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17. Mai 2024
„Je besser die Daten, desto besser das Ergebnis der KI“

„Je besser die Daten, desto besser das Ergebnis der KI“

Das Thema künstliche Intelligenz (KI) steht bei Technologieanbietern schon seit Längerem weit oben auf der Agenda. Im Rahmen der KI-Serie hat AssCompact bei dem Softwareentwickler Smart InsurTech nachgefragt, wo KI bereits zum Einsatz kommt und wo die Mehrwerte für Vermittler liegen.

Interview mit Sebastian Langrehr, Chief Sales Officer (CSO) der Smart InsurTech AG
Herr Langrehr, aus vielen Bereichen hört man gerade, dass die Investitionen in KI erhöht werden sollen. Welchen Stellenwert hat das Thema bei Ihnen?

Wir beschäftigen uns aktuell sehr intensiv mit den Möglichkeiten von generativer künstlicher Intelligenz für unser Unternehmen. Als Technologieentwickler ist für uns der Einsatz von KI zur Unterstützung in der Softwareentwicklung besonders spannend. Hier bietet beispielsweise Microsoft Copilot einen enormen Gewinn an Schnelligkeit. Der Vorteil: Dieses von GitHub und OpenAI entwickelte Produkt hilft bei der automatischen Vervollständigung von Code, indem es direkt in die Entwicklungsumgebung integriert ist. So ist es quasi „Pair Programming“ mit einer künstlichen Intelligenz.

Doch auch in vielen anderen Bereichen spielt KI eine immer wichtigere Rolle – beispielsweise bei der Abbildung von Prozessen. Wertvoll bei alledem ist unser regelmäßiger Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen des Hypoport-Ökosystems. Im Verbund profitieren alle von den wechselseitigen Erfahrungen und es lassen sich einige Synergien heben.

In welchen Bereichen setzen Sie KI schon seit Längerem ein, wo erst seit Kurzem und in welcher Form?

In unserer digitalen Daten- und Dokumentenverwaltung Smart Gevo arbeiten wir seit Längerem mit künstlicher Intelligenz. Hier haben wir vor ein paar Jahren eine eigene KI-Lösung entwickelt, die wir nun modi­fizieren. Bei dieser vollumfänglichen Dokumenten­verarbeitung werden Daten aus unterschiedlichen Eingangsquellen (Extranet, BiPRO, GDV, Post/E-Mail) automatisch verarbeitet, mit wichtigen Zusatzinformationen angereichert und mithilfe von KI veredelt. Die KI kommt bei der Datenextraktion zum Einsatz, also beim Auslesen von Daten aus unstrukturierten Dokumenten in strukturierte Dokumente, ebenso bei der Klassifizierung, also der Bestimmung des Geschäftsvorfalls. Die Vertragsveränderungen bzw. Geschäftsvorfälle werden einem Vertrag im Bestand des Maklerbüros zugeordnet und können somit im Maklerverwaltungsprogramm automatisch weiterverarbeitet werden. Seit Kürzerem setzen wir die eingangs erwähnten externen generativen KI-Tools ein – auch für Bereiche außerhalb der Softwareentwicklung.

Wie wirkt sich denn der Einsatz auf Ihr Angebot für Versicherungsmakler aus? Oder anders gefragt: Wie profitieren die Vermittler?

Bei der Dokumentenverwaltung Smart Gevo setzen wir die KI vor allem in der Dokumentenerkennung und Datenextraktion ein und trainieren die Modelle. Die KI gleicht hier die fehlenden digitalen Möglichkeiten des Marktes in der Kommunikation zwischen Maklerschaft und Versicherern aus. Die manuelle Zuordnung von Dokumenten entfällt. So gewinnen Maklerbüros und Vermittlerorganisationen mehr Zeit für die Beratung, auch die Datenqualität steigt. Aus der Vielzahl der verarbeiteten Daten lassen sich darüber hinaus wertvolle Erkenntnisse für die jeweilige Geschäftsanalytik gewinnen. Neben der automatischen Zuordnung zu den Versicherungsverträgen im Maklerverwaltungsprogramm werden nachgelagerte Folgeprozesse generiert. Doch dies ist nur die Spitze des Eisbergs. KI wird disruptive Züge annehmen.

