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10. Juni 2024
Was bedeutet die Leitzinssenkung für die Bauzinsen?

Was bedeutet die Leitzinssenkung für die Bauzinsen?

Die Europäische Zentralbank hat die Kurswende eingeläutet und eine Senkung der Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte beschlossen. Was heißt dieser Schritt für die Baufinanzierungszinsen und wie sollten sich angehende Immobilienkäufer nun verhalten? Das sagen Zins- und Baufinanzierungsexperten.

Erstmals seit Herbst 2019 senkt die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen (AssCompact berichtete). Der Schritt war im Vorfeld erwartet worden. Doch welche Auswirkungen hat diese Maßnahme auf die Baufinanzierungszinsen und den Immobilienmarkt? Und wie sollten Kaufinteressierte nun am besten vorgehen? Mirjam Mohr, Vertriebsvorständin des Vermittlers privater Baufinanzierungen Interhyp, erklärt: „Unserer Meinung nach wird die Leitzinssenkung der EZB keine spürbaren Auswirkungen auf die langfristigen Kreditzinsen haben, weil die Finanzmärkte bereits bis zu drei Zinssenkungen um jeweils 0,25 Prozentpunkte in diesem Jahr eingepreist haben.“ Auch Michael Neumann, Vorstandsvorsitzender des Kreditvermittlers Dr. Klein, weist darauf hin, dass aktuell bereits mehrere kleine Zinsschritte der EZB in den kommenden sechs bis neun Monaten im Markt eingepreist seien.

Für den weiteren Jahresverlauf hat die EZB keine weiteren Zinsschritte in Aussicht gestellt, man wolle von Sitzung zu Sitzung entscheiden. „Wir gehen nicht davon aus, dass die EZB zur Nullzinspolitik zurückkehrt. Wir erwarten jedoch vier bis fünf weitere Zinsschritte à 0,25 Prozentpunkte – davon mindestens zwei in diesem Jahr. Allerdings darf man nicht den Fehler machen und allzu große Auswirkungen auf die Immobilienmärkte erwarten. Der Leitzins hat keinen nennenswerten Einfluss auf die Zinsen von zehnjährigen Immobilienfinanzierungen, die für den Immobilienmarkt entscheidend sind“, so Francesco Fedele, CEO der BF.direkt AG.

Wohin geht es mit den Bauzinsen im weiteren Jahresverlauf?

Wie Interhyp mitteilt, bewegen sich die Zinsen für zehnjährige Immobilienkredite momentan bei 3,7% (Stand: 6.6.2024). Der sogenannte „Bestzins“ von Dr. Klein für eine zehnjährige Baufinanzierung beträgt aktuell 3,17% Prozent (Stand: 04.06.2024). Was die weitere Prognose angeht, rechnet Michael Neumann von Dr. Klein kurzfristig mit eine Seitwärtsbewegung der Bauzinsen ohne Ausschläge und auch mittelfristig erwartet er eine nur sehr geringe Schwankungsbreite. Mirjam Mohr von der Interhyp-Gruppe sagt: „Die monatlich von uns befragten Zinsexpertinnen und -experten gehen mehrheitlich davon aus, dass das Zinsniveau in den kommenden Monaten auf gleichbleibendem Niveau in einem Korridor zwischen 3,5% und 4% für zehnjährige Darlehen liegen wird. Schwankungen sind dabei jederzeit möglich.“

Mit dem Immobilienkauf warten lohnt sich nicht

Die Finanzierungsexperten stimmen darin überein, dass angehende Kaufinteressierte bzw. Häuslebauer ihr Vorhaben nicht hinausschieben sollten, weil sie auf niedrigere Bauzinsen hoffen. „Die Hoffnung auf die Rückkehr eines Bauzinsniveaus zwischen 1% und 2% ist illusorisch. Immobilieninteressenten sollten mit ihrem Kaufvorhaben daher nicht länger warten – die Talsohle bei den Immobilienpreisen scheint seit einigen Quartalen durchschritten. Der beste Augenblick, um sich den Traum von den eigenen vier Wänden zu erfüllen, ist jetzt“, betont Oliver Kohnen, Geschäftsführer der Baufi24 Baufinanzierung GmbH.

Auch Mirjam Mohr unterstreicht, dass es sich nicht lohne, mit dem Immobilienkauf zu warten. „Eine Rückkehr in die Niedrigzinsphase werden wir so schnell nicht sehen. Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, das Kaufvorhaben anzugehen, denn die Immobilienpreise sind (noch) auf einem niedrigeren Niveau und können verhandelt werden.“

Michael Neumann weist daraufhin, dass die Talsohle bei der Immobilienpreisentwicklung erreicht scheint. Es ist davon auszugehen, dass gerade in den Metropolen und strukturstarken Ballungsräumen die Immobilienpreise schon kurzfristig tendenziell wieder steigen dürften. Zudem übersteige die Nachfrage nach Immobilien schon heute bei Weitem das Angebot. Frühindikatoren wie Bauanträge und -genehmigungen würden laut Neumann auf einen deutlichen Rückgang für Fertigstellungen in den kommenden Jahren hinweisen. Hinzu kommen immer mehr Mieter, die wegen steigender Mieten in den Kaufmarkt strömen würden. „Dies lässt weder eine Entlastung auf der Angebots- noch einen Rückgang auf der Nachfrageseite erwarten. Es spricht also alles dafür, sich den Traum von den eigenen vier Wänden zu erfüllen, sobald die passende Immobilie gefunden ist“, so Neumann. (tik)

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