Das Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG) ist weitgehend bei den Vermittlern angekommen, rund neun von zehn Vermittlern haben Veränderungen an ihren Vergütungssystemen erlebt. Das belegt die Studie „Provisionen & Courtagen in der Versicherungsvermittlung“, die das Beratungsunternehmen Willis Towers Watson gemeinsam mit Professoren der Fachhochschule Dortmund durchgeführt hat. Demnach sind besonders die Makler, die höhere Provisionsvereinbarungen hatten, als die Ausschließlichkeitsvertreter, von der Absenkung der einmaligen Abschlussprovisionen betroffen. So haben der Studie zufolge die in Deutschland tätigen Lebensversicherer ihre Abschlussprovisionssätze je nach Vertriebsweg um 1,5 bis 7,0‰ gesenkt. Bei Maklern schlägt hier eine Absenkung von rund 7‰ auf 32,1‰ zu Buche, bei Mehrfachvertretern wurden die Abschlussprovisionen um rund 5,5‰ auf 30,7‰ abgesenkt. „Das LVRG sollte Druck auf die Abschlusskosten erzeugen – dieser ist in den Provisionsvereinbarungen der Vermittler und Makler spürbar angekommen“, sagt Prof. Dr. Matthias Beenken, Professor für Versicherungswirtschaft an der FH Dortmund.
Neue Vergütungssysteme werden als komplex wahrgenommen
In diesem Jahr wurden im Rahmen der Provisionsstudie, die nach 2011 und 2015 bereits zum dritten Mal durchgeführt wurde, zudem erstmals auch weitere Parameter erhoben, die zur effektiven Senkung des nominellen Abschlussprovisionssatzes führen: Insbesondere sogenannte Laufzeitfaktoren senken die Beitragssumme als Berechnungsgrundlage der Abschlussprovision, vor allem für kurz- und besonders langlaufende Versicherungen. Das führt zu einer effektiven Provisionskürzung, auch wenn der nominale Provisionssatz unangetastet bleibt. Häufiger als in der vor zwei Jahren durchgeführten Studie finden sich in der aktuellen Erhebung auf die Laufzeit verteilte Abschlussprovisionen: Rund jeder zweite Versicherungsmakler und Mehrfachvertreter gibt solche Vergütungen an. Hinzu kommen bei Maklern und Mehrfachvertretern mehrheitlich auch Bestandsvergütungsprovisionen, die typischerweise zwischen 1 und 2% der laufenden Jahresprämie betragen. Eine weitere Senkung entsteht durch eine unverzinste Einbehaltung von Teilen der Abschlussprovision als sogenannte Stornoreserve.
Was die Laufzeitfaktoren betrifft, weisen die Studienautoren auf eine gewisse heterogene Handhabung vonseiten der einzelnen Versicherungsgesellschaften hin und machen gleichzeitig deutlich, dass die neuen Vergütungssysteme den Studienergebnissen zufolge von den Vermittlern als sehr komplex und intransparent wahrgenommen werden.
Stornohaftungszeiten signifikant angestiegen
Die Studie hat außerdem ergeben, dass die Stornohaftungszeiten signifikant angestiegen sind: Die gesetzliche Stornohaftungszeit von fünf Jahren werde zunehmend vertraglich angehoben und sogar überschritten. So haben Makler und Mehrfachvertreter nach knapp sechs Jahren ihre vollständige Abschussprovision verdient, bei Ausschließlichkeitsvertretern dauert es mit etwas über sechs Jahren noch länger. Endet ein Versicherungsvertrag früher, muss eine anteilige Abschlussprovision zurückgezahlt werden. Die Rückzahlungspflicht gelte unabhängig vom Grund für die vorzeitige Beendigung, also auch wenn keine schlechte Beratung erfolgt sei, erläutert Prof. Michael Radtke, Professor an der Fachhochschule Dortmund und Co-Autor der Studie, und fügt hinzu, dass bei der Honorarberatung, die der Gesetzgeber fördern will, nach jetzigem Stand keine vergleichbare Stornohaftung vorgesehen sei. „Dies wäre eine Ungleichbehandlung der Vermittler und Berater – Kunden sollten über diesen Nachteil Bescheid wissen, den sie bei einer Honorarvereinbarung hinnehmen müssen“, so Radtke weiter. Auch den Aspekt der laufenden Beratung, die bei der Honorarberatung ja quasi wegfalle, müsse bedacht werden.
Erfolgsabhängige Sondervergütung trotz IDD und Verhaltenskodex nicht ausgestorben
Handlungsbedarf sehen die Studienautoren im Bereich der Sondervergütungen. Sie halten es für bedenklich, dass trotz Verhaltenskodex und IDD in der aktuellen Studie kein merklicher Rückgang der erfolgsabhängigen Sondervergütungen bei Versicherungsmaklern erkennbar sei: „Mit der bevorstehenden Umsetzung der Versicherungsvertriebsrichtlinie (IDD) ist es nicht mehr zulässig, Vergütungsformen einzusetzen, die mit der Pflicht der Versicherer und Vermittler im bestmöglichen Interesse der Kunden zu handeln kollidieren“, sagt Beenken. Besonders problematisch sind in diesem Zusammenhang erfolgsabhängige Zusatzvergütungen, wenn sie dazu führen, dass Versicherungsvermittler andere Verträge anbieten als für den Kunden in der jeweiligen Situation empfehlenswert. (ad)
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