Herr Horvat, Sie haben sich vor zehn Jahren für die Honorarberatung entschieden. Was gab für Sie den Ausschlag?
Tatsächlich war es die Enttäuschung über schlecht funktionierende Produkte bei meinen Kunden. Die Altersvorsorge- und Geldanlageprodukte erzeugten selten nennenswerte Renditen und zunehmend Missmut. Als ich mich dann 2008 mit den Kosten in Finanzprodukten auseinandersetzte, war für mich klar, dass ich auf dieser Basis nicht mehr arbeiten möchte. Unser Job als Berater ist es, Mehrwerte zu erzeugen. Produkte haben dabei nur eine Aufgabe: Sie müssen für den Kunden funktionieren. Und das ist nur mit minimalen Produktkosten möglich.
Gab es aber auch einen wirtschaftlichen Grund aus Sicht Ihres Unternehmens?
Ein weiterer Grund waren die sich damals anbahnenden regulatorischen Veränderungen wie Stornohaftungszeiten und andere. Es kann nicht sein, dass unsere beratende Tätigkeit nur dann vergütet wird, wenn der Kunde einen Produktabschluss tätigt. Für die dann verdienten Provisionen soll der Berater auch noch fünf und mehr Jahre haften – selbst wenn die Verantwortung beim Produktgeber liegt.
Wie schwer war es, Ihre bestehenden Kunden davon zu überzeugen, mit Ihnen einen neuen Weg gehen?
Es war eigentlich sehr einfach, Kunden den Unterschied der beiden Vergütungssysteme aufzuzeigen. Der Kostenvergleich zwischen provisionsbasierten Standardlösungen und effizienten Nettolösungen war trotz des Honorars ein überzeugendes Argument. Das war anfänglich ziemlich zeitaufwendig, aber ich konnte fast alle meine Kunden halten.
Welches Honorar sind Kunden denn bereit zu bezahlen und wie kommuniziert man das am besten?
Nicht der Preis ist für den Kunden entscheidend, sondern der Nutzen. Und genau das muss der Berater klarmachen. Den Kunden interessiert nicht, warum der Berater 150 Euro pro Stunde berechnet, sondern nur der Mehrwert unter dem Strich. Der Kunde kauft sich eine unabhängige Beratung und einen kosteneffizienten Lösungsweg ein. Das versteht jeder. Wünscht der Kunde eine dauerhafte Betreuung, dann werden monatliche Leistungspauschalen oder Service-Fees auf das betreute Vermögen von bis zu 1% akzeptiert.
Das hört sich relativ einfach an, dennoch schafft es die Honorarberatung nicht aus ihrem Nischendasein heraus. Warum nicht?
Wir können bestätigen, dass vor allem eine Klientel mit akademischem Hintergrund und leistungsorientierte Menschen wie Selbstständige und Freiberufler eher dazu bereit sind, eine Finanzdienstleistung zu honorieren als die breite Bevölkerungsschicht. Es bewahrheitet sich also die Feststellung wie zum Beispiel in Großbritannien, dass sich für einen Großteil der Verbraucher eine unabhängige honorarbasierte Beratung nicht rechnet. Das heißt für den Honorarberater: Es kommt nur auf die richtigen, idealen Kunden an.
Führte die Konzentration auf eine bestimmte Zielgruppe anfangs nicht auch bei Ihnen zu besonderen unternehmerischen Herausforderungen?
Natürlich. Es war zeitlich und finanziell sehr aufwendig, sich mit der neuen Art einer Finanzberatung am Markt zu positionieren. Und dazu zählt ganz klar die Zielgruppendefinition. Eine dazu passende Homepage musste her, ein Honorarmodell war zu finden, das einerseits der Kunde akzeptiert und andererseits mir eine wirtschaftlich solide Existenz bietet. Ich musste neue Beratungsprozesse entwickeln, damit Kunden die Dienstleistung annehmen. Nebenbei habe ich mir durch Lesen und spezielle Seminare das notwendige Wissen angeeignet, eben auch über die definierte Zielgruppe und neue Produktwelten.
Zu der Produktwelt eines Honorarberaters zählen vor allem ETFs und Nettotarife. Haben Ihre Kunden diese neuen Produkte verstanden?
