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24. April 2015
„Makler, die mit der Digitalisierung nicht Schritt halten können, werden es schwer haben“

„Makler, die mit der Digitalisierung nicht Schritt halten können, werden es schwer haben“

Das Thema Digitalisierung ist vielfältig. Auch die Versicherungswirtschaft kann und muss von diesem Trend profitieren, um zukunftsfähig zu bleiben. AssCompact hat mit Kaspar Bonleitner, Versicherungsmakler und Jungmakler Award-Gewinner des Jahres 2014, über die Auswirkungen der Digitalisierung für Versicherer, Vermittler und Kunden gesprochen.

In Zeiten von Kosten- und Zeitdruck setzt die Versicherungswirtschaft auf die Digitalisierung. Hierauf gibt es verschiedene Blickwinkel. Zum ersten: Was bedeutet dies in der Zusammenarbeit zwischen Versicherern und Maklern?

Wenn Versicherer es nicht schaffen, ohne Bruchstellen mit ihren Partnern zu kommunizieren, werden die fehlenden Schnittstellen die Gesellschaften wertvolles Geschäft kosten. Als Konsequenz werden Versicherer verschwinden, denn der Kostendruck wird weiter zunehmen. Dies betrifft aber auch die Vermittler. Makler, die mit der Digitalisierung nicht Schritt halten können, werden es schwer haben. Denn der Umbruch ist schon da und nicht mehr aufzuhalten.

Hier muss aber auch an die Gesellschaften appelliert werden. Denn diese verfügen über weitaus größere Kapitalmöglichkeiten als Vermittler. Es ist wichtig, dass die Branche hier in Vorleistung geht und in den digitalen Austausch mit den Maklern investiert. Nur so ist eine sinnvolle Zusammenarbeit mit Maklern und Gesellschaften möglich. Wer dies nicht schafft, der wird mittel- oder sogar kurzfristig vom Markt verschwinden.

Wichtiges Thema in diesem Zusammenhang ist die Brancheninitiative BiPRO. Normierte Prozesse müssen auch in der Versicherungswirtschaft zur Selbstverständlichkeit werden, und zwar sowohl auf Seiten der Versicherer, als auch auf Seiten der Makler.

Zum zweiten das Maklerbüro: Wie „digital“ ist Ihr Unternehmen und sehen Sie sich hier ein bisschen als Vorreiter?

Vorreiter sind wir unter anderem beim Thema „Vernetzung“. Dies ist ein wichtiger Baustein für die erfolgreiche Tätigkeit eines jeden Maklers. Wir halten nicht alles Wissen bei einem Makler vor, sondern setzen auf eine Bürogemeinschaft (www.die-premiummakler.de.) Sicherlich ein Geschäftsmodell für die Zukunft.

Beim Thema Digitalisierung sind wir schon sehr weit. Wir sind beispielsweise im Bereich der Dokumentenablage „relativ“ digitalisiert. Relativ, da wir nach wie vor einen traditionellen Posteingang haben. Dies hat aber gute Gründe. Zum einen wird vieles im Original benötigt, und zum anderen gibt es einfach keinen einheitlichen Standard der Versicherer. Dies gilt sowohl für die Übermittlung als auch für die Dateibezeichnung. Daher werden Dokumente, die auf traditionellem Weg mit der Post geliefert werden, eingescannt und entsprechend unseren Vorgaben digital abgelegt. Wir setzen zu 100% auf digitale Ordner und investieren in Dokumentenmanagementsysteme und Ablagesystematiken. Nach Posteingang haben wir um 13 Uhr auf allen Rechnern den aktuellen Tagesstand. Für diese Tätigkeit haben wir entsprechende Innendienstkräfte.

Natürlich nutzen wir in diesem Zusammenhang auch verschiedene Tools. Schade ist in diesem Zusammenhang, dass bei der Brancheninitiative easy Login noch so wenige Gesellschaften bei der Realisierung eines Single Sign-On zu den Maklerextranets mitmachen. Aber das ist typisch für eine Branche ohne Standard. Daher nutzen wir für den Zugang zu den Maklerextranets der Gesellschaften VMconnect der VEMA. Hier werden alle Zugänge verschlüsselt verwaltet. Hier haben wir auch easy Login integriert.

Bezüglich der Dokumentenlieferung wäre es für Makler eine große Erleichterung, wenn mehr Gesellschaften die Postkorbfunktion von easy Login nutzen würden. Da hier aber noch zu wenige Gesellschaften vertreten sind, müssen wir weiterhin unseren eigenen Prozess zum Dokumentenmanagement realisieren. Versicherer nutzen die unterschiedlichsten Wege zur Dokumentenlieferung, beispielsweise Datenabruf oder E-Mail. Daher ist es uns lieber, die Dokumente werden klassisch per Post zugestellt und wir verarbeiten diese entsprechend unseren Vorgaben weiter.

Und drittens: Auch die Kunden werden immer „digitaler“. Wie reagieren Sie als Makler hierauf ?

