Ein Artikel von Andreas Herber, Maklerreferent Komposit bei der INTER Versicherungsgruppe
Je nach Fachrichtung haben Ärzte aufgrund ihrer Tätigkeit oft ein sehr hohes Haftungsrisiko. Berufliche und private Risiken zu trennen, ist in dieser Zielgruppe fast unmöglich. Besonders wichtig ist daher neben einer Berufshaftpflichtversicherung die Absicherung gegen Arbeits- und Berufsunfähigkeit, da der Arztberuf hohe körperliche und psychische Anforderungen mit sich bringt.
Bei der Beratung sollten Vermittler zudem auf die unterschiedlichen Einkommensstrukturen von Ärzten achten, sei es als Angestellter, niedergelassener Arzt oder Praxisinhaber. Auch innerhalb der unterschiedlichen Fachrichtungen, etwa als Spezialist auf seinem Gebiet, gibt es enorme Einkommensunterschiede. Es geht immer darum, eine individuelle Lösung anzubieten, die zu den jeweiligen beruflichen und finanziellen Gegebenheiten passt. Eine ganzheitliche Beratung ist unerlässlich, um den speziellen Anforderungen dieses Berufszweigs gerecht zu werden.
Zeit ist Geld
Ein weiterer, ebenso wichtiger Aspekt: Ärzte haben keine Zeit. Wo andere Kunden es sehr schätzen, wenn sich der Berater viel Zeit nimmt, ist der Arzt im Stress und möchte, dass so wenig wie möglich seiner Praxiszeit für administrative Dinge verbraucht wird. Er vertraut auf die Kompetenz des Beraters und ist schnell enttäuscht, wenn er ohne schlüssiges Konzept angesprochen wird. Makler sollten also eher in Lösungen denken als in Einzelbedürfnissen. Das Wissen über die berufsspezifischen Herausforderungen wird vorausgesetzt. Denn welcher Arzt hat die Zeit, sich im hektischen Arbeitsalltag Gedanken über die konkrete Abdeckung durch eine Versicherung zu machen? Oder von welchen Risiken er im Praxisalltag überhaupt betroffen ist. Für ihn zählt der Schadenfall und dann muss es schnell gehen. Da sind in erster Linie Sie als der kompetente Ansprechpartner gefragt.
Die Risiken als Unternehmer
In Zusammenhang mit der Selbstständigkeit und der gewählten Praxisform sind verschiedene unternehmerische Risiken zu betrachten und möglichst abzusichern. Gerade Ärzte sehen sich allerdings nicht unbedingt als Unternehmer. Und welche Auswirkungen der Ausfall von Gerätschaften hat oder wie hoch die Einkommensausfälle sind, wenn in der Praxis nicht gearbeitet werden kann, das wissen die wenigsten Praxisinhaber. Dazu kommen Themen wie Miete, Leasing oder Kauf technischer Ausrüstung, Kredite für Abstandszahlungen bei einer Praxisübernahme oder das Risiko einer Cyberattacke. Und schließlich noch die Auswirkungen und Probleme, die durch Behandlungsfehler entstehen können. Dies erfordert umfassendes Wissen in der Kundenberatung im Kontext der Karriere- und Lebensplanung eines Arztes.
Praxisausfall durch Krankheit und Unfall
Wenn der Praxisinhaber durch Krankheit oder Unfall für längere Zeit ausfällt, steht der Praxisbetrieb still und die Einnahmen bleiben aus. Die laufenden Praxiskosten wie Miete, Gehälter oder Finanzierungen fallen jedoch weiterhin an und werden in der Regel nicht durch eine Krankentagegeldversicherung abgedeckt. Hier greift die Praxisausfallversicherung ein. Sie übernimmt die fortlaufenden Kosten und den entgangenen Gewinn.
Praxistipp
Als Makler sollte man auf eine optimale Abstimmung mit der Krankentagegeldversicherung achten und einen weitreichenden Verzicht auf das Kündigungsrecht des Versicherers vereinbaren.
