Herr Dr. Bruns, im ersten Teil unseres Gesprächs haben Sie die Bedeutung der Aktie für die langfristige Vorsorge betont und sich weiterhin optimistisch für die Anlageklasse geäußert. Wo wird der deutsche Aktienmarkt in fünf bis zehn Jahren stehen?
Derzeit gibt es mehrere Faktoren, die Rückenwind verleihen. Dazu zählt auch die Migration. Sie führt dazu, dass von der Regierung mehrere Milliarden in die Wirtschaft gepumpt werden. Feldbetten und Verpflegung müssen ja irgendwo beschafft werden, und hergestellt werden diese Waren von der Wirtschaft und nicht vom Staat. Zudem können sich die Unternehmen aufgrund der Niedrigzinsen so günstig finanzieren wie nie zuvor. Auch vom schwachen Euro profitiert die exportstarke deutsche Wirtschaft. Dazu kommt der günstige Ölpreis.
Der aber von vielen Experten auch als Grund für die Kursverluste genannt wird …
Ich kann das Gejammer nicht nachvollziehen. Für die deutsche Wirtschaft ist der niedrige Ölpreis überwiegend sehr positiv. Die Unternehmen profitieren davon schließlich in Form niedrigerer Energie- und Rohstoffkosten.
Warum ging es trotzdem nach unten?
Der schwache Jahresauftakt an den deutschen Börsen hat nichts mit der konjunkturellen Lage zu tun. Wir sind eine kleine Börse. Der überwiegende Teil der Aktie wird von Ausländern, vor allem von Angelsachsen, gehalten. Wenn sie skeptisch sind, wird es für den deutschen Aktienmarkt problematisch. Entscheidend ist daher, wie es den USA geht. Und da sieht es im Moment nicht so rosig aus.
Wie wird es nun in den nächsten Wochen weitergehen?
Wer kann schon wissen, was nächste Woche ist? Die Welt ist voll von Unwägbarkeiten. Was man aber sagen kann, ist, dass ein guter Korb an Qualitätsaktien, die man günstig kauft, in fünf Jahren mit hoher Wahrscheinlichkeit wesentlich mehr wert sein wird. Was man nicht sagen kann, ist, wo der Ölpreis in drei Wochen steht. Da kann man genauso gut mit dem Schrotgewehr in die Luft schießen.
Kann man denn zumindest sagen, wo der DAX in einem Jahr stehen wird?
Sicherlich nicht mit Präzision, aber es spricht schon einiges dafür, dass er dann höher stehen wird. Der DAX ist allerdings ein Problemindex. Einige Indexmitglieder wie etwa VW, die Versorger E.ON und RWE oder die Finanztitel Commerzbank und Deutsche Bank haben derartig strukturelle Probleme, dass sie den DAX wie ein Bremsklotz unten halten. Man sollte lieber den HDAX betrachten, in dem auch der deutsche Mittelstand vertreten ist. Da sieht es deutlich besser aus. Der DAX ist nicht das Nonplusultra. Das muss man der Bevölkerung klarmachen. An der Börse hat man eine riesige Auswahl an richtig guten Unternehmen und nicht nur 30 deutsche Großkonzerne.
Neben dem Ölpreisverfall macht vielen Investoren derzeit auch die Abkühlung in China Sorgen. Wie groß ist die Gefahr, die von China ausgeht?
China mag eine Gefahr sein. Und bei den offiziellen Zahlen sind Zweifel angebracht. Kommunistische Regime haben immer ihre Zahlen gefälscht. Wer die Glaubhaftigkeit chinesischer Statistiken kritisiert, sollte aber erst mal vor der eigenen Haustüre kehren. Wie steht es denn um die eigene Berichterstattung in den Medien? Nehmen Sie die Vorgänge an der Silvesternacht in Köln. Kann man selbst Polizeiberichten noch trauen? Können wir der Politik trauen? Berichte werden auch bei uns in aller Regel von Interessen geleitet. Es würde uns gut anstehen, wenn wir allgemein eine kritische Datenhaltung einnehmen. Eine freie statt staatstreue Medienlandschaft ist hierfür immens wichtig.
Auch die geringe Aktienquote in Deutschland ist die Folge von Desinformation. Sie wird vom Staat betrieben, aber wahrscheinlich auch von den Medien und der Industrie. Die Finanzindustrie verkauft auch lieber Mischfonds, Rentenfonds oder Lebensversicherungen, als Aktienförderung zu betreiben – mit verheerenden Folgen für den Volkswohlstand. Aber sie tut es eben doch. Deshalb sollte man mit Kritik an China vorsichtig sein. Ich war in China und habe mit den eigenen Augen gesehen, dass da etwas entstanden ist. Dass das dramatische Wachstum angesichts der höheren Basis nicht auf ewig gehalten werden kann, liegt doch schlicht und ergreifend in der Natur der Sache. (mh)
Lesen Sie auch den 1. Teil des Interviews Dr. Christoph Bruns: „Die Aktie hat eine neue Alternative“
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