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23. November 2024
100 Tage im Amt: Interview mit Dr. Philipp Lechner
100 Tage im Amt: Interview mit Dr. Philipp Lechner

100 Tage im Amt: Interview mit Dr. Philipp Lechner

Seit dem Sommer ist Dr. Philipp Lechner Vorstandsmitglied beim Badischen Gemeinde-Versicherungs-Verbands sowie der BGV-Versicherung AG. Was hat er sich für seine Zeit im Amt vorgenommen? Wo sieht er die Zukunft des Vertriebs? Und wie geht der Versicherer mit dem Fachkräftemangel um?

Interview Dr. Philipp Lechner, Vorstandsmitglied Badischer Gemeinde-Versicherungs-Verband und BGV-Versicherung AG
Herr Dr. Lechner, zum Zeitpunkt des Interviews sind Sie fast 100 Tage im Amt als Vorstandsmitglied des Versicherungskonzerns BGV Badische Versicherungen. Vorher haben Sie zuletzt den Exklusivvertrieb bei der Nürnberger geleitet. Haben Sie sich bereits in Karlsruhe eingelebt und wie haben Sie die ersten Monate beim BGV erlebt?

Ich habe mich sehr gut eingelebt. Baden ist eine großartige Region mit vielen unterschiedlichen Gesichtern – ich hatte die Gelegenheit, in den ersten Wochen in jede Ecke zu reisen und einige unserer Vertriebspartner vor Ort zu besuchen. Im BGV selbst konnte ich nicht nur meine Kernbereiche kennenlernen, sondern tatsächlich alle Ressorts im Haus. Man nimmt sich hier viel Zeit für eine umfassende Einarbeitung, und das schätze ich sehr.

Was fasziniert Sie an der Versicherungsbranche? Warum haben Sie sich für diesen Weg entschieden?

Sie bietet wie kaum eine andere Branche eine große Vielseitigkeit an Themen. Zudem hat sie eine hohe gesellschaftliche Relevanz: Viele Menschen kennen ihre Risiken gar nicht oder nur unzureichend. Hier haben wir die Aufgabe, aufzuklären und zu beraten. Darüber hinaus finde ich die Herausforderungen spannend, vor denen die Branche steht: Fachkräftemangel, Nachwuchsmangel, Regulierungsdruck, Imageprobleme, Digitalisierungsstau oder Kundenerwartungen. Da sind andere Branchen teilweise viel weiter. Für mich ist es ein Privileg, an der Lösung dieser Themen mitwirken zu können.

Sie werden sich beim BGV unter anderem dem Privat- und Firmenkundenvertrieb widmen sowie für die Abteilungsdirektion Kundenservice verantwortlich sein. Was ist Ihre Vision für die Stelle und wie planen Sie diese im Unternehmen einzubringen?

Mein Fokus liegt auf dem Ausbau einer ganzheitlichen Kundenberatung. Der BGV als Schaden- und Unfallversicherer kann weit mehr als Kfz! Wir haben ein breites Produktportfolio im Kompositbereich, sowohl für Privat- als auch für Firmenkunden. Zudem wird es darum gehen, unser Leistungsniveau mit vertrieblichem und fachlichem Know-how-Transfer sowie Vertriebssupport noch weiter auszubauen. Und auch im Kundenservice leisten wir beim BGV aus meiner Sicht bereits erstklassige Arbeit. Mein Ziel ist, das positive Kundenerlebnis im Servicemoment zum Einzelvorgang noch deutlich vertriebsorientierter zu nutzen.

Wo sehen Sie die Schwerpunkte für Ihre neue Tätigkeit? Was muss zuerst angepackt werden?

Ich bin ein absoluter Fan von konkreten Zielen, die ich mir definitiv setzen werde. Aber das kommt dann, wenn ich vollständig im Unternehmen angekommen bin und das Haus ein großes Stück mehr verstanden habe. Im Vorstandsteam gilt es, mit meinen Kollegen Matthias Kreibich und Jürgen Schmitz der bis dato gültigen Konzernstrategie 2025 ein Update zu geben. Eines ist aber schon klar: Unsere Strategie wird weiter auf unsere bisherigen Stärken wie regionale Präsenz und Verbundenheit setzen und wird eher eine Evolution anstatt einer Revolution sein. Das heißt aber nicht, dass wir nicht auch in und außerhalb von Baden Neues wagen werden!

Gerade der Vertrieb hat mit der Ankunft der Digitalisierung eine Revolution erlebt und durchlebt sie immer noch. Wie sehen Sie den Vertrieb der Zukunft? Gibt es überhaupt noch die Notwendigkeit für den persönlichen Vertrieb?

