Herr Andreas, in Bezug auf Bausparen hört man immer wieder, dass es keinen Sinn mehr ergibt. Stimmt das?
Es mag banal klingen, aber es kommt darauf an. Bausparen rechnet sich, wenn man so wenig wie möglich einzahlt und die Tilgungsstreckung so lang wie möglich wählt. Das Bauspardarlehen ist dabei eher eine optionale Geschichte. Je geringer die Prämie ist und je höher der Anspruch auf das Bauspardarlehen ausfällt, desto besser ist Bausparen aus finanzmathematischer Sicht. Das ist der eine Aspekt.
Und was ist der andere Aspekt?
Die Sollzinsen sind nicht kriegsentscheidend. Wenn man ein Darlehen mit 1,5% aufnimmt und man auf den Bausparer 0,1% bekommt, dann macht man jeden Monat 1,4% Verlust. Diese Verlustschere kann man eingrenzen, indem man so wenig wie möglich einzahlt. Bausparen lohnt sich auch im Sparbereich. Wenn man Anspruch auf Wohnungsbauprämie hat, kommt man etwa bei der Bausparkasse Mainz auf über 3,3% Rendite – nach Kosten.
Wie sehen typische Bausparkunden heute aus?
Die Masse der Bausparkunden will die vermögenswirksamen Leistungen und andere Prämien mitnehmen. Diese Gruppe macht mit Vorliebe kleine Renditeverträge. Das ist nicht verkehrt, um ein bisschen Geld zur Seite zu legen. Man wird zwar nicht reich, geht aber auch kein Risiko ein. Die zweite Gruppe sind vor allem jüngere Menschen, die irgendwann mal Eigentum erwerben wollen. Da kann man mit Bausparen über 10% Rendite erwirtschaften. Hintergrund ist, dass man beim Bausparen bis 30.000 Euro Anspruch auf ein Blankodarlehen hat. Damit kann man sein Eigenkapital wunderbar hebeln. Man benötigt später weniger Kapital von der Bank und bekommt dieses Kapital auch deutlich günstiger, da der Beleihungsauslauf deutlich niedriger wird. Das kann schon mal einen um 0,4 oder 0,5% niedrigeren Zinssatz bedeuten – und auf 20 bis 30 Jahre eine enorme Ersparnis bringen.
Welche Fehler machen Bausparer typischerweise?
Die Standardanfrage, die ich fast täglich bekomme, beläuft sich auf 100.000 Euro oder noch mehr. Das sollte man aber in aller Regel lassen. 50.000 Euro reichen normalerweise vollkommen aus, denn dann zahlt der Kunde 20.000 Euro ein und erhält das Blankodarlehen. Damit wären Kunden gut aufgestellt, wenn der Haus- oder Wohnungskauf mal losgeht.
Viele sind zudem zu sehr auf die Sollzinsen fixiert. Der Sollzins sollte nie 1,x% betragen. Viele Kunden sind so gierig auf solche Zinssätze, weil sie denken, dass sie dadurch jede Menge Geld sparen. Der Haken daran ist aber, dass man dann oft fast die Hälfte der Bausparsumme einbezahlen muss. Das ist viel zu viel. Zudem ist die Tilgungszeit häufig relativ fix und mit circa fünf Jahren viel zu kurz. Die Tilgungszeit sollte mindestens zehn Jahre betragen. Je kleiner man die Fixkosten hält, desto mehr Volumen kann ich von der Bank aufnehmen und umso wahrscheinlicher kann man das Bauspardarlehen nutzen. Wenn man für einen Anspruch auf 30.000 Euro zwischen 400 und 500 Euro pro Monat abbezahlen muss, ist hingegen kaum noch Spielraum, um einen Kredit aufzunehmen.
Wie sinnvoll ist Bausparen auch in Kombination mit Wohn-Riester?
Bausparen rechnet sich gerade in Kombination mit Wohn-Riester. Wohn-Riester ist hocheffektiv im Rahmen einer Baufinanzierung – aber nur als Anhängselvertrag, das heißt, der Kunde macht einen Kredit über zehn oder 15 Jahre Laufzeit und einen Wohn-Riester dazu, der dann einen Teil der Restschuld ablöst. Dann hat man bei einigen Tarifen Grenzzinssätze von unter 0%, trotz Besteuerung im Alter.
Viele Berater stehen dem Bausparen generell und auch dem Wohn-Riester aber sehr negativ gegenüber. Wie erklären Sie sich das?
Oft fehlt einfach das nötige Wissen. Wenn ich den Kunden frage, ob er seine Anschlussfinanzierung schon heute in zehn Jahren für unter 0% eintüten will, sagt doch kaum ein Kunde nein. Er will aber natürlich wissen, wie das geht. An dieser Rechnung scheitert die Masse der Berater bereits, weil viele Baufinanzierungsberater überhaupt nicht in diesem Thema bewandert sind. Wenn man die Vorteile aber gut erklärt, ist der Kunde auch heute noch sehr affin für Bausparen und Wohn-Riester. Wenn man auf dem Klavier von Wohn-Riester spielen kann und es mathematisch durchrechnen kann, kommt am Ende ein schönes Ergebnis heraus.
