Interview mit Frank Leitgeb, Leiter dezentraler Vertrieb, und Stephanie Richter, Spezialvertrieb, bei der Lebensversicherung von 1871 a. G. München (LV 1871)
Welche wesentlichen Veränderungstreiber prägen die Versicherungsbranche?
Frank Leitgeb Die ganze Branche hat einen unwahrscheinlichen Digitalisierungsschub erlebt. Insbesondere das durch die Corona-Zeit veränderte Kundenverhalten hat für die Beratung der Makler weitreichende Veränderungen mit sich gebracht. Digitale Beratung und Online-Kommunikation mit dem Kunden hielten Einzug in den Beratungsalltag. Die Digitalisierung ist nach wie vor Taktgeber.
Das zeigt sich insbesondere in der rasant steigenden Bedeutung von Prozessanforderungen, aber auch dem veränderten Bedürfnis, sich Informationen bevorzugt auf digitalen Wegen zu holen. Die Arbeitsweise der meisten Makler hat sich schneller verändert als erwartet, was der Branche sichtlich guttut. Und: Das Lebensversicherungs- und Maklergeschäft wächst entgegen allen Unkenrufen. Denn: Themen wie Absichern und Vorsorgen bleiben komplex und beratungsintensiv.
Stephanie Richter Ein weiterer wichtiger Einflussfaktor ist die anhaltende Konsolidierung, die allerdings aktuell nicht dazu führt, dass wir weniger Komplexität im Markt sehen. Im Gegenteil.
Wie beeinflussen diese Veränderungen die strategische Ausrichtung und operative Tätigkeit der LV 1871?
SR Wir denken konsequent vom Geschäftspartner aus. So wollen wir herausfinden, was er benötigt und auf welche Weise und mit welchem Ansprechpartner wir den Anforderungen am besten gerecht werden. Das gilt für Produkte, Services und die Betreuungsform, wie wir auf den Makler zugehen.
FL Damit verfolgt die LV 1871 einen themengetriebenen, potenzialorientierten und zugleich zielgruppengerechten Ansatz. Statt auf Silos setzen wir auf integrative Zusammenarbeit. Daran messen wir unseren Vertrieb fortlaufend und schaffen neue Angebote, um gemeinsam besser zu werden.
Wie hat sich die Vertriebsaufstellung in den letzten Jahren anpassen müssen und welche Strukturen schafft die LV 1871, um erfolgreich zu bleiben?
FL Wir richten unseren Vertrieb konsequent auf vertriebliche Wertschöpfung aus und reagieren situativ mit der jeweils besten Antwort bzw. dem besten Service auf die Bedürfnisse des Vermittlers. Um das zu ermöglichen, haben wir beispielsweise unsere zentrale Servicenummer -1871 so eingerichtet, dass der Geschäftspartner mit all seinen Anliegen an die richtige Stelle und den richtigen Experten im Unternehmen geroutet wird.
SR Dabei ist unser Vertrieb als nach allen Seiten offenes System aufgestellt. Uns ist es egal, ob ein Makler ungebunden ist oder sich an einen Pool gebunden hat. Wir gehen individuell auf jeden Geschäftspartner ein und schauen, was er von uns braucht, damit er seine Potenziale nutzen kann. Welche Hilfestellungen können wir geben? Ist es ein Vertriebskonzept? Ist es nur das Produkt? Was auch immer es ist, wir reagieren flexibel auf die jeweilige Anforderung, sofern es für beide Seiten wirtschaftlich ist. Das verstehen wir als Grundlage einer Partnerschaft auf Augenhöhe.
Welche Auswirkungen hat die neue Vertriebsaufstellung auf die Zusammenarbeit mit den Geschäftspartnern?
