Sparkassen und Genossenschaftsbanken halten sich bei Zinsangeboten weitgehend zurück – zumindest im Vergleich zu vielen Online-Banken, wie kürzlich eine Auswertung des Vergleichsportals Verivox herausfand (AssCompact berichtete: Keine Zinsen bei jeder fünften Bank trotz Zinswende). Teilweise scheinen sich die für die Banken sparsamen Konditionen nun aber zu rächen. Die Beratungsfirma PwC hat für das Handelsblatt auf Grundlage von Daten der Deutschen Bundesbank die Einlagenbestände bei den Sparkassen und Volksbanken ausgewertet und dabei festgestellt, dass diese im ersten Halbjahr zurückgegangen sind – zum ersten Mal seit über zehn Jahren.
Einlagenbestände bei Sparkassen und Volksbanken im Minus
PwC beziffert die Einlagenbestände bei den Sparkassen für Ende Juni bei 1,163 Bio. Euro. Dies sei ein Rückgang von 1,9%. Zuletzt mussten die Sparkassen hier im ersten Halbjahr 2011 ein Minus verkraften. Laut Handelsblatt seien die Gesamteinlagen bei den Sparkassen in den letzten Jahren deutlich gestiegen, vor allem aufgrund des rückläufigen Konsums während der Corona-Pandemie.
Die Einlagen bei den Genossenschaftsbanken seien laut PwC derweil um 1,7% auf 846 Mrd. Euro gesunken. Dort habe es den letzten Rückgang im ersten Halbjahr 2008 gegeben, wobei sie im gesamten Jahr 2008 gestiegen waren, wie Zahlen des Branchenverbands BVR zeigen. Wie das Handelsblatt meldet, führe der BVR den Einlagenrückgang im ersten Halbjahr 2023 auf die hohe Inflation, Energiepreise, Lebenshaltungskosten und die Zinswende zurück. 2022 seien die Preise in Deutschland um durchschnittlich 7,9% gestiegen. Im Juli 2023 lag die Inflation gegenüber dem Vorjahresmonat bei 6,2%.
Wo die Prozente, da die Kunden?
Die Sparkassen würden die geringere Sparfähigkeit ebenfalls spüren, so das Handelsblatt. Der baden-württembergische Sparkassenpräsident Peter Schneider ließ kürzlich verlautbaren, dass die meisten Menschen mittlerweile ihr komplettes Geld für das Bestreiten des Lebensunterhalts bräuchten. Doch er sagte auch, dass die Sparkassen in der „Jagd um Einlagen“ reagieren müssten, wenn größere Abflüsse drohten. Allein auf die Treue der Kunden zu setzen, funktioniere nicht mehr.
Damit dürften in erster Linie die niedrigen Zinsen bei den Kontoangeboten der Sparkassen und den Genossenschaftsbanken gemeint sein. Denn die Zinsangebote auf Tages- und Festgeldkonten sind bei den Direktbanken wie der ING und der DKB, aber auch bei Neobrokern wie Trade Republic im Durchschnitt deutlich höher angesetzt als bei den klassischen Filialbanken. Die ING konnte ihrerseits allein im zweiten Quartal 2023 fast 16 Mrd. Euro an frischen Einlagen verbuchen. Insgesamt, so das Handelsblatt, sei das Einlagevolumen bei den privaten Banken im ersten Halbjahr um 2,6% auf 1,833 Bio. Euro gestiegen.
Beachtung sollte hierbei auch die Einlagenfazilität der Europäischen Zentralbank finden. Dabei handelt es sich um den Zinssatz, zu dem Banken Einlagen bei der EZB parken können. Im Zuge der mittlerweile neunmaligen Anhebung der Leitzinssätze seit Juli 2022 liegt die Einlagefazilität derzeit bei 3,75%. Zum Vergleich: Die Zahlen des Verivox-Zinsvergleichs Ende Juli zeigen, dass die bundesweit aktiven Banken durchschnittlich 1,4% p. a. aufs Tagesgeld bieten. Die Sparkassen und Genossenschaftsbanken liegen noch weiter darunter, nämlich bei 0,4%. (mki)
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