Wir beleuchten gerade intensiv die Chancen und Risiken für eine breitere Nutzung in unserem Geschäfts­modell zugunsten unserer Kunden. Allein im Bereich der Programmierunterstützung können KI-Tools die Umsetzungsgeschwindigkeit von Softwarelösungen signifikant erhöhen. Darüber hinaus gibt es Potenzial im Support und der CRM-Software. Bei unseren Services für Versicherungsunternehmen zeichnen sich ebenfalls neue Möglichkeiten ab. Über unsere Versicherungsplattform SMART INSUR läuft ein hohes Datenvolumen, das einen guten Marktüberblick gewährleistet. Daraus lassen sich Rückschlüsse ableiten, welche Produkte die Vermittlerschaft sowie Verbrauchende präferieren. Mit diesen Daten und vielen Erfahrungswerten beraten wir aktuell bereits Versicherer bei der Konzeption neuer Versicherungstarife. Mit KI-Modellen lassen sich diese Datenmengen noch zielgerichteter analysieren, Preissimulationen und Optimierungsszenarien sind schneller verfügbar.

Kann KI auch die häufig in der Branche monierte Schnittstellenproblematik lösen?

Als langjähriges, engagiertes Mitglied im BiPRO e. V. sehen wir einen großen Unterschied: Gut gemachte Schnittstellen zwischen Marktakteuren sind unschlagbar, da sie verbindlich und klar sind. Bei KI schwingen mehr Unsicherheiten mit. Aus unserer Sicht kann KI bei der Schnittstellenproblematik bestenfalls eine Übergangslösung sein, die temporär eine infrastrukturelle Schwachstelle ausgleicht bzw. sie nur in Ansätzen ersetzt.

Auch beim Thema KI ist die Qualität der zugrunde liegenden Daten wichtig, die aber oft bemängelt wird. Inwieweit hemmt dies den optimalen KI-Einsatz oder kann KI wiederum auch die Daten­qualität verbessern?

KI lebt von Daten: Je besser die Daten sind, desto besser ist das Ergebnis der KI. Daher verfolgen wir seit zwei bis drei Jahren die Validierung der Daten unserer Plattform. Durch den Abgleich der von den angebundenen Maklerbüros gelieferten Vertragsdaten mit denen der Versicherer steigt die Qualität der Bestandsdaten stetig. Zugleich kann KI bei der Erhöhung der Datenqualität helfen – wie wir es bei der Dokumentenverwaltung Smart Gevo handhaben.

Wie sieht es beim Thema Datenschutz aus?

Der Einsatz von KI ist bei uns möglich, muss aber hohe Anforderungen an Informationssicherheit und Datenschutz erfüllen. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass wir durch die Zertifizierung nach VdS 10010 an einen vorgegebenen Prozess zur „Nutzung neuer Datenverarbeitungsverfahren“ gebunden sind. Dieser ist je nach Schutzbedarf der Daten und gesetzlichen Vorgaben unterschiedlich aufwendig. Darüber hinaus haben wir eine Richtlinie für die Nutzung künstlicher Intelligenz erlassen. In der Praxis prüfen Compliance-Team und Geschäftsführung gemeinsam jeden KI-Service vor dem produktiven Einsatz. Je nach Prüfergebnis wird der Service freigegeben, mit Auflagen freigegeben oder die Nutzung wird verboten.

Inwieweit haben sich denn die Anforderungen an Softwareentwickler und Programmierer gewandelt? Und ist künstliche Intelligenz ein wirksames Mittel gegen den Fachkräftemangel?

IT-Developer müssen nach wie vor ihr Handwerk verstehen. Aber sie sollten zusätzlich in der Lage sein, KI-Tools zielgerichtet für ihre Arbeit einzusetzen, um effizienter und wirkungsvoller zu sein. Dazu gehört perfektes Prompting ebenso wie die kritische Überprüfung der Ergebnisse. Der Effizienzgewinn dank KI ist bei der Softwareentwicklung so groß, dass weniger Entwickler mehr Outcome produzieren. Das kompensiert in Teilen den enormen Bedarf an Fachkräften.

Wie dürfte sich Ihrer Einschätzung nach KI auf den Wettbewerb unter Dienstleistern auswirken? Und verteuert KI die Kosten für Ihr Haus und letztlich die Lizenzen und Co. der Nutzer?

Der Wettbewerb wird schneller und härter. Akteure, die sich schnell an diesen revolutionären Technologiesprung anpassen, werden die Potenziale am besten für sich nutzen. Solche, die nicht schnell genug sind, bleiben auf der Strecke. Doch auch die, deren Marktanteile zunächst steigen, können später ihren Vorsprung verlieren. Wir sind davon überzeugt, dass, selbst wenn externe KI-Lösungen erworben und ins System integriert werden, die Mehrwerte für die Kundschaft um ein Vielfaches höher sein werden als mögliche moderate Kostensteigerungen. Maklerbüros und Vertriebsorganisationen werden an Effizienz gewinnen und vertrieblich erfolgreicher sein, da der Bestand schneller wächst.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 05/2024 und in unserem ePaper.

Bild: © Smart InsurTech AG