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7. November 2016
Ist der Wettbewerb um den (digitalen) Kunden schon entschieden?

Ist der Wettbewerb um den (digitalen) Kunden schon entschieden?

Digitale Makler und digitale Makler-Apps sind in die Finanz- und Versicherungsvermittlung eingezogen und verändern seitdem den Markt mit ungeahnter Dynamik. InsurTechs, klassische Versicherungsvermittler, Maklerpools und auch Produktgeber suchen ihren Platz in dieser neuen Welt. Widerspruch und Zustimmung liegen dabei oft sehr nah beieinander, wie eine Diskussion auf der DKM zeigte.

In den vergangenen Monaten war die Finanz- und Versicherungsvermittlung von einer rasanten Entwicklung betroffen. Junge Wettbewerber, digital aufgestellt und oft branchenfremd, konkurrieren mit den klassischen Versicherungsvermittlern um deren Kunden. Maklerpools, die seit jeher Dienstleistungen für die unabhängigen Vermittler angeboten haben, versuchen, den Newcomern die Stirn zu bieten, und sind mit neuen Angeboten wie beispielsweise vertriebsunterstützenden Apps für Makler auf den Markt gekommen. Die Produktgeber wiederum spielen auf vielen verschiedenen Seiten mit und sehen letztendlich in den InsurTechs einen weiteren Vertriebsweg und die Möglichkeit, mehr Geschäft zu machen.

Die Start-ups und InsurTechs nehmen dabei für sich in Anspruch, zu wissen, was der Kunde will. Dies bot auch den Auftakt für eine Diskussion auf der DKM 2016, die sich der Frage stellte, ob der Wettlauf um den digitalen Kunden schon entschieden sei.

Ein gut beratener Kunde wechselt nicht

„Wenn ein Kunde gut beraten ist, kommt er nicht zu Knip“, so die erste Antwort von Dennis Just, CEO des InsurTechs Knip. Jeder definiere dabei eine „gute Beratung“ anders, Knip mache dies eben sehr digital und spreche damit Kunden mit hoher Kaufkraft an. Andreas Vollmer, Geschäftsführer der Hasenclever + Partner GmbH und BVK-Vizepräsident, stimmt Just in der Diskussion zu. Es sei schon immer so gewesen, dass derjenige, der eine gute Beratung erfahre, selten den Vermittler wechsle. Vollmer forderte allerdings gleichfalls seine Kollegen auf, die eigene Kundenkerngruppe dezidiert für sich zu definieren.

Neben der Kundenseite wurde in der Diskussion aber auch betrachtet, wo die Versicherer in diesem Zusammenhang stehen. Dr. Tobias Warweg, Vorstand der HDI Vertriebs AG, bestätigte, dass sein Unternehmen in engem Austausch mit den relevanten InsurTechs stehe – aber immer unter der klaren Devise: „Wir behandeln InsurTechs wie einen normalen Makler.“ Ein InsurTech-Unternehmen müsse dieselben Anforderungen erfüllen, die es an ein Maklerhaus gibt. Auf der anderen Seite sei man Knip unheimlich dankbar, denn beim Thema Front-End – also den Schnittstellen hin zum Kunden – hätten Knip & Co. der Branche die Augen geöffnet.

Das spricht auch Dr. Sebastian Grabmaier, Vorstandsvorsitzender der Jung, DMS & Cie. AG, die mit „alles meins“ Maklern eine eigene App zur Verfügung stellt, den jungen Wettbewerbern nicht ab. Grabmaier fordert alle Versicherungsmakler auf, sich mit den neuen Technologien, die die Kundenakquise und auch die Online-Servicierung vereinfachten, anzuschauen und so viel davon zu adaptieren wie sie könnten und benötigten.

Unlösbares lösbar machen

Aber kann der klassische Versicherungsmakler dies tatsächlich so schnell? Er könne es, meint InsurTech-Gründer Just. Makler hätten heute die Möglichkeit, sich über Pools auch Front-Ends dazuzubinden. Allerdings sei man bei Knip mit der Front-End-Diskussion „bereits seit einem Jahr durch“. Der nächste Schritt seien nun die digitalen Beratungsprozesse. Seinem Unternehmen stelle sich die Frage: „Wie schaffe ich es, online ohne oder mit wenig Beratung eine BU zu verkaufen, weil der Prozess schon so sauber strukturiert ist?“

Dennis Just geht es also darum, auch komplexe Produkte digital zu vermitteln. Dies werde schwierig, hielt Andreas Vollmer dagegen. „Sich mit einem Unternehmer in der PKV-Beratung nur in einem digitalen Beratungsprozess zu beschäftigen – so intelligent der auch gebaut sein mag – halte ich für ein sehr hohes Ziel.“ Auch Pool-Vorstand Grabmaier hat Zweifel: Kundenwunsch und Kundenwirklichkeit gingen hier extrem auseinander. Viele Kunden könnten sich heute vorstellen, auch eine BU und eine PKV online abzuschließen. Doch oft wollten sie dann kurz vor dem endgültigen Vertragsabschluss doch lieber noch einmal mit einer Person sprechen. Aber dennoch müsse man sehen, dass man die Kommunikationswege, die Kunden heute nutzen – also die Smartphones – auch tatsächlich in die Produktwelt überführe. Folglich könnte dies heißen, dass es eben für die neuen Wege auch eine BU light geben könnte, merkte Versicherungsvorstand Warweg an.

Risikoanalyse vs. digitaler Prozess

Für Dr. Tobias Warweg kommt jedoch das Thema Risikoanalyse momentan bei vielen InsurTechs noch zu kurz. Eine gute BU-Beratung könne heute noch nicht online stattfinden. Die Branche habe zudem einen sozialpolitischen Auftrag. Andreas Vollmer stimmte dem zu: „Wir müssen den Kunden auf sein Risiko überhaupt erst einmal ansprechen und ihn darauf aufmerksam machen, dass er ein Risiko hat und wie er mit dem Risiko umgeht bzw. welcher Typ er ist. Das sind die Inhalte der qualifizierten Beratungsgespräche. Im Sinne einer fundierten Risikoanalyse gehört es auch dazu, die Tragweite seiner Risiken und den von ihm gewünschten Umgang damit zu identifizieren.“

Dennis Just macht jedoch eines klar: „Wir wollen vom Anfang bis zum Ende die Wertschöpfungskette kontrollieren.“ Und in Bezug auf die Risikoanalyse ergänzt er: „Wir versuchen immer sehr visionär zu denken und auch Dinge zu lösen, die bisher keiner gelöst hat.“ Und zudem laufe es doch aktuell so, dass der Kunde das für ihn erarbeitete Risikokonzept gar nicht verstehe, er aber unterschreibe, weil er dem Makler vertraue. Diese Vertrautheit laufe mittlerweile in die Richtung, dass der Kunde eigentlich nur noch einen Button auf seinem Handy drücken wolle. Denn schließlich wisse das Handy ja, wie man sich bewege, welches Risikoprofil man habe und wie darauf basierend die Risikoprofile abgesichert werden könnten. Soll heißen, dass das Vertrauen der Verbraucher in ihre Smartphones letztlich größer sein werde als das Vertrauen in einen Versicherungsvermittler – allein schon deshalb, weil das Handy sie besser kenne als jeder Vermittler. (bh)

Foto: Dr. Tobias Warweg, Brigitte Horn, Andreas Vollmer, Dennis Just, Dr. Sebastian Grabmaier (v. l. n. r.).