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27. März 2024
Wer hat schon Lust auf Notfallplanung? Sie etwa?

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Close-up Of Businesswoman Stopping The Effect Of Domino With Hand At Desk

Wer hat schon Lust auf Notfallplanung? Sie etwa?

Die rechtzeitige Vorsorge für den Unternehmensnotfall ist entscheidend, um rechtliche Risiken zu minimieren und die Geschäftskontinuität sicherzustellen. Doch ohne angemessene Vorsorge können unerwartete Ereignisse zu großen Problemen führen. Rechtsexpertin Ulrike Specht, Fachanwältin für Erbrecht, erläutert wichtige Schritte der betrieblichen Notfallplanung.

Ein Artikel von Ulrike Specht, Fachanwältin für Erbrecht sowie Handels- und Gesellschaftsrecht bei der Kanzlei Paluka Rechtsanwälte Loibl Specht PartmbB

Während ich diesen Artikel verfasste, heulte draußen zweimal die Sirene des Notarztes auf, obwohl ich im Homeoffice in einem nicht mal Tausend-Seelen-Ort saß. Der Notfall passiert schnell. Den Fortbestand des Unternehmens zu regeln, wenn für diesen Fall nicht vorgesorgt ist, kostet dagegen viel Zeit und Mühe. Dabei können Sie dieses unliebsame Thema schon mit ein paar kleinen Maßnahmen für sich beurteilen, erforderlichenfalls ein paar Regelungen treffen – und sich danach wieder den täglichen Herausforderungen Ihres Kerngeschäfts widmen.

Ein Beispiel aus der Praxis

Ein Unternehmer führt seinen Betrieb in der Rechtsform der GmbH. Er ist der einzige Gesellschafter und Geschäftsführer. Seine Frau übernimmt im Betrieb die Buchhaltung. Seine Tochter, die den Betrieb später einmal übernehmen soll und schon über die notwendige Qualifikation verfügt, ist im Betrieb neben drei weiteren Mitarbeitern als Angestellte im Innendienst tätig. Bei einem tragischen Unfall verunglückt der Unternehmer tödlich. Er hatte nichts geregelt.

Dieses derart einschneidende Erlebnis führte zu einer großen Verunsicherung bei den Mitarbeitern, den Kunden und auch den Angehörigen: Ist mein Arbeitsplatz sicher? Wer kümmert sich um meine eilige Kundenanfrage? Wer darf die GmbH nach außen vertreten? Wer hat Zugriff auf die Passwörter sowie die Bankkonten des Unternehmens und kann zum Beispiel die anstehende Überweisung der Löhne veranlassen?

Zunächst musste dringend die Erbfolge geklärt und der Erbschein beantragt werden. Das war zwar nach ein paar Wochen geregelt. Allerdings war nun nicht nur die Tochter, sondern auch die Ehefrau – und zwar beide in Erbengemeinschaft – in die Position als GmbH-Gesellschafter nachgerückt. Zum Glück verstanden sich beide gut. Vakant war aber noch immer die Geschäftsführerposition. Denn diese ist nicht vererblich. Die neuen Gesellschafter müssen dazu Beschluss fassen. Die GmbH war also in der Zeit ab Erbfall bis zur Eintragung in der Gesellschafterliste und Bestellung eines neuen Geschäftsführers führungslos und konnte im Rechtsverkehr nicht agieren. Aufgrund dringend anstehender geschäftlicher Entscheidungen musste ein Notgeschäftsführer bestellt werden, was nur über ein Antragsverfahren beim zuständigen Amtsgericht erreicht werden kann. Das Ganze dauerte knapp ein Vierteljahr. Doch mit ein paar einfachen Maßnahmen wäre mit Blick auf die rechtlichen Aspekte den Hinterbliebenen viel Aufwand erspart geblieben.

Gesellschaftsvertrag prüfen

Der Unternehmer hätte beizeiten einen Blick in den Gesellschaftsvertrag (Satzung) der GmbH werfen sollen, um sicherzustellen, dass sein Anteil – wie im oben erläuterten Beispiel gewünscht – an die Tochter übergehen kann.

Das ist in der Ein-Mann-GmbH, wie im Beispiel, zwar seltener ein Problem. Wenn es aber einen Mitgesellschafter gäbe, kann das ganz anders aussehen. Denn eine Satzung kann vorsehen, dass ein GmbH-­Anteil von den verbleibenden Gesellschaftern eingezogen werden kann, wenn der Anteil an einen Erben fallen würde, der nicht nachfolgeberechtigt ist. Zugleich bestimmt die Satzung dann, wer nachfolgeberechtigt in diesem Sinne sein soll, zum Beispiel nur die Abkömmlinge eines Gesellschafters oder nur die Ehefrau etc. Bei GbR oder GmbH & Co. KG findet sich häufig die Regelung, dass die Gesellschaft mit den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt wird. Das hat zur Folge, dass die Erben einen Abfindungsanspruch haben. Das kann im Einzelfall die passende Regelung sein – nicht aber dann, wenn die Nachfolge durch eine bestimmte Person gewünscht ist und die Zahlung einer Abfindung vermieden werden soll.

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Ein Artikel von
Ulrike Specht

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Ulrich Welzel … am 28. März 2024 - 10:28

Der Fachbeitrag von Frau Specht ist fachlich sehr gut, und hebt sich wohlwollend von den bisher in der Finanzdienstleistung geschriebenen Beiträgen zur Unternehmervollmacht ab. Man erkennt die Fachfrau.  

Am Ende schreibt Frau Specht: "Nehmen Sie sich ein paar Stunden Zeit, um gegebenenfalls mit anwaltlicher Unterstützung Ihre Ist-Situation im Hinblick auf einen Ausfall der Unternehmerpersönlichkeit zu klären." 

Das Wort "Gegebenenfalls" würde ich sofort streichen. Unternehmervollmachten gehören ausschließlich in die Hände von Juristen. Hier ist von ein paar Stunden die Rede. Das ist auch meine Erfahrung, dass es je nach Unternehmen auch mal 15 -20 Stunden sein können. 

Wenn ich die rechtlich verbotenen Angebote (siehe Rechtsdienstleistungsgesetz) von freien Finanzdienstleistern (Versicherungsmakler, Generationenberater, Ruhestandsplaner und leider auch freien CFP´s) an ihre Unternehmerkunden sehe, erahne ich die Qualität der Vollmachten.