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26. November 2018
Kann ein Roboter Altersvorsorge?
Cyborg on blurred background solving problem with digital question marks 3D rendering

Kann ein Roboter Altersvorsorge?

Das Thema Altersvorsorge wird von vielen Menschen als komplex, der Umgang damit als unerfreulich empfunden. Dies hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass Altersvorsorge eine Domäne der individuellen Beratung war. Ist das noch so? Dr. Tobias Schmidt und Reinhard Kunz von der f-fex AG über digitale Beratung.

Die zunehmende – mindestens mediale – Präsenz von sogenannten Robo-Advisorn im Bereich der Vermögensanlage scheint an dieser Erkenntnis zu rütteln. Viele Menschen assoziieren damit intuitiv positive Begriffe wie Objektivität, Kostenersparnis, Reaktionsschnelligkeit oder sogar künstliche Intelligenz. In Verbindung mit einer Lebens- bzw. Rentenversicherung muss man damit noch nicht einmal auf die Vorteile dieser Produkte – nämlich die Option auf eine lebenslange Rente und steuerliche Förderung – verzichten.

Aber genügt es, in eine fondsgebundene Rentenversicherung als Anlagekonzept einen Robo-Advisor einzubauen, der mit einem einfachen, standardisierten Algorithmus die hereinkommenden Sparbeiträge anlegt und ab und zu das Portfolio umschichtet? Nun, im Vergleich zur gängigen Praxis wäre damit schon einiges getan, denn die meisten Fondspolicen werden mit Vertragsabschluss aufgesetzt und bis zum Ablauf ohne Anpassung – oft sogar ohne jeglichen Kontakt zum Kunden – bespart. Die Enttäuschung der Versicherungsnehmer ist damit in der Regel vorprogrammiert, denn kein Anlagekonzept und insbesondere kein Fonds liefert über 20 oder 30 Jahre kontinuierlich gleich gute Erträge. Die Performance des Anlagestocks der fondsgebundenen Lebensversicherungen in Deutschland ist alles andere als überzeugend: Mehr als zwei Drittel der Anlagestocks sind in underperformende bis durchschnittliche Fonds angelegt.

Robo-Advisor für bessere Performance

Wenn also ein Robo-Advisor das Portfolio einer Fondspolice laufend anpassen und mit performanten Zielfonds bestücken würde, wäre bereits viel gewonnen. Wegen ihres standardisierten Anlagekonzepts unterscheiden sich viele Robo-Advisor allerdings im Ergebnis kaum von den bisher eingesetzten Dachfonds- oder Basket-Lösungen: In der Regel gibt es für jede Risikoklasse ein Musterportfolio, welches nach fest definierten Anlageklassen mit ebenfalls fest definierten Fonds umgesetzt wird. Alle Kunden der gleichen Risikoklasse erhalten daher das gleiche standardisierte Fonds­portfolio. Von einer intelligenten individuellen Anlagelösung ist man damit weit entfernt. Auch auf der Kostenseite differenzieren sich viele Robo-Advisor mit Management Fees zwischen 0,5 und 1% kaum von bisher verwendeten Dachfonds- oder Basket-Konzepten.

Wie lassen sich nun also die positiven Aspekte der Robo-Advisor-Welt mit der komplexen, individualisierten und daher beratungsintensiven Altersvorsorge-Welt vereinen? Die Lösung sollte in jedem Fall drei Dinge können:

  • Konkrete Handlungsempfehlung und Integration des Policenbestands: Die App muss klare und nachvollziehbare kundenindividuelle Vorschläge für ein optimiertes Fondsportfolio bzw. den dahinterstehenden Sparplan generieren. Dabei sollte ein eventuell vorhandenes Bestandsportfolio intelligent in die Vorschläge integriert werden.
  • Individualisiertes Anlagekonzept: Die generierten Vorschläge müssen vom Berater oder vom Kunden in der App variiert bzw. durch eigene Vorschläge ersetzt werden können. Dabei sollten die Auswirkungen dieser Veränderungen bereits vor der tatsächlichen Umsetzung in der App sichtbar werden.
  • Volle Transparenz und Multi-Use-Funktionalität: Die App muss so verständlich konzipiert sein, dass sie sowohl vom Berater als auch vom Endkunden verstanden und bedient werden kann.
Digitales Beratungstool