FL Durch die vertriebliche Fokussierung sind wir näher dran an den für uns relevanten Potenzialen. Dabei geht es nicht darum, die Makler in einem reinen Dienstleisterverhältnis nach deren Wünschen zu versorgen. Partnerschaftlichkeit bedeutet für uns, dass wir gemeinsam mit dem Makler Potenziale identifizieren und heben. Deshalb prüfen wir gemeinsam, ob eine Partnerschaft tragfähig ist und wie sie zum Vorteil aller ausgebaut werden kann. Dabei bleibt letztlich natürlich immer auch der Kundennutzen im Fokus.
Wie haben sich dadurch die Rolle und das Selbstverständnis eines Maklerbetreuers geändert?
FL Eine Maklerbetreuung nach Postleitzahlen oder Vertriebswegeclustern macht aus unserer Sicht einfach keinen Sinn mehr. Es kann unmöglich eine Person Ansprechpartner für alle Themen und Anliegen sein; zudem gleicht auch keine Geschäftsverbindung der anderen. Der Maklerbetreuer als Problemlöser hat in meinen Augen keine Zukunft. Die Probleme müssen da gelöst werden, wo sie entstehen. Wir brauchen Vertriebsmanager, die die Geschäftsmodelle unserer Partner verstehen und die Zusammenarbeit im besten Sinne aktiv und vertrauensvoll managen.
Wie geht die LV 1871 mit der Komplexität der Geschäftsmodelle der Geschäftspartner um?
FL Die Komplexität vieler Geschäftsmodelle stellt die gesamte Branche vor Herausforderungen. Dazu zählt in meinen Augen auch die zunehmende Vermischung von Geschäftsmodellen, die früher klar getrennt waren, wenn beispielsweise Banken die Technik von Pools nutzen. Aber auch die Wechselwirkungen von Entscheidungen sind heute deutlich ausgeprägter als früher, weil die Transparenz gestiegen ist. Eine möglichst gute Wissensbasis und daraus individuell abgeleitete Konzepte sind unser Ansatz, die Komplexität beherrschbarer zu machen.
SR Im Spezialvertrieb beschäftigt uns beispielsweise die Frage, wie die hochkomplexen und dynamischen Geschäftsmodelle der Pools bestmöglich mit den Interessen der daran angebundenen Makler und uns als Versicherer abgeglichen werden können. Da darf es kein Dogma geben, denn auch hier gilt: Pool ist nicht gleich Pool. Überhaupt ist eine Kategorisierung nach übergeordneten Kriterien nahezu unmöglich geworden. Dem tragen wir durch unsere angesprochene offene Architektur im Vertrieb Rechnung, die starre Cluster vermeidet.
Welche Vorteile bietet ein mittelständischer Versicherer wie die LV 1871 den Geschäftspartnern im Vergleich zu großen Versicherungskonzernen?
FL Unsere Stärke liegt in den kurzen Wegen und dem direkten Zugang zu unseren Experten, womit wir schneller als die Großen sein wollen. Außerdem können wir wirklich individuell auf Makler und Kunden und deren Bedürfnisse eingehen.
Hinzu kommt: Als finanzstarker Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit sind wir allein dem Wohl unserer Mitglieder verpflichtet. Unser Lebensversicherungsgeschäft wirkt oft sehr lange in die Zukunft. Entsprechend langfristig können wir denken und handeln. So sind wir ein idealer Partner für Makler, die ja ihre Kunden ebenfalls über Jahrzehnte begleiten und individuelle, maßgeschneiderte Absicherungskonzepte entwickeln.
Worin investiert die LV 1871 schwerpunktmäßig, um den Markt der Zukunft erfolgreich bearbeiten zu können?
FL Wir treiben kontinuierlich die Integration neuer Technologien zur Optimierung von Prozessen voran. Darüber hinaus haben wir bei der Entwicklung von Produkten und Lösungen stets den Kundennutzen im Blick. Und: Wir investieren weiter in den Umbau unseres Vertriebs im Sinne unserer Geschäftspartner. All das tun wir aus der Überzeugung, dass Partnerschaftlichkeit die trag- und zukunftsfähigste Form der Zusammenarbeit ist.
Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 09/2024 und in unserem ePaper.
Bild: © Frank Leitgeb, Stephanie Richter, LV 1871
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