„Damit sind alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft.“ Tatsächlich hatten die Verbraucherschützer seit mehr als vier Jahren mit vielerlei Mitteln versucht, die Sache für sich zu entscheiden – vergeblich. Es geht um die sogenannten „Teilzahlungszuschläge“, zum Beispiel in Renten- und Lebensversicherungen, aber auch in Kfz-Policen. Kunden, die ihre Prämien nicht jährlich im Voraus zahlen, berechnen die Versicherer nämlich einen Zuschlag für die monatliche, quartalsweise oder halbjährliche Zahlungsweise. Hierin sehen die Verbraucherschützer eine Verletzung der Formvorschriften. Sie forderten die Versicherer auf, den Effektivzins anzugeben, der durch die unterjährige Beitragszahlung entstehe. Die vertraglich vereinbarte unterjährige Zahlungsweise von Versicherungsprämien stellt jedoch keine Kreditgewährung in Form eines entgeltlichen Zahlungsaufschubs dar, stellte am 06.02.2013 der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil klar.
„Ein schöner Extra-Gewinn für die Branche“
Mit diesem höchstrichterlichen Spruch aus Karlsruhe hätte die Angelegenheit eigentlich ein Ende finden können. Eigentlich – denn die Verbraucherzentrale Hamburg legte beim Bundesverfassungsgericht Verfassungsbeschwerde ein. Diese richtete sich gegen die Zurückweisung der Revision, die der BGH durch Beschluss in einem Verfahren der Verbraucherzentrale Hamburg gegen einen Versicherer entschieden hatte. „Wir meinen, dass der Europäische Gerichtshof hätte befragt werden müssen, weil wir wegen der Nichtangabe des Effektivzinses europäisches Recht verletzt sehen“, begründete die Verbraucherschutz-Organisation ihren Schritt. Zuvor, also nach dem für die Assekuranz positiven BGH-Urteil, hatte die Verbraucherzentrale die eingelegten Revisionen in fünf Verfahren – „mehr als zähneknirschend“ – schon von sich aus zurückgenommen.
Am Laufen waren demnach nur noch zwei Verfahren. Und in beiden Fällen unterlag nun die Verbraucherzentrale Hamburg. „In dem noch offenen Verfahren hat nun der BGH unsere ‚Nichtzulassungsbeschwerde’ zurückgewiesen“, geben die Verbraucherschützer auf ihrer Internetseite bekannt. Auch „in dem noch offenen Verfahren wurde unsere Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen“, gesteht die Organisation ein, womit nun „alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft“ seien.
Die Versicherer könnten sich nun „die Hände reiben“. Sie müssten ihre Kunden nicht über die wirklichen Kosten der monatlichen, quartalsweisen oder halbjährlichen Teilzahlungen einer Jahresprämie informieren, so die Verbraucherzentrale. „Weil die Kostenangaben irreführend“ seien, könnten die Verbraucher die „wirkliche Höhe der Entgelte gar nicht erkennen, zahlen sie aber gleichwohl in dem irrigen Glauben, es ginge ja nur um 2 oder 3 % p.a. Echte Zinsen von bis zu 14% effektiv pro Jahr sind somit ein schöner Extra-Gewinn für die Branche“, empören sich die Verbraucherschützer.
Ruf nach dem Gesetzgeber
Nach der juristischen Niederlage rufen die Verbraucherschützer jetzt nach der Politik. „Wir fordern den Gesetzgeber auf, gesetzlich klarzustellen, dass die Kosten der ratierlichen Zahlungen einer Versicherungs-Jahresprämie als Effektivzins im Angebot anzugeben sind“, lautet das Ziel. Eine „fortgesetzte Täuschung der Verbraucher, die über die Kosten dieser Teilzahlung gar nicht oder falsch informiert“ würden, „halten wir für unerträglich“. Mündige Verbraucher hätten einen Anspruch auf klare und richtige Preisangaben. Vorerst empfiehlt die Organisation die Zahlweise auf jährliche Zahlungen umzustellen, um die „teuren“ Teilzahlungszuschläge zu vermeiden.
Text: Umar Choudhry
BGH, Urteil vom 6. Februar 2013, IV ZR 230/12, LG Karlsruhe, AG Maulbronn
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