Der Markt der Versicherungsmakler unterliegt Konzentrationsprozessen. Werden die Versicherungsagenturen denn auch immer größer?
Ja, auch im Bereich der Exklusivvermittlung erleben wir seit zwei, drei Jahren eine Fokussierung auf größere Einheiten über Bestandsnachfolgen und Integrationen. Die größeren und stabileren Einheiten sind gut für die Branche und die Kunden. Daneben gibt es aber genauso noch „kleinere Einheiten“, die sich zunehmend auf Ausschnittsbereiche fokussieren werden.
Jedenfalls verschiebt sich einiges am Markt. Wird es dabei auch so was wie eine „Renaissance der AO“ geben?
Ich rechne fest damit. Die größeren Einheiten werden natürlich auch professioneller und ein Stück weit selbstbewusster. Darüber hinaus wird der Profitabilitätsdruck in den Unternehmen größer. Wir gehen davon aus, dass es zukünftig deutlich weniger Vollsortimenter geben wird als heute. Es wäre keine Überraschung, wenn gerade im Gebäude- und Kfz-Bereich einige Unternehmen in der nahen Zukunft die Reißleine ziehen. Dem folgend müssen den Exklusivvermittlern aber andere Türen aufgemacht werden in Richtung Mehrfachagenturen. Wenn man sich die TUI-Reisebüros ansieht, könnte das ein Zukunftsszenario sein. Dort kann man alles kaufen, verkauft bekommt man aber nur TUI-Produkte. Dieses Zusatzgeschäft könnte dann auch für den Exklusivvertrieb der Zukunft gelten.
Wie attraktiv ist denn der Beruf des Versicherungsvertreters heute allgemein und für den Nachwuchs?
Aktuell tun wir uns – egal ob Makler oder Exklusivvermittler – noch schwer, Nachwuchs zu finden. Perspektivisch zähle ich dieses Berufsbild zu den Gewinnern. Im Zuge der gesamten Automatisierung, der KI und des World Wide Web werden die Verbraucher künftig noch mehr den Rat des empathischen Vermittlers schätzen, der die Informationsüberflutung vereinfacht und einen begründeten Rat in einfacher Sprache zu einer komplexen Thematik erteilt. Und davon wird es in fünf bis zehn Jahren noch deutlich weniger geben als die heutigen ca. 184.000 Registrierten.
Zum Abschluss: Was erhoffen Sie sich für den Exklusivvertrieb in den nächsten zehn Jahren?
Der Value-for-Money-Gedanke wird sich auch in den Vermittlerbetrieben weiter ausgeprägt haben. Gute Beratung wird wichtiger und deren Wert muss daher zwangsläufig steigen. Die Vermittlerbetriebe sollten auch nicht mehr für Mofaschilder oder E-Scooter-Plaketten eingespannt werden. Das gibt es dann nur noch für Rundum-Kunden als Annex. Das müssen auch die Kritiker der Branche endlich mal einsehen, dass wir nicht nahezu fehlerfrei – siehe Beschwerdestatistik des Versicherungsombudsmanns – arbeiten können, und das vor allem nicht auf Dauer für wenig auskömmliche Entlohnung.
Ich gehe zudem davon aus, dass die Exklusivbindung in Teilen aufgebohrt werden wird. Der „War for Talents“ um die Vermittlerbetriebe läuft ja auch erst an. Zudem werden die Unternehmen sich in naher Zukunft strategisch entscheiden müssen, ob sie überall irgendwie mitspielen oder sich in „unprofitablen Bereichen“ entlasten, um in profitablen Bereichen eine deutlich bessere Rolle im Markt spielen zu können. Die Schließung von Geschäftszweigen wäre dabei unter Umständen auch eine Möglichkeit für eine außerplanmäßige Eigenkündigung für die Vermittler, sodass diese Themen daher besser im Vorfeld sauber mit der Vertretervereinigung ausdiskutiert werden sollten und nach gemeinsamen Lösungen gesucht werden sollte.
Wenn das passiert und die Vermittlerbetriebe zudem fortlaufend eine hohe Veränderungsbereitschaft und Weiterentwicklungsbereitschaft an den Tag legen, dann mache ich mir wenig Sorgen um unsere Zukunft.
Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 06/2024 und in unserem ePaper.
Bild: © Marco Seuffert, AVV
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