Das Niedersächsische Finanzgericht hatte sich vor Kurzem in mehreren Verfahren mit der steuerlichen Behandlung von Abfindungen zu beschäftigen, bei denen Arbeitnehmern ein Rückkehrrecht zu ihrem früheren Arbeitgeber eingeräumt wurde.
Die betroffenen Beschäftigten waren in der Produktionssparte eines Unternehmens angestellt. Diese Sparte wurde zunächst im Rahmen eines Betriebsüberganges auf eine neue Gesellschaft innerhalb des Konzerns und dann im Rahmen eines zweiten Betriebsüberganges auf eine Tochtergesellschaft einer ausländischen Holding des Konzerns übertragen. Die Tochtergesellschaft firmierte schließlich um und wurde im Rahmen eines Share-Deals an eine ausländische, konzernfremde Gesellschaft übertragen.
Vor dem ersten Betriebsübergang wurde eine Vereinbarung getroffen, dass die Beschäftigten bei der Ausgliederung so zu behandeln sind, als wären sie noch bei der Konzerngesellschaft beschäftigt. Später wurde noch vereinbart, dass die Beschäftigten im Falle von betriebsbedingten Kündigungen ein Rückkehrrecht zur deutschen Konzerngesellschaft haben oder ihnen eine Abfindung zusteht.
Erste Abfindung untersteht dem tariflichen Einkommenssteuersatz
Später kam es dann tatsächlich zur Kündigung und zur Zahlung von Abfindungen von der konzernfremden Gesellschaft. Ein Teil der Beschäftigten kehrte regulär zum deutschen Konzern zurück. Ein anderer Teil ließ sich für eine „juristische Sekunde“ anstellen und bekam eine weitere Abfindung. Das Finanzamt unterwarf die seitens des ausländischen Konzerns aufgrund der betriebsbedingten Kündigung gezahlte erste Abfindung in allen Fällen dem tariflichen Einkommensteuersatz.
Das wollten die Beschäftigen nicht auf sich beruhen lassen, und haben per Klage die ermäßigte Besteuerung gemäß §§ 24, 34 EStG der ersten von der konzernfremden Gesellschaft gezahlten Abfindung geltend gemacht.
Das Niedersächsische Finanzgericht urteilte jedoch, dass die streitige erste Abfindung nicht ermäßigt besteuert werden kann, und zwar sowohl für die Fälle, in denen die Beschäftigten langfristig in der deutschen Konzerngesellschaft verblieben sind, als auch in den Fällen, in denen eine zweite Abfindung gezahlt wurde. Nach Auffassung des 2. Senates steht die fehlende Beendigung des Tatbestands der Einkünfteerzielung der Annahme außerordentlicher Einkünfte und damit einer ermäßigten Besteuerung entgegen. Das Gericht bezog sich dabei auch auf eine frühere höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (Az. XI R 8/05)
Keine übliche betriebsbedingte Kündigung
In den entschiedenen Fällen waren die Beschäftigte so gestellt, als ob sie innerhalb eines Konzerns bzw. einer Unternehmensgruppe gewechselt haben. Sie unterlagen nicht der Gefahr des Arbeitsplatzverlustes und hatten auch keine neue Probezeit.
Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Sachverhalte nicht mit den üblichen Fällen einer betriebsbedingten Kündigung vergleichbar sind. Nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise lebte die frühere Konzernzugehörigkeit wieder auf. Nur deshalb wurde eine weitere Abfindung gezahlt. Daher war der Einkünfteerzielungstatbestand wirtschaftlich betrachtet vorliegend nicht beendet und eine ermäßigte Besteuerung nicht gerechtfertigt, teilt das Gericht mit. (bh)
Niedersächsisches Finanzgericht, Urteile vom 15.02.2024 - Az. 2 K 52/23, 2 K 72/23 / Rechtsmittel eingelegt; BFH - Az. IX B 34/24, IX B 37/24
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