Das ZDF-Magazin Frontal 21 hat sich vor Kurzem mit dem Thema Berufsunfähigkeit beschäftigt (AssCompact berichtete). Versicherungskonzerne würden Kranken im Leistungsfall oft die Zahlung verzögern oder gar verweigern, und zwar mit dem Verweis aufs Kleingedruckte. Das will der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) so nicht stehen lassen. Unter der Überschrift „Fünf Fakten zur Berufsunfähigkeitsversicherung (BU)“ reagiert der Verband auf die Kritik im Beitrag.
Hohe Leistungsquote der Versicherer
So erklärt der GDV unter anderem, dass die Versicherer mit knapp über 77% einen Großteil der Leistungsanträge bewilligen würden. Zum Vergleich werde in der Gesetzlichen Rentenversicherung nur jedem zweiten Antrag auf Erwerbsminderung stattgegeben, in der gesetzlichen Unfallversicherung sei es laut GDV nur rund jeder Vierte. Zudem seien die Bewilligungsvoraussetzungen in der Gesetzlichen Rentenversicherung ungleich schwieriger erfüllbar.
Geringe Quote an Beschwerden und Gutachten
Wie der GDV zudem anführt, würden die Versicherer in den meisten Fällen die Anträge der Versicherten auf Leistungen aus ihrer BU ohne Wenn und Aber genehmigen. Allerdings sei es nicht im Interesse der Versichertengemeinschaft, dass Leistungen nicht ungerechtfertigt ausgezahlt würden. Gutachten von Fachärzten würden die Versicherer lediglich in knapp 6% aller Fälle in Auftrag geben. In rund 60% dieser Fälle führe das Gutachten dazu, dass Leistungen gezahlt würden. Zudem verweist der GDV darauf, dass es über die Leistung von Berufsunfähigkeitsversicherungen relativ wenige rechtliche Auseinandersetzungen gibt. Die Prozessquote im Zeitraum von 2007 bis 2012 betrug rund 2%.
Drei Viertel der Kunden werden aufgenommen
75% aller Kunden werden ohne Wenn und Aber aufgenommen, so das dritte Faktum des GDV. Lediglich 4% aller Anträge auf BU-Schutz würden ohne ein Versicherungsangebot bleiben, weil das Risiko nicht kalkulierbar oder zu hoch sei. In 3% der Fälle gebe es einen Zuschlag auf die Prämie, in 12% der Fälle würden die Versicherer bestimmte Leistungsfälle von der Leistungspflicht ausschließen, etwa bei einer chronischen Vorerkrankung. In 5% aller Fälle erfolgt kein Abschluss, da sich die Interessenten nach Beginn der Antragstellung nicht nochmals bei Anbieter melden.
BU-Policen nicht unnötig kompliziert
Dass eine Berufsunfähigkeitsversicherung eine stark vom Einzelfall geprägtes Produkt darstelle, so der GDV weiter. Berufliche und gesundheitliche Aspekte würden über einen langen Zeitraum abgesichert und bilden ein komplexes Risiko, zudem gelte es vieles zu beachten. Daher nutzen die Versicherungsbedingungen übergreifende Formulierungen und Beschreibungen für alle Fallkonstellationen, um eine effiziente individuelle Zusammenarbeit mit Kunden zu ermöglichen.
Verbreitung der BU vergleichsweise hoch
Was die Verbreitung der BU angeht, argumentiert der GDV mit der Statistik, wonach für das Jahr 2017 rund 4,47 Mio. BU-Hauptversicherungen sowie 12,3 Mio. BU-Zusatzversicherungen zu verzeichnen waren. Zudem verweist der GDV auf Zahlen des Statistischen Bundesamts: In rund 30% der Erwerbstätigen-Haushalte gebe es eine private BU. Auch Rückversicherer würden bestätigen, dass Deutschland einen der am besten entwickelten Märkte für BU-Absicherungen habe. Daher sei auch die Verbreitung vergleichsweise hoch, so der GDV, zumal berücksichtigt werden müsse, dass es sich um eine Police mit vergleichsweise hohen Beiträgen handle. (tk)
Lesen Sie hierzu auch: Frontal 21: BU-Versicherte seien häufig schutzlos
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Leserkommentare
Comments
Mehr Offenheit könnte vielleicht gegen die Kritik helfen
In vielen Versicherungssparten veröffentlichen die Versicherer regelmäßig ihre Schaden-Kosten-Quoten, nur im Bereich der BU-Versicherung sucht man solche Informationen vergeblich.
Die Versicherer sollten u.a. veröffentlichen:
- welchen Anteil der Beiträge sie im Schadensfall tatsächlich für Zahlungen an Ihre Kunden aufwenden,
- wie sich die Leistungen auf BU-Renten und die Beitragsbefreiung verteilen,
- ob und in welchem Umfang weitere Kosten entstehen, die den Leistungen zugerechnet werden
- und wie lange die Leistungen bei einem durchschnittlichen Schadensfall bezahlt werden.
Dann würde schnell klar, ob die Beiträge zu den BU-Versicherungen zu Recht vergleichsweise hoch sind,
oder ob sich die Versicherer daran dumm und dämlich verdienen.
Vereinzelte Pressemitteilungen der letzten Jahre lassen befürchten, dass letzteres zutrifft.
Oder welche Schlussfolgerung lassen Aussagen wie "zahlten 26 namhafte BU-Versicherer im Durchschnitt 15,9% ihrer Beitragseinnahmen im Leistungsfall wieder an ihre Versicherten aus" sonst zu?
Wenn diese Zahl zutrifft, dann würde dies bedeuten, dass die BU-Versicherung mit deutlich günstigeren Beiträgen eine viel höhere Verbreitung finden könnte, als dies derzeit der Fall ist.
Sollte die Zahl falsch sein, dann freue ich mich auf Veröffentlichungen von Gesellschaften, die Ihre tatsächlichen Zahlen auf den Tisch legen.
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