Praxisunterbrechung durch Sachgefahren
Sachgefahren wie Feuer, Leitungswasser, Sturm, Hagel oder auch Einbruch und Vandalismus können eine Arztpraxis ebenso unvorhergesehen lahmlegen wie jedes andere Unternehmen. Doch die finanziellen Auswirkungen treffen Ärzte als selbstständige Einzelunternehmer meist noch härter, insbesondere wenn eine Praxis von gewissen Räumlichkeiten wie z. B. dem Sterilraum beim Zahnarzt abhängt. Ein Beispiel: Eine Zahnarztpraxis mit vier Behandlungsräumen erzielt jährlich einen Umsatz von 500.000 Euro. Aufgrund einer nächtlichen Überspannung eines eingeschalteten Staubsaugers entsteht ein Brand, der das Inventar beschädigt. Zwei der vier Behandlungsräume sind für mehrere Monate nicht nutzbar. Die daraus resultierenden Umsatzeinbußen belaufen sich auf 104.000 Euro. Schutz bietet hier die Betriebsunterbrechungsversicherung, die entweder als Zusatz zur Betriebsinhaltsversicherung oder als eigenständige Police abgeschlossen werden kann.
Für die meisten Arztpraxen liegt der Rohertrag deutlich über dem Wert der Praxiseinrichtung. Besonders wichtig bei der Betriebsunterbrechungsversicherung ist daher die Wahl einer angemessenen Versicherungssumme. Um auch langwierige Schäden vollständig abzudecken, sollte die Versicherungssumme stets dem Rohertrag entsprechen. Als Faustregel gilt hier ein Wert von 80% des Jahresumsatzes (Umsatz minus Wareneinsatz = BU-Summe).
Praxistipp
Bei der Festlegung der Versicherungssumme ist auf den vollen Rohertrag zu achten und sicherzustellen, dass der Versicherungsschutz auch erweiterte Elementargefahren abdeckt.
Rohrbruch, Diebstahl, Kaffee im Ultraschall: Praxisinhalts- und Elektronikversicherung
Die Praxisinhaltsversicherung ist für Praxischefs sinnbildlich die „Hausratversicherung“ für die Praxis. Beispiele aus dem Praxisalltag zeigen, wie ein vermeintlich kleiner Defekt zu hohen Kosten führen kann:
- Ein Zirkonofen im Dentaleigenlabor überhitzt infolge der defekten automatischen Abschaltung und wird zerstört. Die Schadensumme beläuft sich auf rund 8.000 Euro.
- Ob durch Blitz oder einen technischen Defekt – eine Überspannung zerstört die gesamte Praxis-EDV, die Telefonanlage, Ultraschallgeräte sowie die OP-Einrichtung. Die Schadenhöhe beträgt rund 125.000 Euro – ohne Wiederherstellung der Software und Einspielen der Datensicherungen.
Schon kleine Missgeschicke oder Bedienfehler der Praxisangestellten können folgenreiche und kostspielige Schäden an der Praxis-Elektronik verursachen. Diese deckt die Elektronikversicherung ab. Darüber hinaus lohnt es sich, auch weitere Risiken wie Diebstahl, Überspannung, Induktion und Kurzschluss etc. bei Abschluss der Police auf dem Schirm zu haben. Denn nur wenn man diese Risiken mit eingeschlossen hat, ist Ihr Kunde auch beim Ausfall einzelner medizintechnischer Geräte auf der sicheren Seite.
Praxistipp
Gefährliche Deckungslücken lassen sich vermeiden, indem der klassische Schutz der Inhaltsversicherung um eine spezielle Elektronikversicherung inklusive Medizingeräte ergänzt wird. Diese bietet gezielten Schutz für empfindliche und teure Geräte, die in der Praxis unerlässlich sind.
Fazit
Für Makler gilt es, einen ganzheitlichen Beratungsansatz zu wählen, der die Praxis mit allen Risiken auf den Policen-Prüfstand stellt. Vor Ort empfiehlt es sich, kompakt, strukturiert und individuell zu beleuchten, welche Versicherungen man anbieten sollte. Der wichtigste Aspekt dabei ist, durch die Kombination der richtigen Versicherungen eine umfassende finanzielle Absicherung zu garantieren. Das ist der Bereich, in dem Makler als Experten mit ihrer Kompetenz punkten.
Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 12/2024 und in unserem ePaper.
Bild: © Termux – stock.adobe.com
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