Definitiv ja! Empathie lässt sich nicht digitalisieren. Kunden benötigen Vertrauen, gerade beim Thema Versicherungen. Gleichzeitig kann uns die Digitalisierung insbesondere beim Abschluss von weniger erklärungsbedürftigen Produkten oder zum Beispiel beim Vertriebssupport helfen. Bei komplexeren, beratungsintensiven Produkten wird der persönliche Berater aber auch in den kommenden Jahren DER Ansprechpartner sein.

Sehen Sie hier Unterschiede in den verschiedenen Sparten?

Hier gibt es natürlich Unterschiede. Im Privatkundenbereich eignen sich zum Beispiel die Kfz- oder die Privathaftpflichtversicherung, wie gerade bereits ausgeführt, für den digitalen Weg – andere, beratungsintensivere Sparten wie die Unfallversicherung eher nicht. Hier muss vor allem auch der Risikobedarf in vielen Fällen erst aufgezeigt werden. Und der Firmenbereich ist ohnehin meist individuell und beratungsintensiv.

Wie kombiniert der BGV digitale und persönliche Kommunikation? Wo setzt das Unternehmen auf Automatisierung, wo mehr auf den Faktor Mensch?

Das Thema Vertrauen ist uns wichtig. Deshalb legen wir den Fokus im Kontakt zu unseren Kunden und insbesondere mit unseren Vertriebspartnern ganz klar auf persönliche Ansprechpartner. Im betrieblichen Kontext und im Backoffice setzen wir auf schlanke, digitale Prozesse und Dunkelverarbeitung.

Wo sehen Sie hier im Rahmen dieser Transformation die Chancen und auf der anderen Seite die Herausforderungen? Und wie unterstützt der BGV Makler in ihrer Arbeit?

Der Versicherungsmarkt ist wahnsinnig transparent – Anbieter und deren Produkte sind aus Kundensicht einfach austauschbar. Wir setzen auf die Stärke des persönlichen Kontakts, auch und gerade zu unseren Maklern. Natürlich haben wir Produkte von der Stange und müssen unsere Prozesse kosteneffektiv gestalten, aber aufgrund unserer Größe sind wir in der Lage, passgenaue Lösungen gemeinsam mit unserem Vertriebspartner zu schaffen.

Wie gehen Sie beim BGV mit dem Fachkräftemangel um? Bei welchen Berufsbildern ist Ihr Unternehmen besonders betroffen und wie wirken Sie dem entgegen?

Der Fachkräftemangel ist ein zentrales Thema der ganzen Branche. Die deutsche Versicherungsbranche steht im Beliebtheitsranking nun mal nicht ganz oben, und ehrlich gesagt ist das insbesondere im Vertrieb auch ein großes Stück zu Recht. Genau das ist auch unser Ansatzpunkt: Wir müssen zeigen, welche Bedeutung und Gesellschaftsrelevanz die Versicherungsbranche – respektive der Versicherungsvertrieb – hat und welche Chancen sie bietet. Für unseren Vertrieb in Baden haben wir ein in meinen Augen perfektes Karrieremodell mit unterschiedlichsten Möglichkeiten: vom nebenberuflichen Vertriebspartnern über angestellte Vertriebspartner bis zum selbstständigen Vermittler. Und natürlich bilden wir auch selbst aus.

Der BGV ist auch als Sponsor und Jurymitglied beim Jungmakler Award involviert. Was macht den Jungmakler Award für Ihr Unternehmen attraktiv?

Wir sind ja selbst ein noch recht junger Maklerversicherer und sehen uns im Vergleich mit anderen Häusern eher als Schnellboot denn als Dampfer. Der Jungmakler Award ist eine große Chance, uns über die badischen Grenzen hinaus in einzelnen Geschäftsfeldern zu positionieren. Ich bin selbst ja auch ein relativ junger Vertriebsvorstand, sodass ich behaupten würde, einen sehr guten Draht zu dieser Zielgruppe zu haben.

Im Gegenzug – wie stellen Sie sicher, dass Sie in der Gunst der Makler gut dastehen?

Wir haben mit unserem Makler-Service-Center eine starke Supporteinheit speziell für unsere Makler, bei der sie immer einen persönlichen Ansprechpartner an ihrer Seite haben. Mit dieser Betreuung bieten wir einen absoluten Mehrwert. Darüber hinaus haben wir ein klares Profil: Wir sind spezialisiert auf die Sparten Sach-, Haftpflicht- und Unfallversicherung für kleine und mittelständische Unternehmen, insbesondere für die Hotel- und Gastronomiebranche, für Handelsbetriebe und das Handwerk, beispielsweise Elektroinstallateure, sowie für Vereine. Hier wollen wir gemeinsam mit ambitionierten Maklern als Partner an unserer Seite wachsen.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 11/2024 und in unserem ePaper.

Bild: © Dr. Philipp Lechner, Badischer Gemeinde-Versicherungs-Verband/BGV-Versicherung AG

 
Ein Interview mit
Dr. Philipp Lechner