Als Konsequenz unseres digitalen Arbeitens können wir Kunden einen Zugang zu ihrem Versicherungsordner geben. Hier sind Verträge und auch ein Vertragsspiegel hinterlegt. Der Zugang ist allerdings kostenpflichtig. Ein Kunde muss dafür eine jährliche Pauschale investieren. Nur wenige Kunden nehmen dieses Angebot in Anspruch. Die meisten sind es gewohnt, sich bei uns zu melden, wenn sie etwas benötigen. Die Kunden entscheiden dann, auf welchem Weg wir ihnen die Dokumente zukommen lassen. Post, verschlüsselte E-Mail oder einen Zugang zum Upload, da ist alles dabei.

Bemerkenswert ist, dass die Kundenbetreuung immer digitaler wird. Wir haben viele Kunden im oberen Privatkundensegment. Diese Kunden sind viel beruflich unterwegs. In Zeiten von fast jederzeitigem Webzugriff stellt dies aber kein Problem mehr dar. Hier haben wir sehr gute Erfahrungen mit der Online-Beratung gemacht. Mit den entsprechenden Tools kann eine perfekte Beratung inklusive Dokumentenaustausch stattfinden. Vorteil für uns ist auch, dass Beratungsabläufe im Einverständnis der Kunden aufgezeichnet werden können und so wunderbar in die Beratungsdokumentation einfließen.

Der Glaube an die Digitalisierung wächst, die Angst davor auch: Die Cyber-Kriminalität nimmt zu. Wie schützen Sie Ihr Unternehmen und wie beraten Sie diesbezüglich Ihre Kunden? Und warum lassen nötige Versicherungskonzepte so lange auf sich warten?

Wir schützen unser Unternehmen unter anderem mit der strikten Einhaltung der geltenden Datenschutzstandards und einer stets aktuellen Schadensoftware. Weiter investieren wir in die ständige Verfügbarkeit der Daten. Ein externes Rechenzentrum sorgt dafür, dass unsere Daten gespiegelt werden und wir auch bei einem Serverausfall in Minutenschnelle Zugriff auf unsere Daten haben.

Unseren Kunden bieten wir zwei Deckungskonzepte. Schwerpunkt sind IT- Unternehmen und Online-Shops. Erschreckend ist, dass trotz der jüngsten Beispiele von Cyberattacken die Sensibilität für dieses Thema weitestgehend fehlt. Insbesondere die Beratung von jungen Unternehmen gestaltet sich schwierig. Viele dieser Unternehmen halten die von ihnen eingesetzten IT-Standards als sicher, immerhin hätten andere damit gute Erfahrungen gemacht. Problem ist auch, dass die Unternehmen viele andere Versicherungsthemen auf dem Tisch haben. Cyber-Risk ist der letzte Baustein und wird dann leider oft stiefmütterlich behandelt.

Der Preis spielt nicht zwingend eine Rolle. Das Thema Cyber-Risk wird immer günstiger, gerade wenn Unternehmen auf Sicherheitskonzepte aufbauen. Weisen Kunden nach, dass sie Prozesse mit hohen Datenschutzstandards implementiert haben, werden die Preise für einen hohen Schutz immer interessanter. Manche Versicherer bieten hier einen IT-Check an und auch der VDVM hat ein Tool zur Überprüfung des Cyber-Risikos. Problem ist hier mal wieder der fehlende Standard bzw. es gibt zwar Standards, aber viele Versicherer wenden diese nicht an. Zum Teil wird nur im Schadenfall danach gefragt. Der Grund für dieses uneinheitliche Vorgehen ist sicherlich, dass viele deutsche Versicherer schlichtweg nicht über ausreichendes Know-How verfügen und zu wenig Erfahrungen mit Cyber-Risiken haben. Vorreiter sind hier Versicherer aus dem englischsprachigen Raum.

Was wird Ihrer Ansicht nach in Sachen Digitalisierung (allgemein oder auch für die Branche) noch alles auf uns zukommen?

Ob Versicherungsgesellschaft oder Makler: Man muss beim Thema Digitalisierung mitspielen, um nicht auf der Strecke zu bleiben. Dies bedeutet nicht, dass man überall Vorreiter sein muss. Aber die zweite Welle – wenn sich schon Standards etabliert haben – sollte man nicht verpassen. Wichtig ist auch, dass man bei den digitalen Angeboten an das „Danach“ denkt. Was nutzt denn die schickste App, wenn man sich keine Gedanken gemacht hat, wie die dort gesammelten Daten weiterverarbeitet werden und in das bestehende Datensystem integriert werden können? Man muss sich vorher die Frage stellen, ob man mit den neuen Datenströmen umgehen kann, ansonsten wird man von der Datenflut erschlagen. Hier fehlt es in unserer Branche oft am prozessorientierten Arbeiten. Wir müssen lernen, mit den Chancen, die die Digitalisierung bietet, umzugehen. Wer dies nicht schnell lernt, wird verlieren. (kb)

Weitere Informationen zum Thema „Digitalisierung“ lesen Sie in der Mai-Ausgabe von AssCompact in einem Sonderthema.