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14. Dezember 2023
EU-Green-Bonds: Wie gelingt die praktische Umsetzung?
EU-Green-Bonds: Wie gelingt die praktische Umsetzung?

EU-Green-Bonds: Wie gelingt die praktische Umsetzung?

Anfang Oktober hat das EU-Parlament die Green-Bonds-Standards besiegelt. Die Hoffnung ist, dass sich diese Bezeichnung für andere grüne Bonds nach und nach zum Marktstandard entwickeln. Doch taugt das neue Regelwerk wirklich zum „Goldstandard“, wo es doch für Emittenten freiwillig ist?

Ein Artikel von Dr. Alexander J. Thomas und Philippe Lorenz, Rechtsanwälte bei GSK Stockmann

Während auf dem Markt schon seit längerer Zeit – insbesondere durch mittelständische Unternehmen – grüne Anleihen bzw. Anleihen, die mit nachhaltigen Merkmalen eng verknüpft sind, (sogenannte „Sustainability-linked Bonds“) emittiert werden, lieferte der Gesetzgeber erst jetzt einen einheitlichen, europaweiten Rechtsrahmen, der eine fundierte Klassifizierung als „Green Bond“ ermöglicht. Bislang orientierten sich Unternehmen an privaten Standards wie dem CBI-Climate Bond oder den ICMA-Green Bond Principles, welche in den letzten Jahren mehr oder minder zum Industriestandard geworden sind.

Das Problem ist jedoch, dass diese privaten Standards uneinheitlich und teils auch undurchsichtig im Hinblick auf die tatsächliche Nachhaltigkeit sind. Dennoch ist vor allem das ICMA-Label international anerkannt und gilt daher bislang als Gütesiegel Nr. 1 für nachhaltige Anleihen.

Was ist der EuGB-Standard?

Der EU Green-Bond-Standard (kurz: „EuGB-Standard“) ist ein gesetzlich definierter Standard, dessen Bezeichnung „europäische grüne Anleihe“ allen Emittenten – sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU –, die eben jene Standards erfüllen, zur Verfügung stehen soll.

Neben dem Label liefert die Verordnung auch fakultative Offenlegungen für als ökologisch nachhaltig vermarktete Anleihen und an Nachhaltigkeitsziele geknüpfte Anleihen, die zwar nicht das Gütesiegel tragen, aber dennoch gewisse Transparenz am Markt schaffen möchten.

Während der erste Entwurf bereits am 06.07.2021 vorgelegt wurde, hat der Rat nun nach langwierigen Verhandlungen mit der EU-Kommission und dem EU-Parlament die Verordnung am 23.10.2023 angenommen. Uneinig war man sich vor allem im Hinblick auf die Freiwilligkeit der Vorgaben. Insbesondere das EU-Parlament forderte verbindliche Offenlegungspflichten, um so alle Emittenten nachhaltiger Anleihen zu mehr Transparenz zu verpflichten. Letzten Endes hat sich die Freiwilligkeit dennoch durchgesetzt.

Welche Anforderungen gelten für EuGBs?

Die Vorgaben des EuGB-Standards weisen einen engen Zusammenhang mit der Taxonomie-Verordnung auf. So dürfen die Emissionserlöse der grünen Anleihen nur für ökologisch nachhaltige Zwecke im Sinne der Taxonomie-Verordnung verwendet werden. Dabei wird allerdings eine Flexibilitätsreserve von 15% eingeräumt. Das bedeutet, dass 15% der Nettoerlöse für Wirtschaftsaktivitäten verwendet werden können, für die es noch keine technischen Bewertungskriterien unter der Taxonomie gibt (oder die Tätigkeiten im Kontext internationaler Unterstützung betreffen). Im Übrigen müssen die Anforderungen der Taxonomie jedoch erfüllt werden. Grund für diese Ausnahme ist, dass bisher lediglich für die ersten beiden Umweltziele Klimaschutz und Klimawandel technische Bewertungskriterien definiert und final verabschiedet wurden.

Vor der Emission müssen EuGB-Emittenten ein Factsheet, das Berichtspflichten zu den Erlösen enthält, erarbeiten. Sollen die Emissionserlöse zur Finanzierung neuer Investitionen bzw. Betriebsausgaben (CapEx/OpEx) verwendet werden, wird zudem ein Investitionsplan erforderlich, der eine Frist festlegt, bis wann jene Investitionen und Betriebsausgaben taxonomiekonform sein müssen. Beide Dokumente sind von einem externen Prüfer zu verifizieren.

Bestandsschutz für technische Bewertungskriterien

Ferner sieht die Verordnung einen Bestandsschutz im Zusammenhang mit den technischen Bewertungskriterien vor: Sollten sich die Bewertungskriterien nach Emission der Anleihe ändern, können Emittenten noch sieben weitere Jahre auf die bereits bestehenden Kriterien zurückgreifen. Voraussetzung ist, dass die Erlöse noch nicht bestimmten Verwendungszwecken zugeordnet wurden, nicht vom Investitionsplan abgedeckt sind und noch nicht den Taxonomieanforderungen entsprechen.

Als zweiten Baustein sieht die Verordnung außerdem neue Vorgaben für externe Bewerter vor, die künftig einer Registrierungspflicht bei der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) unterliegen.

Wie wird der Markt reagieren?

Nachdem es sich bei dem EuGB-Standard nur um einen freiwilligen Standard handelt, können Emittenten auch weiterhin auf die bisherigen privaten Marktstandards wie die ICMA-Green Bond Principles zurückgreifen. Emittenten stehen also vor der Entscheidung, bisherige Verfahren unter Verwendung des ICMA-Labels lediglich ein wenig anzupassen oder sich erhöhten gesetzlichen Anforderungen des EuGB-Standards zu unterwerfen.

Einige Stimmen im Markt blicken dem neuen Standard aufgrund des erhöhten Dokumentationsaufwands jedenfalls kritisch entgegen. Für die Attraktivität der EuGBs wäre es somit wichtig, dass Fondsgesellschaften und andere Investoren die Anlagen in EuGBs umfassend als taxonomiekonform einstufen können, auch wenn der Emittent von der 15%-Flexibilitätsquote Gebrauch macht.

Auf der anderen Seite bietet der gesetzliche EuGB-Standard gegenüber privaten Labeln einen entscheidenden Vorteil: Wenn ein Emittent die gesetzlichen Vorgaben einhält, kann er etwaigen Greenwashingvorwürfen deutlich entschiedener entgegentreten. Und alleine das kann schon ein Wert an sich sein.

Bild: © Tierney – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Philippe Lorenz
Dr. Alexander J. Thomas