Das sogenannte „ewige“ Widerrufsrecht im Bereich der Lebensversicherung verstößt nicht gegen die Verfassung. Damit ist die „partielle Nichtanwendung“ des § 5a Abs. 2 S. 4 VVG a. F., der vom 29.07.1994 bis zum 31.12.2007 gegolten hat und zwischenzeitlich außer Kraft getreten ist, zulässig. Das BVerfG hatte mit einem gestern veröffentlichen Beschluss vom 23.05.2016 zwei Verfassungsbeschwereden gegen entsprechende Urteile des Bundesgerichtshofs (BGH) nicht zur Entscheidung angenommen.
Jahresfrist nur im Bereich der Sachschadenversicherungen anwendbar
Die Kläger der beiden Ausgangsverfahren schlossen in den Jahren 1999 und 2003 im Wege des in § 5a VVG a. F. geregelten „Policenmodells“ fondsgebundene Lebensversicherungen sowie eine fondsgebundene Rentenversicherung bei der beklagten Beschwerdeführerin ab. Die Kläger widersprachen dem Vertragsschluss in den Jahren 2010 beziehungsweise 2013. Die von den Klägern gegen die Beschwerdeführerin erhobenen Klagen, die unter anderem jeweils auf Rückzahlung der den Rückkaufswert übersteigenden, von ihnen gezahlten Versicherungsprämien gerichtet waren, hatten vor dem BGH teilweise Erfolg (Urteile vom 29.07.2015, Az.: IV ZR 448/14 und IV ZR 384/14 – siehe auch Policenmodell: BGH legt Kriterien zur Höhe des Rückzahlungsbetrages nach Widerspruch fest). Nach Ansicht des BGH sei die Widerspruchsfrist in Ermangelung einer ordnungsgemäßen Widerspruchsbelehrung nicht in Lauf gesetzt worden. Dies habe zur Folge, dass die Jahresfrist (§ 5a Abs. 2 S. 4 VVG a. F.) für das Erlöschen des Widerspruchsrechts nur noch im Bereich der Sachschadenversicherungen anwendbar ist.
Wille des Gesetzgebers wurde beachtet
Eine Beschwerde gegen die Urteile des BGH hat das BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen, da keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen würden. Indem der BGH die Wirkung der Norm – die Ausschlussfrist von einem Jahr für den Widerspruch – auf „Versicherungen anderer Art“ beschränkt, entspreche er insoweit dem Willen des nationalen Gesetzgebers, trage zugleich aber den gewandelten Bedingungen Rechnung, die sich aus den Anforderungen des Unionsrechts in der späteren Auslegung des Gerichtshofs der Europäischen Union ergeben. (kb)
BVerfG, Beschluss vom 23.05.2016, Az.: 1 BvR 2230/15, 1 BvR 2231/15
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