun ein Provisionsverbot für Versicherungsmakler bei der Vermittlung von Fondspolicen im Entwurf der Richtlinie enthalten ist oder nicht. Können die Verbände nicht einfach eine Klarstellung bei der EU-Kommission einholen? Oder ist das zu naiv gedacht?
Ja, das ist – mit Verlaub – etwas zu naiv gedacht. Aber nichtsdestotrotz existieren Auslegungshinweise zur EU-Kleinanlegerstrategie, die den Verbänden hier weiterhelfen können. Wie Sie wissen, verantworte ich als Präsidiumsmitglied beim BVK das Lobbying der Branche ein Stück weit mit, insbesondere auch auf europäischer Ebene. Der Gesetzgebungsprozess auf EU-Ebene ist zu komplex, als dass man kurzerhand eine Klärung einholen könnte. Außerdem ist die EU-Kleinanlegerstrategie derzeit sozusagen im Fluss, weil sie zwischen der EU-Kommission, dem Europäischen Parlament und dem Ministerrat noch in den sogenannten Trilog-Gesprächen abgestimmt wird. Und das kann bis zu einem Jahr dauern. Da kann man nicht einfach fragen: Wie habt ihr das gemeint?
Seite 1 Andreas Vollmer: „Weg vom ‚Papiermakler‘, hin zum ‚Digitalmakler‘“
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Seite 3 Sind Sie denn trotz aller Herausforderungen optimistisch für den Berufsstand Versicherungsmakler?
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