Alle Vermittler, die sich mit dem Thema „Vorsorgeverfügungen“ beschäftigen, werden früher oder später auf die beiden folgenden Fragen stoßen: „Muss eine Vorsorgevollmacht beglaubigt werden?“ und „Falls ja, muss denn diese Beglaubigung notariell sein?“. Hierzu kursieren viele falsche und halbwahre Informationen. Der Vermittler, der hierzu seinen Mandanten in gutem Glauben falsche Auskünfte gibt, riskiert mal wieder die berüchtigte Beraterhaftung, weil er gegen das Verbot, dass er keine Rechtsberatung machen darf, verstoßen hat.
Grundsatz: Vollmachten sind formfrei
Vollmachten gibt es viele: Kontovollmacht, Postvollmacht, Makler- oder Vermittlervollmacht, Vorsorgevollmacht etc. Eine Vollmacht erfordert grundsätzlich keine Beglaubigung. Dies ist in den §§ 164ff. BGB und hier insbesondere in § 167 Abs. 2 BGB klar geregelt. Das BGB ist ein Bundesgesetz. Es gilt also in ganz Deutschland für alle natürlichen und juristischen Personen.
Sinnvoll „bezeugen“ oder besser „amtlich beglaubigen“
Dennoch werden Vollmachten oft nicht anerkannt oder zumindest in der Alltagspraxis von Ärzten, Banken, Behörden oder sonstigen Dritten angezweifelt. Vielleicht gibt es Zeugen, die bestätigen können, dass der Vollmachtgeber zum Zeitpunkt der Unterschrift geschäftsfähig war. Das kann helfen. Solche Zeugen können Familienangehörige, der Vermittler oder auch Ärzte sein. Eine Rechts- oder Beweiswirkung entfalten diese Zeugen und ihre Unterschriften allerdings nicht. Sie erhöhen nur das Vertrauen in die Vollmacht.
Behörden (zum Beispiel die Gemeinde) und Rechtsanwälte dürfen schon mehr: Sie dürfen „amtlich“ beglaubigen. Damit wird zumindest die Unterschrift als „echt“ oder ein „identischer Inhalt von Original und Kopie“ bestätigt. Das hat im Rechtsverkehr eine Beweiswirkung. Jeder, der die Echtheit der Unterschrift oder die Übereinstimmung von Original und Kopie jetzt anzweifelt, muss dafür dann schon gewichtige Gegenbeweise bringen können. Aber Vorsicht: Diese Beweiswirkung gilt nur, wenn der Stempel auch das Wort „beglaubigt“ neben der Unterschrift des Anwaltes aufweist. Eine bloße Unterschrift eines Anwaltes sagt gar nichts aus und nützt rechtlich eben auch gar nichts.
Begriff der „öffentlichen Beglaubigung“
Nur in ganz wenigen Fällen schreiben spezialgesetzliche Regelungen eine sogenannte „öffentliche“ Beglaubigung vor. Diese wird grundsätzlich durch einen Notar (vgl. § 129 BGB) erbracht. Zu den Anwendungsfällen einer „öffentlichen Beglaubigung“ gehören Vollmachten, die auch die Übertragung oder Belastung von Grundstücken unter Lebenden, die Aufnahme von Darlehen, das Abfassen oder Ändern eines Gesellschaftsvertrages oder Anmeldungen zum Handelsregister zum Inhalt haben.
Öffentliche Beglaubigung auch durch Betreuungsbehörden
Kaum bekannt ist, dass auch Betreuungsbehörden Vorsorgevollmachten „öffentlich“ beglaubigen dürfen. Dies ist ausdrücklich in § 6 Betreuungsbehördengesetz (BtBG) geregelt, was ebenfalls ein Bundesgesetz ist und damit auch in allen Bundesländern gilt. Diese Betreuungsbehörden dürfen für die Beglaubigung nur 10 Euro an Gebühren nehmen und ihre Beglaubigung steht der notariellen ausdrücklich gleich. Auch wenn einige Notare diese Bedeutung des § 6 BtBG verneinen, so müssten Unklarheiten spätestens seit dem 01.09.2009 beseitigt sein. Im Rahmen des Gesetzes zur Änderung des Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrechts vom 06.07.2009 (BGBl. I S. 1696) wurde in § 6 Abs. 2 BtBG das Wort „öffentlich“ vor dem Wort „beglaubigt“ hinzugefügt. Damit ist bundesgesetzlich klargestellt worden, dass eine Beglaubigung einer Betreuungsbehörde der eines Notars entspricht.
Leider wissen das viele Verbraucher nicht. Auch viele Betreuungsbehörden kennen ihre eigene Kompetenz nicht und verweisen Vollmachtgeber unsinnigerweise zu einem Notar. Wenn dieser dann anstatt zu „beglaubigen“ auch noch „beurkundet“, kann das für den Verbraucher deutlich teurer werden, als eine einfache Beglaubigung bei der Betreuungsbehörde.
Praktische Notwendigkeit einer Beglaubigung bei „Immobilien“?
Aber ergibt es überhaupt immer Sinn, eine Vorsorgevollmacht „öffentlich“ zu beglaubigen, nur weil man Immobilien hat? Die typische Anwaltsantwort: „Das kommt darauf an.“ Die normale Verwaltung von Immobilien funktioniert ohne Beglaubigung: der Bevollmächtigte kann auch ohne Beglaubigung die Immobilie vermieten, Reparaturen vornehmen, Mietern kündigen etc. Für die normale Immobilienverwaltung ist also keine Beglaubigung erforderlich. Klar ist auch, dass, wenn der Vollmachtgeber gestorben ist, die Erben (Ehepartner, Kinder) auch ohne Beglaubigung mit den Immobilien sofort nach Erteilung des Erbscheines machen können, was sie wollen. Der Erbschein ist dann die Legitimation der Erben.
Damit bleiben nur zwei Konstellationen, bei denen man sich gut überlegen sollte, seine Vollmachten öffentlich beglaubigen zu lassen: kurzzeitige und langfristige Geschäftsunfähigkeit (zum Beispiel Koma). Bei kurzzeitiger Geschäftsunfähigkeit kann es sogar ein gewisser Schutz gegen einen ungewollten Verkauf der Immobilien sein, wenn keine öffentliche Beglaubigung vorliegt. Aber auch bei langfristiger Geschäftsunfähigkeit muss eine Beglaubigung nicht immer Sinn ergeben: Wenn der Immobilieneigentümer auch eine (gültige) Patientenverfügung verfasst hat, dann wird er – so makaber es klingt – nicht „dauerhaft“ oder langfristig in diesem Zustand leben. Mit einer Patientenverfügung ist auch die Gefahr einer jahrelangen „Hängepartie“ für die Erben stark reduziert.
Alternative zur Beglaubigung: Betreuerbestellung
Obwohl man eigentlich eine (gerichtliche) Betreuung mit der Vollmacht vermeiden möchte, kann sich der Bevollmächtigte in Notfällen und ausnahmsweise vom Gericht und nur für diesen einen Anwendungsfall des Immobilienverkaufes, alleine für diesen Punkt „Verkauf einer Immobilie“, zu einem gerichtlichen Betreuer bestellen lassen. Und auch hier entfällt das Bedürfnis für eine öffentliche Beglaubigung.
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