Haben Sie ein konkretes Beispiel?
Beim monatlichen Höchstbeitrag von 175 Euro müssen dank Zulagen oder steuerlicher Absetzbarkeit aus der Tasche des Kunden netto zum Teil nur 104 Euro fließen. Der Staat übernimmt somit jeden Monat 71 Euro – sowohl in der Ansparphase als auch in der Darlehensphase. Und wer nimmt schon nicht gerne Monat für Monat 71 Euro mit?
Wie viel Zeit zwischen Abschluss des Bausparers und Beginn des Baus sollte man im Normalfall mitbringen?
Fünf Jahre sollte man in der Regel mindestens mitbringen. Man kann es zwar mit Einmalzahlungen etwas beschleunigen, aber tendenziell sollte man schon fünf Jahre oder mehr an Zeit einplanen. Für alle, die sich ihr Bauvorhaben in sieben oder mehr Jahren vorstellen können, führt aber im Grunde kein Weg an einem Bausparvertrag vorbei.
Ist Bausparen eigentlich nur für Neubauten und Käufe interessant?
Nein, gerade Renovierung und Modernisierung sind auch wichtige Themen. Die Bauherren brauchen dann oft sofort Geld. Beim Bausparen sind die Darlehen wie erwähnt bis 30.000 Euro blanko, sprich ohne Grundbucheintrag, möglich. Das lässt sich schon monatlich für etwas mehr als 200 Euro umsetzen. Zudem gibt es Tarife, die alle fünf Jahre eine Zuteilung vorsehen wie zum Beispiel das Programm „Immer gut bei Kasse“ von der Bauparkasse Mainz oder der „Flexi Geldplan“ vom Deutschen Ring. Der Kunde wird dann automatisch alle fünf Jahre angeschrieben, ob er zum Beispiel 10.000 Euro abrufen will bei einem Sparbeitrag von 100 Euro. Und Wünsche gibt es beim Eigenheim ja regelmäßig. Wenn man zudem alle fünf Jahre rund 10.000 Euro bekommt, macht man in der Regel automatisch ein bisschen mehr und erhält seine Immobilie besser.
Sie sind eigentlich gelernter Versicherungsmakler. Inwiefern ist Bausparen gerade als Zusatzgeschäft für Versicherungsmakler interessant?
Von Wüstenrot gibt es dazu eine interessante Statistik. Demnach besitzen Kunden, die einen Bausparvertrag haben, im Schnitt 1,7 mehr Finanzprodukte als jemand, der keinen Bausparvertrag hat.
Woran liegt das?
Die Masse der Verträge liegt bei den Bausparkassen der Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Wenn der Kunde erst mal in der Bank ist, hat der dortige Berater alle Chancen, ihm auch andere Finanzprodukte zu verkaufen bzw. bankfremde Produkte durch eigene Produkte zu ersetzen. Ein Bausparvertrag bei einer Bank ist für Versicherungsmakler daher immer eine offene Flanke. Wenn der Kunde den Bausparvertrag aber beim Makler hat, wird diese Flanke geschlossen. Wenn dann der Kunde Liquiditätsbedarf hat, ist der erste Vertrag, der aufgelöst wird, zudem fast immer der Bausparvertrag. Wenn der Kunde das beim Makler macht, hat der Makler wieder einen Kundenkontakt mehr und hat zudem die Chance, auf die neue Situation zu agieren und zu reagieren.
Sie arbeiten neben ihrer Maklertätigkeit als Bausparexperte für blau direkt. Wie wichtig ist für die Makler die Anbindung an einen Partner wie etwa einen Pool?
Pools wie etwa blau direkt haben oft gute Verwaltungssysteme. Bei blau direkt, wo ich neben meiner selbstständigen Maklertätigkeit angestellt bin, läuft der gesamte Prozess zum Beispiel komplett papierlos. Alles wird elektronisch archiviert. Bei blau direkt haben Makler zudem noch mich als persönlichen Ansprechpartner. Ich schule die Makler – wenn sie das wollen. Und die Maklerbetreuer stehen auch noch zur Verfügung. Bausparen ist aber ganz klar ein Stiefkind. Viele sagen: Lass mich damit in Ruhe, weil sie damit nicht direkt Geld verdienen. Das ist aber nicht der richtige Ansatz. Der richtige Ansatz ist, sein Wissen zu erweitern und mit der Bausparberatung hier und da zusätzlich über einen Vertrag zu stolpern, den man sonst vermutlich nicht an Land gezogen hätte.
Das Interview lesen Sie auch in AssCompact 04/2017, Seite 70 f.
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