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14. Juni 2023
„Jeder Makler muss seine Nische finden“
„Jeder Makler muss seine Nische finden“

„Jeder Makler muss seine Nische finden“

Dr. Peter Schmidt hat langjährige Erfahrung als Führungskraft bei Maklerversicherern. 2013 gründete er die Unternehmensberatung Consulting & Coaching und coacht Makler, Versicherer und Pools. Wie können Makler in einem zunehmend digitalen Umfeld durch Marketing ihr Unternehmen zum Erfolg führen?

Interview mit Dr. Peter Schmidt, Inhaber von Consulting & Coaching Berlin
Herr Dr. Schmidt, erleben Sie, dass Maklerunternehmen vermehrt über ihre Unternehmensstrategie nachdenken? Bei den allgemeinen Entwicklungen müsste dies ja zu erwarten sein.

Eine pauschale Einschätzung ist sicher quer über 46.000 Maklerinnen und Makler nicht möglich, dennoch sehe ich schon einen Trend, dass sich jüngere und ältere Inhaber von Maklerunternehmen mehr Gedanken um das Geschäftsmodell machen. Bei den Maklern, die ich als Beratungs- und Coachingmandanten habe, erfolgt dies in zwei Grundrichtungen. Ältere Unternehmer wollen sich auf den kurz- oder mittelfristigen Nachfolgeprozess vorbereiten. Damit verbunden sind wertsteigernde Anpassungen im Geschäftsmodell und notwendige Veränderungen, um das Unternehmen oder den Bestand exitfähig zu machen. Bei jüngeren Unternehmen geht es um eine zukunftsfähige Strategie, die nachhaltig Umsatz und Ertrag bringt sowie alle aktuellen Möglichkeiten der Kundenakquise zum Ziel hat.

Wo setzen die Betriebe am häufigsten oder am meisten an?

Wie in der vorangegangenen Antwort schon skizziert, gehe ich auf meine zwei Hauptzielgruppen ein. Bei langjährig tätigen Maklern geht es nach wie vor um die Themen Digitalisierung der Prozesse der Kundenberatung, -verwaltung und -betreuung, damit ein optimaler Wert des Bestandes oder des Unternehmens erreicht werden kann. Dazu kommt die Erhöhung der Vertragsdichte, der Cross-Selling-Quote, bei den Kunden und damit auch eine deutliche Wirkung auf den Bestandswert. Weitere Themen sind eher individueller Art wie Risiken aus bestimmten Produktverkäufen, Klumpenrisiken, eine sehr hohe Zahl an Direktvereinbarungen oder der Mangel an aktuellen Verträgen mit den Kunden.

Bei meinen jüngeren Mandantinnen und Mandanten geht es schwerpunktmäßig um die Entscheidung „breit“ oder „spitz“, die passende Rechtsform, die Wahl des passenden Servicedienstleisters und die Wege zur Kundenakquise. Mit „breit“ oder „spitz“ meine ich, ob man sich auf eine Beratungsrichtung spezialisiert oder die Kunden in allen Bereichen von Versicherungen und Finanzanlagen beraten will. Beides hat seine Argumente pro und contra und hängt von den Voraussetzungen des Maklers, seinem Netzwerk und den möglichen Zielgruppen und natürlich von der Positionierung im sich verändernden Markt ab.

Jeder Fünfte der von mir beratenen Makler lässt sich in allgemeinen unternehmerischen Fragen coachen. Dazu gehören die Themen Personalführung, Zeitmanagement, Optimierung des Workflows und die Verbesserung der betriebswirtschaftlichen Zahlen.

Wir wollen heute vor allem auch über Marketing reden. Funktioniert das bekannte Marketing-Viereck Produkt, Preis, Vertrieb und Kommunikation auch für Maklerbetriebe?

Natürlich sind die Elemente des Marketing-Vierecks immer noch aktuell. Von jeher ist aber auch klar, dass die vier Ziele kaum gleichberechtigt umgesetzt werden können und mal eines oder zwei mit größerem Schwerpunkt umgesetzt werden. Das sehen wir aktuell im Verhältnis Produkt und Preis ganz deutlich. Qualitätsmakler müssen sich oft mit dem Thema Preissensibilität der Kunden auseinandersetzen, was sich auf die Produktauswahl und -empfehlungen auswirkt. Hinzu kommt, dass die Rolle der „Zwischenhändler“ wie Maklerpools und -verbände als Produktanbieter zugenommen hat.

Denken wir nur an die speziellen Deckungskonzepte, die nur über Pools oder Verbände vermittelt werden können. In dem Sinne könnte man das Marketing-Viereck durchaus auch erweitern, da diese nicht nur bei Produkt und Preis eine stärkere Bedeutung haben, sondern auch beim Vertrieb. Auch das Thema Kommunikation ließe sich weiter aufgliedern. Die herkömmliche Kommunikation wird immer mehr durch Online-Beratungen, Online-Verkauf, Chats auf der Homepage oder auch die rasant zunehmenden Möglichkeiten der KI und von ChatGPTs ergänzt. Für den einzelnen Makler sehe ich eher sogar nur das Dreieck Makler – Kunde, Makler-Produkt und sein Unternehmen als Berater der Kunden und Serviceleister. Und darauf ist sein spezielles Marketing auszurichten.

Man könnte auch alternativ und knapp sagen, ein Unternehmen muss Mehrwerte für seine Kunden schaffen. Wie könnte man dies beispielhaft für ein Maklerunternehmen umsetzen?

