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12. Oktober 2022
Wann ist PKV-Beitragserhöhung gemäß Musterbedingungen rechtens?

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Wann ist PKV-Beitragserhöhung gemäß Musterbedingungen rechtens?

Wann ist PKV-Beitragserhöhung gemäß Musterbedingungen rechtens?

Welche Rechtsfolgen hat diese Unwirksamkeit?

Die für viele anhängige Verfahren entscheidende Frage war bislang jedoch, ob die Unwirksamkeit des § 8b Abs. 2 MB/KK auch die Unwirksamkeit des § 8b Abs.1 MB/KK zur Folge hätte und auch Regelungen in den Tarifbedingungen, die auf § 8b Abs. 1 S. 2 MB/KK Bezug nehmen, nicht mehr anwendbar seien. Diese Frage hat der BGH nunmehr dahingehend entschieden, dass § 8b Abs. 1 MB/KK nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers von den gesetzlichen Vorschriften über die Prämienanpassung abweicht. Vielmehr mache der Versicherer mit der Regelung des § 8b Abs. 1 MB/KK in Verbindung mit den Tarifbedingungen lediglich von der von Gesetzes wegen eröffneten Möglichkeit Gebrauch, den Schwellenwert für die Prüfung einer Beitragsanpassung von 10% auf 5% abzusenken. Etwas anderes ergebe sich bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs auch nicht für den durchschnittlichen, um Verständnis bemühten Versicherungsnehmer.

Der BGH erläutert unter Verweis auf seine bisherige Rechtsprechung weiter, warum die Regelung in § 8b Abs. 1 MB/KK auch durch die Streichung des Abs. 2 nicht beeinträchtigt wird: Inhaltlich voneinander trennbare, jeweils aus sich heraus verständliche Regelungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen können auch dann Gegenstand einer besonderen Wirksamkeitsprüfung sein, wenn sie in einem äußeren sprachlichen Zusammenhang mit einer anderen – unwirksamen – Regelung stehen. Entscheidend ist, ob nach dem sogenannten „Blue-Pencil-Test“ bei einer inhaltlichen Trennung einer Klausel diese in einen inhaltlich zulässigen und einen inhaltlich unzulässigen Teil zerlegt werden könne. Kann also der unwirksame Teil der Klausel gestrichen werden, ohne dass der Sinn des anderen Teils darunter leidet, ist eine inhaltliche Trennbarkeit einer Klausel gegeben, und zwar auch dann, wenn beide Bestimmungen den gleichen Regelungsgehalt betreffen.

Diese Voraussetzungen liegen nach der Entscheidung des BGH hier vor, da die Regelung über die Voraussetzungen einer Prämienanpassung inklusive des Erfordernisses einer nicht nur vorübergehenden Veränderung der Rechnungsgrundlagen auch dann Bestand habe, wenn die Regelung zu den Folgen einer nur vorübergehenden Veränderung in Abs. 2 unwirksam sei. Der verbleibende Sinn der Regelung sei weiterhin aus sich heraus verständlich und würde nicht beeinträchtigt.

Schlussfolgerung des BGH-Urteils

Im Hinblick auf die ebenfalls streitige Frage des Verjährungsbeginns stellt der IV. Zivilsenat klar, dass mit der unwirksamen Prämienerhöhung und der darauf erfolgten monatlichen Teilzahlung gerade kein einheitlicher Bereicherungsanspruch in Höhe aller in Zukunft darauf geleisteter Prämien entstünde. Vielmehr entstünden Rückzahlungsansprüche aufgrund unwirksamer Beitragserhöhungen erst mit der jeweiligen Zahlung der Erhöhungsbeiträge. Damit entsteht bei jeder Zahlung ein sofort fälliger und damit regelmäßig zeitlich wiederkehrender Bereicherungsanspruch. Mit dieser Leitsatz-Entscheidung hat der BGH in einer die Prämienanpassungen betreffenden wichtigen Streitfrage nun Klarheit geschaffen.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 10/2022, S. 128 f., und in unserem ePaper.

Bild: © NAMPIX – stock.adobe.com

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Ein Artikel von
Birte Raguse