Das gehörte damals, 2009, zum Kern meiner Aufklärung und ist auch heute noch wichtig für die Beratung. Die Erklärung ist letztlich aber ganz einfach: Die Kriterien an die Produktanbieter heißen Kosteneffizienz, hohe Sicherheitsstandards und individuelle Konfigurierbarkeit für die mit dem Kunden gemeinsam festgelegte Strategie. Im Ergebnis kommen in der Altersvorsorge nur Nettotarife und als Investmentlösung ETFs/Indexfonds infrage. Mittlerweile nutzen unsere Kunden für ihre Altersvorsorge und Geldanlage ausschließlich ETFs, entweder als Direktinvestment über Depots oder im Mantel einer günstigen Nettopolice.
Wie viel Beratungszeit akzeptiert der Kunde, wenn die Uhr mitläuft?
Ziel aller Berater sollte doch sein, langfristige Kundenbeziehungen mit einer ganzheitlichen Finanzplanung aufzubauen. Dafür ist es wichtig, den Kunden tief in die Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Je besser der Kunde die Beratung versteht, umso mehr akzeptiert er auch den Zeitaufwand. Das heißt: Bei der Altersvorsorge simuliert man mit dem Kunden seine Zukunft im Ruhestand. Bei der Anlageberatung klärt man den Anleger über die Basics des Investierens auf und zeigt ihm die Möglichkeiten auf, wie er am Kapitalmarkt effizient investieren kann. Man erarbeitet gemeinsam mit dem Kunden seine Risikobereitschaft und -fähigkeit und entwickelt darauf basierend eine maßgeschneiderte Anlagestrategie.
Viele Berater, die einen Wechsel in die Honorarberatung erwägen, fürchten um ihre Wirtschaftlichkeit. Bei Ihnen hat es funktioniert, können Sie aber die Sorge dennoch teilen?
Nicht, wenn sie sich eine passende Zielgruppe aufbauen können, unternehmerisch denken und handeln und bereit sind, eine hochwertige Dienstleistung anzubieten. Dann kann der Berater nicht nur auskömmlich davon leben, sondern sich einen echten Unternehmenswert aufbauen, der weit höher ist als der eines Provisionsberaters. Dafür sollte er den Fokus auf widerkehrende Einnahmen legen. In der Vermögensbetreuung ist es mit einer vernünftigen Strategie und Positionierung normalerweise kein Problem, in fünf Jahren 10 Mio. Euro Asset under Management zu betreuen, was etwa 100.000 Euro widerkehrende Einnahmen bedeutet. Hinzu kommen regelmäßige Einmalhonorare. Und: Es sind keine Stornorücklagen zu bilden.
Das klingt dann aber trotzdem nach einer deutlichen Umstrukturierung, anfangs unseres Gesprächs klang das noch anders. Was ist dann Ihr Erfolgsrezept?
Nachdem ich meinen alten Kundenstamm vom neuen Geschäftsmodell überzeugt habe, war mir klar, dass ich mich mit meinen Botschaften aktiv auf potenzielle Neukunden zubewegen muss. Vor allem über Einladungen zu Info-Veranstaltungen. Über meine Beraternetzwerke und Öffentlichkeitsarbeit habe ich für die Honorarfinanz AG neue Partner gewinnen können. Heute zeigt sich außerdem, wie wertvoll die KWG-Lizenz als Institut für Honoraranlageberatung geworden ist. Das war extrem aufwendig, aber dadurch ist unser Standing gegenüber Kunden noch mal gewachsen. Und auch potenzielle Partner erkennen, dass auch sie davon profitieren können. Im Ergebnis haben wir unsere Geschäftsziele für 2019 schon zur Jahresmitte erreicht.
Wie beurteilen Sie das Umfeld, um als neuer Honorarberater in Deutschland erfolgreich sein zu können?
Die Honorarberatung wird auch in Deutschland langfristig mehr Marktanteile gewinnen. Einstiegsmöglichkeiten sind, sich an bestehende Strukturen anzudocken, oder die Einführung eines Mischmodells. Die Servicefee in der Vermögenverwaltung wird deutlich zunehmen, sie bedeutet ein solides Grundeinkommen. Klar ist aber auch, dass sich der Berater vom reinen Produktverkauf abwenden und einem nachhaltigen, unternehmerischen Denken zuwenden muss.
Das Interview lesen Sie auch in AssCompact 09/2019, Seite 134 f. und in unserem ePaper.
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