Spielt Nachhaltigkeit tatsächlich eine große Rolle?
Für die Anbieter führt kein Weg daran vorbei. Wir haben unsere Fonds darauf eingestellt und bieten eine breite Palette an Artikel-8- und -9-Fonds an. Bei den Anlegern und Anlegerinnen sieht das noch anders aus. Laut einer Allianz-Studie aus 2022 sind lediglich 20% bereit, in nachhaltige Geldanlagen zu investieren. Wir sehen jedoch auch ein steigendes Interesse an nachhaltigen Produkten bei unseren Kundinnen und Kunden. Hier müssen wir als Anbieter weiterhin informieren.
In diesem Jahr spüren Versicherer und Fondsgesellschaften, dass die private Altersvorsorge ins Stocken gerät. Was erwarten Sie in dem Bereich?
Dieses Stocken hat meiner Meinung nach zwei wesentliche Gründe: Erstens hatten wir in der Niedrigzinsphase einen enormen Zuwachs an frischen Geldern, die auf dem Girokonto liegend keine Renditen gebracht haben, und zweitens haben wir durch die Unsicherheiten am Markt, etwa eine Rezession in der Eurozone und hohe Energiepreise, aktuell wieder Zinsen auf dem Girokonto und viele Menschen, die das Thema Altersvorsorge nicht in den Vordergrund stellen. Hier ist natürlich der Berater oder die Beraterin gefragt und muss nah am Kunden bleiben!
Wie läuft es für Sie als Lieferant von Fondspolicen?
Es lässt sich nicht verheimlichen, dass wir als Anbieter von aktiven Investments einen frischen Gegenwind aus der passiven Richtung empfinden. Versicherer müssen die Kosten der Police offenlegen und wollen hier so günstig wie möglich arbeiten. Das spricht zuerst mal für Anbieter von ETFs. Allerdings sehen wir gleichzeitig eine hohe Nachfrage nach unseren Art.-8- und Art.-9-Fonds, und das stimmt mich zuversichtlich, dass wir hier für die Zukunft ein gesundes Miteinander sehen. Wichtig für uns ist allerdings auch, mehr als nur Fondsanbieter zu sein. Und somit entwickeln wir gemeinsam mit Versicherern und Allfinanzvertrieben neue Konzepte für die Altersvorsorge. Zum Beispiel haben wir gemeinsam mit der Gothaer einen offenen Immobilienfonds aufgelegt. Auch haben wir ein Tool entwickelt, das die Verrentungsphase visualisiert.
Ein mögliche Provisionsregelung für Versicherungsanlageprodukte steht im Raum. Provisionsverbot ist auch ein Thema, das die Branche schon so lange begleitet. Ihre Meinung?
Meine persönliche Meinung ist ziemlich einfach: Beide Modelle haben eine Existenzberechtigung. Klar ist auch, dass durch ein mögliches Provisionsverbot viele Familien, die eine fundierte Altersvorsorgeberatung brauchen, hiervon ausgeschlossen werden. Das darf nicht passieren. Andererseits sehe ich bei der Ruhestandsplanung großes Potenzial für das Thema Honorarberatung.
Und wenn wir Sie zum Abschluss noch zum 25-jährigen Bestehen von AssCompact befragen würden, was wäre Ihre Antwort?
Ich bin ähnlich lange in der Vorsorgebranche und seit dem ersten Tag begleitet mich AssCompact sowie das ganze bbg Team. Für mich sind alle ein bisschen wie Familie geworden, bei der ich mich bestens aufgehoben fühle. Deswegen kann ich nur sagen: Gratulation, vielen Dank und weiter so! Ich freue mich auf die nächsten X Jahre mit euch.
Zur Person
Charles Neus ist bei Schroders für Konzepte zur Altersvorsorge verantwortlich und hält damit auch den direkten Kontakt in die Versicherungsbranche. Zudem ist er im Vermittlermarkt gut vernetzt. Bei Schroders ist er seit 2011, zuvor war er in ähnlichen Positionen bei J.P. Morgan und Fidelity tätig. AssCompact begleitet Charles Neus von Anfang an – und umgekehrt.
Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 08/2023 und in unserem ePaper.
Bild: © Charles Neus, Schroders
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