Das digitale Portfolio-Advisory-Tool PAUL will genau diese Lücke füllen. Als integrierte Komplettlösung für das Fondspolicen-Management liefert es alle digitalen Bausteine für eine effektive Kundenberatung im Bereich Fondspolicen: Von der Risikoeinstufung des Kunden über die Analyse und Optimierung des bestehenden Fondsportfolios bis hin zu einem aussagefähigen, verständlichen Reporting. Als Beratungstool für Vermittler unterstützt PAUL dabei im Neugeschäft durch den strukturierten, regulierungskonformen Anlageprozess und die optimale Zusammenstellung von Portfoliostruktur und Zielfonds. Bei der Betreuung des Bestandsgeschäfts ermöglichen „on the fly“ erzeugte Optimierungsvorschläge und transparentes Reporting eine kompetente und effiziente Begleitung des Kunden über die gesamte Vertragslaufzeit.

Kann ein Roboter Altersvorsorge?

Der Vermittler wird in nur fünf intuitiv verständlichen Schritten durch den Optimierungsprozess geführt. Auf der Basis eines aussagefähigen Portfolio- Ratings wird laufend überprüft, ob das Portfolio-Risiko noch zur Risikoeinstufung des Kunden passt (Risiko-Check), die Anlageklassen im Portfolio angemessen durchmischt sind (Allokation-Check) und die Qualität der Zielfonds (Fonds-Check) weiterhin gegeben ist. Hieraus erzeugt das System digital kunden- und portfoliogerechte Anlage- bzw. Optimierungsvorschläge, die vom Kunden in Abstimmung mit dem Berater – bei Implementierung im Kundenportal auch direkt – akzeptiert, abgelehnt oder variiert werden können. Last, but not least liefert PAUL ein aussagefähiges, regulierungskonformes Reporting inklusive der relevanten Bausteine für das Beratungsprotokoll.

Der so konzipierte Prozess ermöglicht auch „Nicht-Fondsprofis“, eine qualitativ hohe Beratung durchzuführen. Erfahrene Fondsprofis können hingegen ihre eigenen Fondsideen optimal in das Kundenportfolio einfügen. Das System überprüft laufend die Kompatibilität der Vorschläge zum Anlagekonzept. Eventuell erforderlicher Anpassungsbedarf wird über sogenannte Watch-Lists angezeigt. Als Portallösung für Endkunden wird PAUL zum Informations- und Interaktionstool für Fondspolicen-Kunden. Die einfach verständliche Bewertungslogik des Portfolio-Ratings ermöglicht es dem Kunden, Portfolioanpassungen fundiert und eigenständig vorzunehmen.

Die stetig zunehmenden Anforderungen an Produktberatung und Vertragsabschluss erhöhen in Verbindung mit der öffentlichen Diskussion über Versicherungskosten und Vertriebsprovisionen den Veränderungsdruck bei Versicherern, Finanzvertrieben und Beratern. Alle Beteiligten sind gehalten, ihren Beitrag in der Prozesskette so effektiv und effizient wie möglich zu gestalten.

Mit intelligenten Robo-Advisory-Tools können diese Prozessschritte in erheblichem Umfang inhaltlich verbessert und gleichzeitig deutlich effizienter abgearbeitet werden. Dabei muss der Berater keinesfalls überflüssig werden, im Gegenteil. Intelligente Tools sollten beides können: konkrete Handlungsoptionen vorschlagen und dennoch ausreichend Flexibilität wahren, um kundenindividuellen Wünschen und fundierter Beraterkompetenz Rechnung tragen zu können.

Der Einsatz solcher Tools richtet sich dabei nicht nur auf das Neugeschäft. Der größte Handlungsbedarf besteht derzeit bei den Verträgen im Bestand. Wegen der großen Anzahl von Bestandskunden sind gerade hier intelligente digitale Tools gefragt, die Versicherer, Vermittler und Endkunden zielsicher, effizient und zugleich hochqualitativ unterstützen.

Kann ein Roboter also Altersvorsorge? Ja, aber bitte intelligent und unter Berücksichtigung von individuellen Kundenvorstellungen und verfügbaren Beraterkompetenzen.

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 11/2018, Seite 54f.
 
Ein Artikel von
Dr. Tobias Schmidt
Reinhard Kunz