Jeder Makler muss seine Nische und seine Specials finden, mit denen er sich vom Markt abhebt und seine Mehrwerte als Kundennutzen in den Markt bringt. Die Möglichkeiten sind vielfältig. Das kann die Orientierung auf eine spezielle Ziel- oder Berufsgruppe, eine spezielle Produktsparte, einen eigenen Kommunikationsweg oder die eigene Beratungsphilosophie sein.

Noch nie wurde vermutlich so intensiv über den Bestands- und Unternehmenswert des eigenen Maklerunternehmens nachgedacht wie heute. Es gibt dafür verschiedene Berechnungsmethoden, aber steckt noch mehr dahinter?

Das ist eine sehr gute Frage, da ich persönlich von Wertermittlungen per Excel-Liste oder einem minimalistischen Online-Tool für eine Wertermittlung mit ein paar ausgewählten Zahlen nichts halte. Qualitative Specials wie Beratungsmodell, Kundenbindung, Nachhaltigkeit oder Kundenservices sind qualitative Faktoren, die in eine Bewertung einfließen müssen. Wir binden diese deshalb seit zehn Jahren Bestandsbewertungen immer in unsere Bewertung via modifiziertem Umsatzwertverfahren und Ertragswertverfahren ein und fahren damit sehr gut und realistisch.

Wie hoch schätzen Sie die Bedeutung von Nachhaltigkeit im Makler­betrieb ein? Marketing oder grundlegender Wandel?

Der Begriff Nachhaltigkeit ist natürlich ein breites Feld. Bestimmte Teilbereiche entwickeln sich schon sehr gut, wenn ich an die sich stärker durchsetzende Digitalisierung, die Effekte aus Online-Beratungen oder die Orientierung auf eine komplette Kundenberatung denke. Andere Bereiche, etwa die bewusste Arbeit mit den Nachhaltigkeitspräferenzen der Kunden bei Versicherungen und Finanzanlagen, nehmen zu, haben aber für viele Makler noch keine oder wenig Bedeutung. Dabei ergeben sich daraus viele Chancen in der Kundenansprache. Aber wie so oft braucht das Thema Nachhaltigkeit seine Zeit. Mehr Nachhaltigkeit wird umso schneller ihren Weg in die Geschäftsmodelle finden, wenn sich Makler von vorhandenen ideologischen Bedenken lösen und sich auf den Weg der Veränderung machen. Ich empfehle deshalb, dass Makler zunächst einmal das nachhaltige Maklerbüro in den Fokus nehmen. Dann wird man merken, dass dies zur Kostensenkung, zur besseren Mitarbeiter- und Kundenbindung und zu vielen jungen und neuen Kunden führt.

Ein weiteres Thema ist natürlich auch die Provision bzw. Courtage bzw. ein mögliches Verbot. Raten Sie Maklern und Maklerinnen (spätestens) jetzt umzustellen?

Nicht erst seit heute empfehle ich genau diesen Weg. Machen Sie sich als Makler unabhängig(er) von Courtagen. Zunächst den Anteil der AP (Abschlussprovisionen) zugunsten von Bestandscourtagen erhöhen und dann die Elemente Servicevereinbarungen mit dem Kunden sowie Beratungen gegen Honorar anbieten und so die eigenen Einnahmen ergänzen. Damit fällt man bei einem möglichen Verbot von bestimmten Provisionen nicht ins finanzielle Loch. Dazu findet man in meiner Fachbroschüre „Neuer Kurs für Maklerunternehmen“ viele Anregungen und Impulse.

Wie kann man das in der Kundenkommunikation umsetzen, wenn man jahrelang allein auf die Provision gesetzt hat?

Dazu sollte mit Unterstützung von Experten ein Konzept entwickelt werden, welchen Kunden ich welche alternativen Beratungen oder Services gegen Honorar oder eine Servicepauschale anbieten will. Steht dieses, geht es an die vertragliche Umsetzung, d.h. es sind juristisch saubere Verträge zu erstellen oder zu nutzen. Und dann geht es ganz einfach: Bieten Sie als Makler den Kunden die Alternativen an.

Beispiel A: Beratung und Vermittlung einer Rentenversicherung als Brutto-Tarif mit inkludierter Courtage für den Makler oder Beratung und Vermittlung einer Rentenversicherung als Netto-Tarif plus Honorar für den Makler. Und dann lassen Sie den Kunden entscheiden. Kunden, die den Vorteil in der Ablaufleistung der Netto-Police verstehen, werden das Angebot annehmen.

Beispiel B: Grundleistungen als Makler ohne Service-Pauschale oder erweiterte Services für Kunden gegen eine Servicepauschale. Und dann lassen Sie den Kunden entscheiden. Stark serviceorientierte Kunden werden das Angebot annehmen.

Bleiben Sie denn zuversichtlich für den Maklermarkt?

Wie immer, wenn es um Veränderungsprozesse geht, gibt es Hindernisse und Hürden, die nicht von allen Maklern toll gefunden werden. Wer diese Themen aber nicht verdrängt und aussitzt, wird auch die Chancen erkennen. Und das gelingt vielen gestandenen Maklern und zahlreichen jüngeren Maklern auch durch unsere Beratungen sehr gut. Genau das macht mich optimistisch, weil zahlreiche Makler aller Generationen sich auf den Weg gemacht haben, ihren Anteil am sich verändernden Markt zu sichern. Deshalb bin ich optimistisch und hoffe, dass breitere Teile der Politik den großen Wert und die soziale Rolle der Maklerschaft frei von parteipolitischen Grundeinstellungen schätzen und bewahren helfen.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 06/2023, S. 98 f., und in unserem ePaper.

Bild: © Dr. Peter Schmidt bzw. © patpitchaya – stock.adobe.com

 
Ein Interview mit
Dr. Peter Schmidt